Unterstützen Sie die Abschaffung des StGB §218 um Schwangerschaftsabbrüche zu entkriminalisieren?
Hallo Frau H.,
vielen Dank für Ihre Zuschrift zum wichtigen Thema Schwangerschaftsabbruch.
Über das Thema Schwangerschaftsabbrüche und die Selbstbestimmung von Frauen über ihren Körper wird seit Jahrzehnten gestritten. In den letzten Jahren hat das Thema wieder an Fahrt aufgenommen und viele Menschen in unserem Land wünschen sich eine Regelung, die Schwangerschaftsabbrüche nicht mehr kriminalisiert. Die aktuelle Regelung hat dazu geführt, dass sich die Versorgungslage immer weiter verschlechtert und immer weniger Ärztinnen und Ärzte Abbrüche anbieten.
Um eine mögliche Neuregelung außerhalb des Strafgesetzbuchs zu prüfen, hat die Bundesregierung in dieser Legislaturperiode eine Expertinnenkommission einberufen, die nach einjähriger Beratung ihre Ergebnisse im April 2024 der Öffentlichkeit vorgestellt hat.
Für uns Grüne waren die Ergebnisse der Kommission der Anlass, nach 2021, 2024 erneut ein Positionspapier zum Thema zu beschließen. Wir fordern u.a. eine Regelung von Abbrüchen für die Frühphase der Schwangerschaft außerhalb des Strafgesetzbuchs und die Kostenübernahme durch die Krankenkassen. Wir setzen uns dafür ein, dass alle Menschen selbst über ihren Körper und ihr Leben entscheiden können. Eine gute Gesundheitsversorgung inklusive eines gesicherten Zugangs zum Schwangerschaftsabbruch gehört für uns dazu.
Da sich die Bundesregierung jedoch auf keine weiteren Schritte einigen konnte, habe ich mit einigen anderen Abgeordneten aus der Bündnisgrünen Bundestagfraktion als auch zusammen mit Abgeordneten anderer Fraktionen Mitte November einen Gruppenantrag zur Neuregulierung von Schwangerschaftsabbrüchen eingebracht.
Dieser Gesetzentwurf wird von sehr vielen Abgeordneten der grünen Bundestagsfraktion unterstützt
und fordert:
- Schwangerschaftsabbrüche nicht länger im Strafgesetzbuch, sondern neu im Schwangerschaftskonfliktgesetz zu regeln.
- In der Frühphase der Schwangerschaft (d.h. bis zur 12. Woche nach Empfängnis) ist der mit Einwilligung der Schwangeren durch Ärztinnen und Ärzte nach Beratung vorgenommene Schwangerschaftsabbruch rechtmäßig.
- Die gesetzliche Beratungspflicht bleibt bestehen, die Wartezeit von drei Tagen entfällt. Die Schwangere bleibt immer straffrei.
- Die Kosten für den Schwangerschaftsabbruch werden im Rahmen der Gesundheitsversorgung von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen.
Je mehr ungewollte Schwangerschaften verhindert werden können, desto besser. Dennoch kam und kommt es aus den verschiedensten Gründen zu ungewollten Schwangerschaften. Wir finden: Frauen brauchen in dieser Situation keine Drohung mit dem Strafgesetzbuch. Sie brauchen Unterstützung, Beratung und die Möglichkeit, eine Entscheidung zu treffen, die für sie die richtige ist. Präventiv setzen wir uns dafür ein, dass Verhütungsmittel als Satzungsleistung der Krankenkassen erstattet werden und dass die Forschungsförderung für Verhütungsmittel für alle Geschlechter angehoben wird.
Friedrich Merz hat gesagt, wenn man über so eine Regel spricht, dann würde man damit einen gesellschaftlichen Großkonflikt auslösen. Aus meiner Sicht ist das Gegenteil der Fall: Denn in der Realität ist die Gesellschaft in dieser Frage sehr geschlossen. Es gibt eine erstaunlich hohe, breite, gemeinsame Unterstützung in der Bevölkerung, gerade mit Blick auf die ersten zwölf Wochen. Ich glaube, viele Menschen sind sogar eigentlich der festen Überzeugung, dass es heute schon so ist, dass der Abbruch in den ersten zwölf Wochen legal ist. Und viele, wenn sie dann in diese Situation kommen, sind überrascht, dass das anders geregelt ist in Deutschland.
Für uns Bündnis 90/Die Grünen ist die Neuregelung des Schwangerschaftsabbruchs schon immer ein Herzensanliegen gewesen. Noch fehlen wenige Stimmen für eine Mehrheit für den Antrag im Deutschen Bundestag – und wir werden in den nächsten Wochen alles dafür geben, dass es gelingt.
In meiner politischen Arbeit ist es mir besonders wichtig, die Lebensrealitäten von Frauen in Entscheidungsprozesse einzubringen. Damit wir auch in der nächsten Wahlperiode eine starke Stimme für feministische Perspektiven sein können, freuen wir uns über Ihre Stimme zur Bundestagswahl am 23.02.2025.
Freundliche Grüße
Swantje Michaelsen