Frage an Stephan Stracke von Friedel W. bezüglich Recht
Hallo Stephan,
am Montag fand die Anhörung der Verbände im Innenausschuss zur geplanten Besoldungsanpassung für Bundesbeamte statt. Im Rahmen dieser Anhörung wurde auch zu einer Änderung zum neuen Dienstrechtsneuordnungsgesetz (DRNeuG) referiert. Ich bitte Dich dieses Thema zu Deinem zu machen und zu verhindern, dass es zu einem großen Vertrauensbruch für die Soldaten/Beamten der Bundeswehr kommt. Wie Du weißt soll auf Grund von HH-Zwängen die versprochene Rückführung der jährlichen Sonderzahlung auf 60% gekippt, bzw. um weitere 5 Jahre verschoben werden. Dies stellt für die Betroffenen eine besondere Härte dar, da damit eine effektive Gehaltskürzung von 2,44 % monatlich zementiert wird. Im Lichte der gefährlichen Auslandseinsätze unserer Soldaten wird dies besonders negative Auswirkungen auf die Stimmung innerhalb der Truppe haben. Wir hoffen, dass man sich eines besseren besinnt und diesem Teil nicht zustimmt. Laut Professor Dr. Pechstein, der auch eine Stellungnahme abgegeben hat, wäre es mit etwas Phantasie möglich, den Einsparbeitrag an anderer Stelle zu generieren. Uns ist bewusst, dass gespart werden muss, trotzdem wird hier eine Großzahl von kleinen und mittleren Einkommensbeziehern über gebühr belastet, die Tag täglich ihren Kopf für unser Land hinhalten.
Ich hoffe, Du kannst im Sinne der Soldaten (und auch Beamte der Wehrverwaltung, die auch im Auslandseinsatz sind) etwas erreichen. Weitere Expertise zu diesem Thema steht beim Deutschen BundeswehrVerband zur Verfügung.
Mit besten kameradschaftlichen Grüßen
Friedel Wegner, Hptm
Lieber Friedel,
bei Übernahme der Regierungsverantwortung hatte sich die Große Koalition im Jahr 2005 darauf verständigt, das damals aufgelaufene strukturelle Finanzierungsdefizit des Bundeshaushalts auszugleichen. Hierzu war u. a. beschlossen worden, die jährliche Sonderzahlung (das sogenannte Weihnachtsgeld) fünf Jahre lang nur hälftig zu zahlen. Die Beamten, Richter des Bundes und Soldaten erhielten daher seit 2006 statt fünf nur 2,5 Prozent eines Jahresbezugs als Sonderzahlung.
Nachdem diese 2,5 Prozent in den Jahren 2006 bis 2008 noch als Einmalbetrag ("Weihnachtsgeld") mit den Dezember-Bezügen ausgezahlt wurden, erfolgte mit dem Dienstrechtsneuordnungsgesetz (DNeuG) zum 1. Juli 2009 eine Umstellung der Zahlungsweise: Das Grundgehalt und alle weiteren Gehaltsbestandteile, die bisher in die Sonderzahlung eingerechnet wurden, wurden um 2,5 Prozent erhöht. Der bis zum Juni aufgelaufene Teilbetrag für das Jahr 2009 wurde den Besoldungs- und Versorgungsempfängern mit den Juli-Bezügen 2009 ausgezahlt. Im Gegenzug ist die Auszahlung als "Weihnachtsgeld" zusammen mit den Dezember-Bezügen entfallen.
Neben dem "Einbau" der Sonderzahlung in Höhe von 2,5 Prozent hatte das DNeuG auch eine Regelung für die Zeit nach Auslaufen der Kürzung getroffen. Um im Ergebnis wieder die Sonderzahlung in ungekürzter Höhe zu erreichen, sollten die Monatsbezüge zum Januar 2011 um 2,44 Prozent angepasst werden (der zweite Einbauschriitt = Erhöhungswert 2,44 Prozent berücksichtigt die Basiswirkung des ersten Einbaus: 100 + 2,5 Prozent = 102,5 + 2,44 Prozebt = 105 Prozent).
In ihrer Haushaltsklausur am 6. und 7. Juni 2010 hat die Bundesregierung beschlossen, das Wiederaufleben der Sonderzahlung auszusetzen und dementsprechend auch den 2. Einbauschritt zum Januar 2011 nicht vorzunehmen, also im Ergebnis die Sonderzahlung in der seit 2006 geltenden Höhe weiterzuzahlen.
Diese Maßnahme war jüngst Gegenstand intensiver parlamentarischer Beratungen. Erst nach der Öffentlichen Anhörung des Innenausschusses wurden die parlamentarischen Beratungen fortgesetzt, und der Deutsche Bundestag hat am 30. September 2010 das Gesetz abschließend beraten. Danach erfolgt eine Verschiebung des Wiederauflebens der Sonderzahlung um vier Jahre bis Ende 2014. Es kommt also nicht zu einer kompletten Streichung, sondern "nur" zu einer Verlängerung der Aussetzungsfrist!
Ich erlaube mir folgenden Hinweis: Die Besoldungsentwicklung im Bund verläuft grundsätzlich im Gleichklang mit der wirtschaftlichen Entwicklung. Nach der Einkommensrunde 2008/2009 mit einer durchschnittlichen linearen Steigerung von 7,7 Prozent werden die Bezüge der aktiven Beamtinnen und Beamten des Bundes auch 2010 und 2011 steigen, und zwar in drei Schritten um insgesamt 2,1 Prozent. Diese Entwicklung kann sich mit der Entwicklung in anderen Branchen durchaus messen, insbesondere wenn man berücksichtigt, daß im Krisenjahr 2009 die Bruttogehälter aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Durchschnitt gesunken sind.
Im Rahmen der Diskussion darf zudem nicht vergessen werden: Die Sonderzahlung wurde zu einem Teil bereits zum Juli 2009 in die Monatsgehälter integriert. Diese strukturelle Maßnahme wird jetzt nicht zurückgenommen. Die Sonderzahlung ist eine besoldungsrechtliche Nebenleistung. Veränderungen bei solchen Nebenleistungen prägen die Realität vieler Beschäftigungsverhältnisse außerhalb des öffentlichen Dienstes.
Es ist verständlich, dass die Besoldungs- und Versorgungsempfänger damit gerechnet haben, daß – wie es 2006 auch geplant war – die Kürzung des Weihnachtsgelds Ende 2010 ausläuft. Richtig ist aber auch, daß Eintritt und Folgen der jüngsten Finanz- und Wirtschaftskrise damals nicht vorhersehbar waren. Diese einschneidende Veränderung der Umstände zu ignorieren, wäre unverantwortlich gewesen, zumal sich Bund und Länder – auch als Reaktion auf die Finanzkrise – darauf verständigt haben, die Neuverschuldung der öffentlichen Haushalte im Zeitraum bis 2016 zurückzuführen. Die Zurückführung der Neuverschuldung, die ein zentrales Anliegen der Bundesregierung ist, liegt auch im besonderen Interesse der aktiven Beamten und Versorgungsempfänger des Bundes. Denn nur auf der Grundlage geordneter Staatsfinanzen kann der Bund jetzt und in der Zukunft seine Personalausgaben bestreiten.
Unter diesen Voraussetzungen bitte ich um Verständnis dafür, dass eine andere Entscheidung nicht vertretbar war.
Mit besten Grüßen
Stephan Stracke MdB