Frage an Thomas Ehrhorn von Dietmar S. bezüglich Menschenrechte
dpa und zahlreiche Zeitungen berichten fast wortgleich von einer Stellungnahme des ehemaligen Vorsitzenden des Richterbundes Jens Gnisa:
„Man sieht mich selten fassungslos. Aber nun ist es so weit“, schreibt der auf seiner Facebook-Seite. Er sei „entsetzt“, die Pläne des Bundes hätten „mit meinem Demokratieverständnis nichts mehr zu tun“. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) plant mit dem neuen Gesetz unter anderem, ab einer Sieben-Tage-Inzidenz von 100 an drei aufeinanderfolgenden Tagen in ganz Deutschland die sogenannte Notbremse durchzusetzen. Gnisa schreibt dazu: „Ab einer Inzidenz von 100 nächtliche Ausgangssperren zu verhängen, obwohl von Gerichten deren Wirksamkeit angezweifelt wurde, ist eine Nichtachtung der Justiz.“ Der Jurist weiter: „Eltern ab einer Inzidenz von 100 zu verbieten, ihre Kinder zu treffen, entspricht für mich auch nicht dem Bild des Grundgesetzes.“ Die angestrebten Maßnahmen seien in dieser Umsetzung „nicht der Brücken-Lockdown von zwei oder drei Wochen, der diskutiert wird“, sagt Gnisa. Sondern „ein nicht mehr einzufangender Dauer-Lockdown“.
Teilen Sie die Einschätzung von Jens Gnisa?
Werden Sie gegen die geplante Änderung des Infektionsschutzgesetzes stimmen?
Sehr geehrter Herr Siefert,
haben Sie vielen Dank für Ihre Email, auf die ich gern wie folgt eingehen möchte:
Selbstverständlich habe ich gegen ein Gesetz der Bundesregierung, mit dem die Lockdown-Maßnahmen noch weiter verschärft und um starre Verbots- und Schließungsvorgaben für ganz Deutschland ergänzt werden sollen, gestimmt.
Es ist nur zu durchschaubar, dass es der Bundesregierung und den Ländern tatsächlich vor allem darum geht, den Rechtsschutz zu erschweren. Zahlreiche Verwaltungs- und Oberverwaltungsgerichte haben in der Vergangenheit rechtswidrige Vorschriften der Länder bzw. der Kreise gekippt. Insbesondere eine nächtliche Ausgangssperre hatte das OVG Lüneburg erst kürzlich für rechtswidrig erklärt. Dennoch wollen die Regierungen diese unzulässige Vorgabe nun bundesgesetzlich verankern. Über die Rechtswidrigkeit eines Bundesgesetzes könnte dann nur noch das Bundesverfassungsgericht urteilen, was den effektiven Rechtsschutz gegen staatliche Willkürmaßnahmen deutlich erschwert.
Außerdem bin ich der Ansicht, dass gerade die Bundesregierung, die Initiatorin des Gesetzes ist und sich darin eine eigene Kompetenz zum Erlass von Verordnungen geben möchte, seit einem Jahr in der Corona-Krise vollständig versagt. Weder bekommt sie es hin, die "Corona-Hilfen" rechtzeitig an die Berechtigen auszuzahlen, noch Risikogruppen wirksam zu schützen, geschweige denn das Einschleppen des Virus und seiner Mutationen nach Deutschland zu verhindern, obwohl das ihre vorrangige Aufgabe nach dem Gesetz wäre. Nach einem Jahr mit dem Corona-Virus ist sie noch nicht einmal in der Lage, gezielt Infektionsgeschehen zu verhindern, sondern ist immer noch der Ansicht, dass die Menschen zu ihrem Schutz nur weggesperrt, vereinzelt und vielfach um die Grundlage ihres eigenständigen Broterwerbs gebracht werden müssten. Das ist die totale Bankrotterklärung unserer Bundesregierung, der deshalb keinesfalls weitere Macht zufallen darf.
Wie willkürlich das Infektionsschutzgesetz ist, wird bereits daran deutlich, dass eine dort noch vor wenigen Monaten eingefügte Infektionszahl von 50, ab der die härtesten Maßnahmen gelten sollten, nun auf 100 hochgesetzt werden soll. Inzidenzzahlen, die beliebig durch Hoch- und Zurückfahren der Tests manipulierbar sind, können ohnehin niemals verfassungskonform Grundlage eines Gesetzes sein.
Erschreckend ist auch, dass die Bundesregierung offensichtlich überhaupt keinen Wert auf unterschiedliche wissenschaftliche Erkenntnisse, wie beispielweise kürzlich die Stellungnahme der führenden Aerosolforscher, legt. Statt sich, wie sich das in einer Demokratie gehört, pluralistisch mit vielen Argumenten auseinanderzusetzen, sucht sie erkennbar nur nach Ja-Sagern, die ihre politischen Vorgaben stützen sollen. Das alles erinnert inzwischen mehr an sozialistische Systeme, wie die zum Glück untergegangene DDR, und nicht mehr an unsere freiheitlich demokratische Grundordnung.
Sie können auf die Ablehnung der beabsichtigen Änderung des Infektionsschutzgesetzes von mir und der gesamten AfD-Fraktion vertrauen.
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Ehrhorn, MdB