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Stephan Stracke
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Frage von Richard H. •

Frage an Stephan Stracke von Richard H. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Herr Stracke, warum sind Sie gegen einen bundesweiten Volksentscheid?

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Sehr geehrter Herr Hegenauer,

herzlichen Dank für Ihre Anfrage.

Die Forderung nach einer Einführung der Volksgesetzgebung oder aber eines Referendums auf Bundesebene ist bereits mehrere, wenn nicht sogar Jahrzehnte alt. Bereits in den 90er Jahren und zu Beginn des 20. Jahrhunderts hat es immer wieder im Deutschen Bundestag sehr intensive Diskussionen zu diesem Thema gegeben. Im Grundgesetz sind nur zwei Fälle für einen Volksentscheid vorgesehen, nämlich bei der Neugliederung der Bundesgebiete (Art. 29 Abs. 2 GG) und bei der Ablösung des Grundgesetzes durch eine neue Verfassung (Art. 146 GG).

Aus meiner Sicht kommt die grundsätzliche Einführung eines bundesweiten Volksentscheids aus folgenden Gründen nicht in Betracht:

Bereits die jüngere Vergangenheit der Bundesrepublik Deutschland belegt, dass eine Vielzahl von Entscheidungen, die letztlich der Bundestag getroffen hat, nicht nur in der Bevölkerung unpopulär gewesen sind, sondern auch erst viele Jahre danach ihre berechtigte Akzeptanz gefunden haben. Gleichwohl ist unstreitig, dass sie für die weitere Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland von herausragender Bedeutung waren, so z.B. der Nato-Doppelbeschluss oder die finanzielle Unterstützung der neuen Länder im Rahmen der Wiedervereinigung. Entscheidungen zu solchen Themen müssen vertieft abgewogenen werden. Zudem müssen die unterschiedlichsten Interessen zusammenführt werden. Dies ist meines Erachtens in einem ausführlichen und umfassenden parlamentarischen Verfahren, das auch die Möglichkeit einer Sachverständigen-Anhörung bietet, am ehesten zu erreichen.

Ein weiterer wesentlicher Grund, der gegen die Einführung eines bundesweiten Volksentscheids spricht, ist das in der Bundesrepublik Deutschland grundgesetzlich festgelegte System des Föderalismus. Ein bundesweiter Volksentscheid müsste immer auch die Belange des Bundesrates im Gesetzgebungsverfahren berücksichtigen. Eine bloße vorherige Beteiligung des Bundesrates, mit der Möglichkeit eine Stellungnahme abzugeben, reicht hierzu mit Sicherheit nicht aus und würde zudem den mit der Entscheidung betrauten Bürger verunsichern.

Ungeachtet dessen könnte ich mir vorstellen, bei bestimmten Fragen über einen bundesweiten Volksentscheid nachzudenken. Dies wäre zum Bespiel der Fall, wenn die europäische Ordnung in eine bundesstaatliche Ordnung im Sinne von "Vereinigten Staaten von Europa" verändert werden sollte. Gleiches gilt für den Fall, dass mitgliedstaatliche Kompetenzen, insbesondere beim Budgetrecht, in zu weitem Umfang auf die europäischen Institutionen verlagert werden. In beiden Fällen wären meines Erachtens Volksentscheide nötig, da solche Regelungen mit unserem Grundgesetz nicht vereinbar wären. Hinsichtlich der Kompetenzen gilt dies auch, weil dem Deutschen Bundestag nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts Aufgaben und Befugnisse von substantiellem Gewicht verbleiben müssen.

Ich hoffe, dass ich Ihnen meine Position verdeutlichen konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Stephan Stracke MdB

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