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Stephan Stracke
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Frage von Florian L. •

Frage an Stephan Stracke von Florian L. bezüglich Arbeit und Beschäftigung

Sehr geehrter Herr Stracke,

§ 622 Abs. 2 S. 2 BGB regelt, dass die Zeiten der Beschäftigungsdauer in einem Arbeitsverhältnis, die vor der Vollendung des 25. Lebensjahrs des Arbeitnehmers liegen, bei der Berechnung der Kündigungsfristen unberücksichtig bleiben.

Mit der Entscheidung des EuGH, Urteil vom 19.01.2010 - C-555/07 Kücükdeveci/Swedex GmbH (ABl. C Nr. 63 S. 4) wurde festgestellt, dass § 622 Abs. 2 S. 2 BGB wegen der Altersdiskriminierung die mit der Anwendung dieser Vorschrift einhergeht gegen europäisches Recht verstößt und deshalb nicht anzuwenden ist.

Aus dem Gesetzestext des Bürgerlichen Gesetzbuches ist dieser Umstand aber nicht ersichtlich, weil die Norm trotz Unanwendbarkeit unverändert im Gesetz enthalten ist. Dies führt doch dazu, dass betroffene Arbeitnehmer bei vorliegender Kündigung falsche (zu kurze) Kündigungsfristen hinnehmen und dadurch einen Schaden erleiden.

Meine Frage lautet also:
Weshalb ist der § 622 Abs. 2 S. 2 BGB selbst nach fast sieben Jahren nach dem o.g. EuGH-Urteil noch nicht entfernt worden?

Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.

Mit den besten Grüßen und Wünschen

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Sehr geehrter Herr Lünsmann,

vielen Dank für Ihre Frage zur Altersdiskriminierung bei der Berechnung von Kündigungsfristen und dem Verbleib des entsprechenden § 622 Abs. 2 S. 2 im BGB.

Der Europäische Gerichtshofs (EuGH) hat in seiner Entscheidung vom 19. Januar 2010 (Rs. C-555/017) festgestellt, dass einer Nichtberücksichtigung von Beschäftigungszeiten vor dem 25. Lebensjahr bei der Berechnung von Kündigungsfristen, wie sie § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB vorsieht, insbesondere das Diskriminierungsverbot wegen des Alters entgegen steht. Diese Vorschrift im BGB ist aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts nicht mehr anwendbar. Diese Rechtsprechung wurde durch entsprechende Vorschriften in dem seit August 2013 gültigen Seearbeitsgesetz (SeeArbG) bereits berücksichtigt.

Seit der Entscheidung des EuGH wird § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB nicht mehr angewendet. Jedoch ist die Norm bisher noch nicht aus dem Gesetzestext entfernt worden. Ich habe mich diesbezüglich bereits vor wenigen Wochen in der Folge einer weiteren Anfrage an die Bundesministerin für Arbeit und Soziales, Frau Andrea Nahles MdB, gewandt und um eine Prüfung sowie um eine Stellungnahme zu dem von Ihnen genannten Anliegen gebeten. Weiterhin habe ich das Bundesarbeitsministerium um eine Einschätzung gebeten, ob und gegebenenfalls wann ein Gesetzgebungsverfahren zur Anpassung der entsprechenden Norm eingeleitet werden könnte.

Ich wäre Ihnen sehr dankbar, wenn Sie mir per E-Mail unter stephan.stracke@bundestag.de Ihre Kontaktdaten zukommen lassen könnten, damit ich Sie über den weiteren Schriftverkehr in Kenntnis setzen kann.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Stracke
Mitglied des Deutschen Bundestages

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