Wieso ist die Möglichkeit statt eines "X" einen anderen Eintrag im Pass vornehmen zu lassen gestrichen worden?
Sehr geehrter Herr Lehmann,
Im Regierungsentwurf des Selbstbestimmungsgesetzes ist die ursprünglich noch vorhanden Möglichkeit statt eines "X" einen anderen Eintrag vornehmen zu lassen gestrichen worden. Die Möglichkeit ist eigentlich sehr wichtig, da zahlreiche Staaten trans, inter und nicht-binäre Menschen massiv benachteiligen und teilweise auch strafrechtlich verfolgen. Eine Eintragung "X" im Reisepass kann hier die Reise sehr gefährlich bis unmöglich machen.
Wieso ist diese Möglichkeit nicht mehr vorgesehen?
Mit freundlichen Grüßen
Jasmin L.
Guten Tag Jasmin L.,
vielen Dank für Ihre Nachricht.
Mit dem Kabinettsbeschluss der Bundesregierung werden über 40 Jahre diskriminierendes Transsexuellengesetz bald ein Ende haben. Dieser Kabinettsbeschluss ist ein Meilenstein, da er demütigende Zwangsbegutachtungen und staatliche Bevormundung beendet.
Bisher bestand die Möglichkeit, nach einer Änderung des Geschlechtseintrags, den vorherigen Geschlechtseintrag als Angabe im Reisepass vermerkt zu haben. Diese Möglichkeit ist im Kabinettsentwurf leider nicht mehr vorgesehen.
Im Gesetzentwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz, wie es das Bundeskabinett am 23. August 2023 beschlossen hat, wird folgende Begründung zu Artikel 2 (Änderung des Paßgesetzes) zu Nummer 1 angeführt:
"Im geltenden Recht besteht nach § 4 Absatz 1 Satz 5 des Paßgesetzes (PaßG) für einen Passbewerber, dessen Vornamen auf Grund gerichtlicher Entscheidung gemäß § 1 TSG geändert wurden, die Möglichkeit, auf Antrag einen Reisepass mit der Angabe des anderen, von dem Geburtseintrag abweichenden Geschlechts auszustellen. Für Passbewerber, deren Angabe zum Geschlecht nach § 45b PStG geändert wurde, besteht nach § 4 Absatz 1 Satz 6 PaßG die Möglichkeit, auf Antrag einen Pass mit der Angabe des vorherigen Geschlechts ausgestellt zu erhalten, wenn die vorherige Angabe männlich oder weiblich war.
Diese Ausnahmen sollen nicht übernommen werden, da das Bedürfnis für diese Ausnahmen durch die Regelungen des SBGG entfallen ist. Nach dem SBGG ist es gegenüber dem gerichtlichen TSG-Verfahren einfacher und schneller möglich, eine Änderung im Personenstandsregister vorzunehmen und in der Folge auch amtliche Ausweisedokumente zu ändern. Darüber hinaus sind der Bundesregierung keine Staaten bekannt, in denen eine Einreise aufgrund eines weder mit „männlich“ noch mit „weiblicher“ angegebenen Geschlechtsmerkmals im Reisepass verweigert wird (BT-Drs. 20/7804)."
Die Grüne Bundestagsfraktion ist sich darüber bewusst, wie wichtig die Ermöglichung eines binären Passes für nicht-binäre Menschen ist. Auch wenn offiziell kein Land bekannt sein sollte, das die Einreise verweigert, sind Diskriminierungserfahrungen von Menschen mit einem Eintrag divers/gestrichen (x im Pass) an Flughäfen ernst zu nehmen.
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung geht nun an den Bundestag. Im parlamentarischen Verfahren sind Änderungen am Gesetzentwurf möglich. Die Grüne Bundestagsfraktion nimmt die kritischen Nachfragen wahr und sehr ernst und wird im parlamentarischen Verfahren auf Korrekturen drängen.
Den Gesetzentwurf sowie weitere Hinweise finden Sie auf der Website des BMFSFJ: https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/gesetze/gesetz-ueber-die-selbstbestimmung-in-bezug-auf-den-geschlechtseintrag-sbgg--224546
Mit freundlichen Grüßen,
Sven Lehmann