Profilbild Svenja Stadler
Svenja Stadler
SPD
100 %
45 / 45 Fragen beantwortet
Frage von Birgit D. •

Frage an Svenja Stadler von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrte Frau Stadler,

mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!

Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.

Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.

Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.

Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politikerin noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.

Mit freundlichen Grüßen,
B. D.

Profilbild Svenja Stadler
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau D.,

vielen Dank für Ihre Nachricht vom 21. Dezember bezüglich der Verlängerung der Übergangsfrist für die betäubungslose Ferkelkastration. Ich kann Ihr Unverständnis verstehen und bin selber nicht glücklich mit der Entwicklung. Gerne lege ich offen, warum ich dennoch für eine Fristverlängerung gestimmt habe.

Zum einen hat sich die Mehrheit der in einer parlamentarischen Anhörung geladenen Sachverständigen im November für eine Fristverlängerung ausgesprochen, mit der Begründung, dass praktische Alternativmethoden fehlen. Die Gründe hierfür liegen in der Vergangenheit: das CDU-geführte Landwirtschaftsministerium hat trotz wiederholter Aufforderung durch die SPD seit dem Verbot der betäubungslosen Kastration 2013 nichts unternommen, um einfach durchführbare und effektiv betäubende Betäubungsmethoden bis zur kürzlich verlängerten Frist anwendungsreif zu machen. Dieses massive Versäumnis bedeutet, dass ein sofortiges Verbot der betäubungslosen Kastration zwei negative Effekte gehabt hätte: Kleinere und mittlere Aufzuchtbetriebe würden stark gefährdet – dies ist ein absolut legitimes und richtiges Argument – und es würden deutlich mehr bereits kastrierte Ferkel nach Deutschland importiert, die im Ausland nicht nach dem deutschen Tierschutzgesetz kastriert worden wären und zugleich über tausende Kilometer zu transportieren wären. Das ist nicht im Sinne des Tierschutzes und kann niemand wollen.

Zum zweiten: Besserung ist in Sicht, und das war auch die Bedingung für meine Zustimmung. Im Zuge der Fristverlängerung haben wir Regierungsfraktionen auf Druck der SPD zugleich das Tierschutzgesetz insoweit geändert, als dass wir einen verbindlichen und rechtssicheren Weg zu einer künftig schmerzausschaltenden Kastration von Ferkeln festschreiben. Das ist in der medialen Debatte etwas untergegangen. Damit das Landwirtschaftsministerium die nun genehmigte Übergangszeit nicht erneut ungenutzt verstreichen lassen kann, haben wir es in unserem Gesetzesentwurf dazu verpflichtet, schmerzausschaltende Kastrationsverfahren auf Praxisreife zu prüfen und diese innerhalb von zwei Jahren herzustellen (wie zB. Betäubung mittels Masken) sowie notwendige rechtliche Voraussetzungen zu schaffen: spätestens ab dem 31. Dezember 2020 wird es keine betäubungslose Ferkelkastration mehr in Deutschland geben. Zudem wird es in der Übergangszeit Informationskampagnen und Schulungen für Landwirte zur Etablierung der neuen Kastrationsverfahren oder Alternativmethoden wie Ebermeist oder Impfung gegen Ebergeruch geben. Außerdem haben wir ein neues 38 Millionen Euro starkes Förderprogramm für Betriebe zur Anschaffung von neuen Geräten aufgelegt, die für schmerzausschaltende Kastrationsverfahren notwendig sind.

Insofern bin ich nicht der Ansicht, dass die SPD als „Tierquäler-Partei“ zu bezeichnen ist, zumal die beschriebenen Änderungen des Tierschutzgesetzes weitere Verbesserungen für den Tierschutz vorsehen. So läuten wir zum Beispiel. den Ausstieg beim Kupieren von Schwänzen und Enthornen von Nutztieren ein.

Ich hoffe, Ihnen meine Entscheidung damit verständlicher gemacht zu haben.

Mit freundlichen Grüßen,

Svenja Stadler

Was möchten Sie wissen von:
Profilbild Svenja Stadler
Svenja Stadler
SPD