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Svenja Stadler
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Frage von Katja R. •

Frage an Svenja Stadler von Katja R. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung

Sehr geehrte Frau Stadler,

ich habe da ein paar Nachfragen zu Ihrer Antwort an Herrn Mohr,

Sie schreiben:" Nicht selten ist es auch das Ziel von Oppositionsanträgen zu testen, wie stabil eine Koalition ist."

Soll das heissen, es geht um Macht- und nicht um Sachfragen? Hat sich dann nicht automatisch jeder Oppositionsantrag erledigt, denn diese Absicht kann ja immer unterstellt werden? Geht es nie um den Inhalt?

Wie sieht denn ein Kompromiss aus ja und nein aus? Das die Enthaltung Deutschlands zur Genehmigung führen würde, war Ihnen nicht klar?

Was soll denn der Wähler mit der Aussage :"Ich kann Ihre Enttäuschung verstehen: Wie die gesamte SPD–Fraktion einschließlich der SPD-Minister in der Bundesregierung lehne auch ich die Zulassung des gentechnisch veränderten Mais 1507 ab. Unsere Kritik an der sog. grünen Gentechnik haben wir in zahlreichen Initiativen, Parteitagsbeschlüssen und auch im SPD-Wahlprogramm deutlich gemacht. Und daran hat sich nichts geändert." anfangen?
Papier ist geduldig und die Parteien machen nach der Wahl, was das Machtkalkül gerade verlangt? Was nutzen die tollen Parteiprogramme, wenn daraus nicht eine Politik gemacht wird, die die Forderungen auch umsetzt?

Sie schreiben:"Trotzdem mache ich keinen Hehl daraus, dass auch ich darüber enttäuscht bin, dass sich Deutschland am 11.2.14 in Brüssel bei der Abstimmung über die Zulassung des Mais 1507 enthalten hat!" Mehr als Enttäuschung würde ich aber schon erwarten, denn wenn Sie nur dieses Gefühl mit den Wählern teilen, dann hätten Ihre Partei vielleicht in der Opposition bleiben sollen.

Sie sind doch nur Ihrem Gewissen verantwortlich und keiner Koalitions oder Machtfrage. Sogar 6 CDU Abgeordnete haben dafür gestimmt. Wenn Sie wissen konnten, wozu die Enthaltung führt und Sie gegen die Zulassung sind, wie konnten Sie dann den Antrag ablehnen?
Glaubwürdigkeit sieht für mich anders aus, sorry.

Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg

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Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Rauschenberg,

vielen Dank für Ihren interessanten Beitrag, der grundlegende Fragen eines verantwortlichen Umgangs mit meinem Mandat als Mitglied der großen Koalition betrifft.
Mit meinem Hinweis, dass Oppositionsanträge auch (!) eingesetzt werden können, um die Stabilität einer Koalition zu testen, wollte ich mitnichten behaupten, dass ich dies jedem Initiator eines Antrags aus der Opposition unterstelle. Es kann vorkommen.
Sie mutmaßen, dass es um Machtfragen anstatt um Sachfragen gehe. Bitte glauben Sie mir, dass ich mein Bundestagsmandat angenommen habe, um „Sachen“ zu ändern, oder anders ausgedrückt, Lebensverhältnisse in unserer Gesellschaft durch politische Gestaltung zu verbessern. Diese Haltung, davon bin ich überzeugt, teile ich mit der Mehrheit meiner Fraktionskolleg*innen.
Wie schön wäre es, wenn sich die eigenen inhaltlichen Vorstellungen so leicht eins zu eins umsetzen ließen. Damit sind wir bei der Machtfrage. In Demokratien müssen wir zur Umsetzung unserer Vorstellungen Mehrheiten finden. Sachfragen können also nicht isoliert von Machtfragen behandelt werden, wenn aus der Vision auch Gestaltung werden soll.
Eine eigene Mehrheit konnte die SPD im Bundestag durch den Wahlausgang nicht erreichen. Die Koalition mit der CDU/CSU erlaubt uns, zumindest manche – und wie ich finde, nicht wenige und mir unverzichtbare! – politische Projekte zum Erfolg zu führen, weil wir uns auf eine parlamentarische Mehrheit mit den Koalitionspartnern verlassen können. Das ist das Ergebnis des Koalitionsvertrages, um den lange und hart gerungen wurde. In ihm sind die Kompromisse abgesteckt, die wir, sowohl die SPD als auch die CDU/CSU, eingehen müssen, in allen Punkten, in denen wir nicht sowieso auf einer Linie liegen. In manchen Fragen, kann ein Kompromiss ein Mittelweg sein, in anderen Fragen muss man den Verhandlungspartner*innen nachgeben und darf darauf vertrauen, dass in anderen Fragen die gegnerische Seite auf Durchsetzung eigener Standpunkte verzichtet. Die Handhabung mit deutlich strittigen Fragen bedurfte einer eigenen Regelung. Enthaltung bedeutet, dass beide Seiten auf die Umsetzung ihrer Position verzichten. In der konkreten Abstimmung im EU-Ministerrat über ein Verbot des Genmais hat die Enthaltung Deutschlands im Übrigen nicht den letzten Ausschlag gegeben. Einer qualifizierten Mehrheit für das Verbot hat mehr als die Zustimmung Deutschlands gefehlt.
Was dürfen die Wähler*innen nun konkret von mir erwarten? Ja, mehr als Gefühl und Verständnis. Eigene politische Standpunkte werde ich in der sachlichen Auseinandersetzung vertreten und darum ringen, mit dem was ich für richtig halte, auch andere zu überzeugen. Wenn derartige Aushandlungsprozesse innerhalb der Koalition nicht zu einem Ergebnis führen, dass meiner Vorstellung entspricht, werde ich abwägen, welche Folgen, dieses oder jenes Stimmverhalten von mir haben wird. Ein von dem Mehrheitsvotum in Fraktion und Koalition abweichendes Stimmverhalten kann der Sache dienlich sein. Es kann aber auch das Vertrauen in den Zusammenhalt der Koalition schädigen. Um anderer „Sachen“ willen, für die ich eine Mehrheit möglicherweise unverzichtbar halte, kann mir dieses Vertrauen nicht gleichgültig sein.
Dass für uns Sozialdemokraten mit der Abstimmung im EU-Ministerrat die Frage zum Anbau des Genmais 1507 nicht erledigt ist, habe ich in der Antwort an Herrn Mohr bereits dargestellt. Ich kann keine Versprechungen machen, dass uns alles von dem Vorgenommenen gelingen wird. Aber eine engagierte kritische Öffentlichkeit hilft auf jeden Fall, den Befürwortern von grüner Gentechnik die Stirn zu bieten.

Mit freundlichen Grüßen
Svenja Stadler

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