"Die EU schnürt offenbar ein milliardenschweres Paket zum Ankauf für Kriegsgerät für die Ukraine." Wie denken Sie darüber? Dabei könnte es, laut Frau Baerbock, um 700 Milliarden gehen.
„Europäische Regierungsvertreter arbeiten an einem neuen, umfangreichen Paket zur Erhöhung der Verteidigungsausgaben und zur Unterstützung Kiews, während Präsident Donald Trump auf ein schnelles Ende des Krieges in der Ukraine drängt. ... Bloomberg: „Die Ausgabenpläne werden erst nach der deutschen Wahl am 23. Februar bekannt gegeben, um Kontroversen vor der Abstimmung zu vermeiden, so über die Pläne informierte Regierungsvertreter. ...“ ..."
https://www.berliner-zeitung.de/wirtschaft-verantwortung/baerbock-verplappert-sich-nach-der-wahl-milliarden-fuer-ukraine-li.2295623
Wie viel von diesen Milliarden würde Deutschland zahlen? Kämen die zu den geplanten oder geforderten 2% bis 5% des Bruttoinlandsproduktes noch dazu?
Sehen Sie die Gefahr, dass Deutschland sich mit zu hohen Rüstungsausgaben ruiniert? Soll nicht früher die Sowjetunion den „Kalten Krieg“ auch deswegen verloren haben, weil sie sich mit immensen Rüstungsausgaben wirtschaftlich übernahm und ihre Ressourcen verbrauchte?

Guten Tag Reinhard G.,
vielen Dank für Ihre Anfrage.
Russlands Überfall auf die Ukraine vor drei Jahren verdeutlicht, dass Frieden, Freiheit und Demokratie keine Selbstverständlichkeit sind. Sie müssen immer wieder aufs Neue verteidigt und gestärkt werden. Frieden erfordert gerade in diesen Zeiten Diplomatie und Kooperation, ebenso wie Widerstands- und Wehrfähigkeit. Dafür braucht es eine europäische Anstrengung. Es braucht eine umfassend angelegte Herangehensweise, um dem Spektrum an Herausforderungen und Bedrohungen zu begegnen.
Dabei ist Sicherheitspolitik mehr als die Summe aus Diplomatie und Militär; sie muss alle Stränge unserer Politik zusammenführen. Sicherheit für Deutschland heißt: innere und äußere Sicherheit zusammenzudenken sowie den Schutz unserer Demokratie, unseres Sozialstaates und unserer Lebensgrundlagen zu sichern. All diese Elemente einer integrierten Sicherheit brauchen eine verlässliche Finanzierung. Mit dem russischen Angriff auf die gesamte Ukraine am 24. Februar 2022 sind wir in einer anderen Welt aufgewacht.
Millionen Ukrainer*innen verteidigen seither Tag für Tag ihr Leben, ihre Freiheit und die europäische Friedensordnung gegen die brutale Aggression Russlands. Dabei stehen wir fest an ihrer Seite – mit diplomatischer, finanzieller, humanitärer und militärischer Unterstützung. Die Ukraine muss in der Lage sein, sich zu verteidigen und eine starke Position für einen möglichen Friedensprozess sicherzustellen. Dafür wollen wir sie auch weiter in ihrem Recht auf Selbstverteidigung deutlich stärken und ihre Verteidigungsfähigkeit verbessern. Das ist auch unser bester Eigenschutz hier im Herzen Europas.
Dafür braucht es eine verlässliche Finanzierung mit einem Verteidigungsetat, der dauerhaft die in der NATO vereinbarten und auch national definierten Ziele und Bedarfe erfüllt. Dieser wird nicht allein aus laufenden Einnahmen finanzierbar sein, sondern wird mittelfristig auch über eine höhere Kreditaufnahme finanziert werden müssen, um zu verhindern, dass Investitionen im Verteidigungsbereich zulasten anderer notwendiger Zukunftsinvestitionen gehen. Wie zu Zeiten der Eurokrise und der Pandemie braucht es auch auf europäischer Ebene eine gemeinsame finanzielle Kraftanstrengung zur Friedenssicherung in Europa, wie es die Europäische Kommission vorgeschlagen hat.
Viele Vorstöße, in unser Land zu investieren und damit für mehr soziale Gerechtigkeit, bezahlbare Lebenshaltungskosten und mehr Klimaschutz zu sorgen, scheiterten in der Ampel-Regierung am Unwillen der FDP, die Schuldenbremse anzupassen. Leider zeigt auch die Union derzeit wenig Bereitschaft, in Zukunft mehr in unsere Zukunft zu investieren und möchte die Verteidigungsausgaben lieber durch Kürzungen bei Sozialem oder der Streichung des Deutschlandtickets erhöhen. Gerade weil soziale Gerechtigkeit im Inneren die äußere Sicherheit unseres Landes bedingt, ist es notwendig, beide Felder zusammenzudenken. Eine Erhöhung des Wehretats über das 2-Prozentziel hinaus darf daher nicht zu Lasten der Ausgaben im Bereich von Infrastruktur, Bildung oder des Sozialstaates führen. Daher kann ich notwendige Verteidigungsausgaben über das 2-Prozentziel hinaus nur befürworten, wenn Ausgaben und Investition in den anderen genannten Bereichen sichergestellt sind.
Mit freundlichen Grüßen
Sven Lehmann