Frage an Stephan Stracke von Robert S. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Stracke
Gegen Oliver Schröm, Chefredakteur von CORRECTIV, ermittelt die Staatsanwaltschaft Hamburg wegen des Verdachts auf „Anstiftung zum Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen” nach §17 UWG (Gesetz gegen Unlauteren Wettbewerb).
Eine schweizer Bank hat Ihn anlässlich der Enthüllungen bezüglich der sogenannten "Cum Ex" Geschäfte verklagt.
Für den Fall, dass Ihnen dieser Vorgang nicht geläufig ist, möchte ich daran errinnern, dass womöglich ein europaweiter Schaden in Höhe von ca. 55 000 000 000 Euro durch ungerechtfertigter weise zurückgezahlter Steuern entstanden ist.
Es ist das erste Mal, dass dieser Paragraph auf einen Journalisten angewendet wird.
Es mutet mir schon sehr grotesk an, wenn eine dt. Staatsanwaltschaft in diese Richtung ermittelt, natürlich ist es das (schlechte) Recht der Bank sich auf dieses Gesetzeslage zu berufen, allerdings sollte daraufhin die Staatsanwaltschaft umgehend ein entsprechendes Ersuchen an die Schweizer Behörden vorbereiten den entstandenen Schaden dieses Geschäftsmodells oder auch Geheimnisses umgehend zurückzuerstatten, anstatt gegen die hervorragende journalistische Arbeit vorzugehen.
Umso mehr besorgt mich das neue Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG), das der Bundestag derzeit berät. Der aktuelle Entwurf gefährdet den Informantenschutz und somit die Grundlage investigativer journalistischer Arbeit. Dieser Angriff auf die Pressefreiheit muss abgewendet werden.
Wie stehen Sie zu der neuen Fassung des GeschGehG?
Mit freundlichen Grüssen
R. S.
Sehr geehrter Herr S.,
für Ihre Anfrage vom 17. Dezember 2018, in der Sie das Ermittlungsverfahren gegen den Chefredakteur von CORRECTIV.org Herrn Oliver Schröm ansprechen sowie um eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) bitten, bedanke ich mich.
Einzelne Banken und Börsenhändler haben auf äußerst kreative Art und Weise und in einem rechtlich fragwürdigen Rahmen Gesetzeslücken ausgenutzt. Diese Praktiken sind in der Öffentlichkeit als „Cum-Ex-Geschäfte“ bekannt geworden. Aus Sicht des Bundesministeriums der Finanzen hat es sich bei diesen Handlungen stets um unzulässige Praktiken gehandelt. Zum 1. Januar 2012 wurden diese Praktiken durch eine Gesetzesänderung endgültig unterbunden. Deren steuer- und strafrechtliche Folgen wird die Justiz noch lange beschäftigen.
Zum Ermittlungsverfahren gegen Herrn Schröm kann ich Ihnen keine Auskunft geben. Zuständig für Ermittlungsverfahren sind die Staatsanwaltschaften der Justiz. Festzuhalten ist, dass Personen, die verlässliche Informationen über öffentlichkeitsrelevante Rechtsbrüche öffentlich machen, bereits nach geltender Rechtslage geschützt sind. Das haben die Kontrollmaßstäbe deutscher Gerichte bestätigt.
Auch der aktuelle Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) wird daran nichts ändern. Eine Verschärfung der Rechtslage gegenüber Journalisten ist nicht vorgesehen. Vielmehr handelt es sich bei der Gesetzesinitiative um die nationalstaatliche Umsetzung der Richtlinie (EU) 2016/943 zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung. Die Richtlinie hat zum Ziel, die unterschiedlich hohen Schutzlagen von Geschäftsgeheimnissen in der Europäischen Union zu vereinheitlichen und damit den Europäischen Binnenmarkt als Wirtschafts- und Innovationsstandort zu stärken.
Der Gesetzentwurf befindet sich aktuell in parlamentarischen Beratungen. Mit einer Verabschiedung des Gesetzes ist im Frühjahr zu rechnen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Stracke