Frage an Stephan Stracke von Bernd M. bezüglich Finanzen
Guten Tag Herr Stracke,
nach meiner Auffassung ist es eine an Naivität nicht mehr zu überbietende Art und Weise, wie die Bundesregierung mit CSU-Unterstützung eine Bürgschaft an Air-Berlin hat übernehmen können.
Hat man (Frau) die Übersicht verloren, und ist sich nicht bewusst, wieviel Geld 150 Millionen sind, die nun offenbar verloren sind? Dies ist die Meinung von Wirschaftsexperten und in vielen Medien nachlesbar.
Wie stehen Sie dazu, Herr Stracke.
Gruß
H. M. (total verägert)
Sehr geehrter Herr M.,
haben Sie vielen Dank für E-Mail zu dem von der Bundesregierung verbürgten Kredit der KfW an Air Berlin.
Ich bin der Überzeugung, dass die Entscheidung der Bundesregierung zum damaligen Zeitpunkt und unter den bis dahin bekannten Umständen vertretbar und nachvollziehbar war.
Nachdem Etihad die gegenüber Air Berlin gegebenen schriftlichen Zusagen hinsichtlich der kurz- und mittelfristigen Sicherung der Zahlungsfähigkeit Mitte August 2017 plötzlich und unerwartet zurückgezogen hatte, musste Air Berlin nur wenige Tage später einen Insolvenzantrag stellen. Ohne den Kredit der Bundesregierung wäre Air Berlin verpflichtet gewesen, den Flugbetrieb unmittelbar nach Einreichung des Insolvenzantrags einzustellen. Dies hätte in der Urlaubszeit zur Folge gehabt, dass viele zehntausende Passagiere an ihrem Urlaubsort „gestrandet“ wären. Durch den Hilfskredit konnte der Flugbetrieb zunächst aufrechterhalten und auch die Gehaltszahlungen der Air Berlin Mitarbeiter vorerst gesichert werden. Somit wurde ein geordneter Insolvenzprozess ermöglicht. Ohne den Kredit hätten die Passagiere vor erheblichen Problemen gestanden und auch die Ausgangslage der Beschäftigten hätte sich bei einer ungeordneten Insolvenz von Air Berlin deutlich verschlechtert.
Die Bundesregierung hat zudem glaubhaft versichert, dass die Wahrscheinlichkeit für einen Kreditausfall sehr gering wäre. Auch die EU-Kommission bestätigte, dass der Kredit beihilferechtskonform sei und den entsprechenden Vorgaben der Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfeleitlinien der Europäischen Kommission entspräche. Durch die bisherigen Verkäufe aus dem laufenden Insolvenzverfahren an die Lufthansa und EasyJet konnte mit dem Rückzahlungsprozess des Kredites bereits begonnen werden. Durch die überraschende Insolvenz von Niki hat sich die Situation nun deutlich verschlechtert. Dabei ist es sehr bedauerlich, dass sich die Lufthansa und die EU-Kommission nicht auf ein für beide Seiten akzeptables Vorgehen einigen und somit ein Verkauf zustanden kommen konnte. Der durch den Verkauf von Niki an die Lufthansa ursprünglich vorgesehene Erlös steht nun leider nicht mehr zur Verfügung. Unter diesen neuen Rahmenbedingungen ist es daher leider tatsächlich möglich, dass nur ein Teil des Kredits von Air Berlin zurückgezahlt werden kann.
Allerdings befinden sich die Prozesse nach wie vor im Fluss. Der zwischenzeitlich geplante Verkauf von Niki an den Luftfahrtkonzern IAG scheint – so habe ich der Presse entnommen – durch die Durchführung des Insolvenzverfahrens in Österreich nun wiederum erschwert worden zu sein. Eine Prognose, wie sich das Verfahren entwickeln und welche Auswirkungen dies auf noch zu erwarteter Rückzahlungen bzw. deren Höhe haben wird, kann ich nicht abgeben. Es ist Aufgabe des Insolvenzverwalters, den Prozess weiterzubetreiben und zu einem möglichst erfolgreichen Abschluss für die Gläubiger zu bringen.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen mit diesen Informationen weiterhelfen.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Stracke, MdB