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Stephan Mayer
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Frage von Thomas L. •

Frage an Stephan Mayer von Thomas L. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Mayer,

ich bin geschiedener Familienvater von 3 Kindern. Ich hätte mir vor 2 Jahren niemals träumen lassen, das es in der Familiengesetzgebung derartige Mängel gibt! Die Folgen sind für den Staat und die betroffenen Familien katastrophal. Da sie den Beruf des Rechtsanwaltes ausüben, dürfte Ihnen die dortigen bestehenden Problematiken hinlänglich bekannt sein. Die meisten Scheidungen in Deutschland sind Mangelfälle, da die Familie vormals meistens kaum über ein Einkommen über 2.500,- € (eher weniger) verdient! Trotzdem schröpft der Staat und vor allem die bayerische Justiz diese Personen bis in die bittere Armut ab!

Nun meine Fragen:

Darf der deutsche Staat unbescholtene Bürger, die ihrer Arbeit nachgehen, Steuern zahlen, Kinder zur Welt bringen und aufziehen, nur aufgrund des bestehenden Familienrechtes in den Sozialen Ruin treiben?

Sind Eltern weniger wert als seine Kinder, sodass diese in bitterer Armut leben müssen, da sie ihr ganzes Geld in einem Mangelfall den Kindern bzw. den betreuenden Elternteil übergeben müssen?

Handelt es sich bei der Familiengesetzgebung vielleicht um den staatlichen Versuch, alle Lasten wie üblich dem kleinen Manne aufzudrücken, egal ob dieser dabei verhungern kann? (Das ist nicht polemisch, ich habe es am eigenen Leibe erfahren!)

Wie kann es sein, das bei wirklich fragwürdigen Beschlüssen, Beschwerde bei dem selben Richter eingeleitet werden muss, der derartige Urteile spricht? Kann man hier dann noch von einer sachlichen Bearbeitung diesen Falles sprechen, zumal dann meist die Lohnpfändung und der Weg in die Armut schon läuft?

Warum kommt der Staat nicht für den von ihm verübten Schaden an seine eigenen Bürger und Investoren auf?

Über eine Antwort würde ich mich freuen, vor allem wenn Sie ehrlich und nicht in den üblichen Floskeln der Politik gegeben wird.

Mit freundlichen Grüßen
Thomas Lugert

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Lugert,

vielen Dank für Ihre Fragen auf www.abgeordnetenwatch.de vom 30. November 2008 zum Unterhaltsrecht, die ich Ihnen gerne beantworte. Ich bedaure, dass meine Antwort an Sie einige Zeit in Anspruch genommen hat und möchte mich hierfür in aller Form bei Ihnen entschuldigen.

Meiner Ansicht nach muss sich der Gesetzgeber gerade im Unterhaltsrecht besonders sensibel verhalten, da das Unterhaltsrecht jeden Einzelnen ganz unmittelbar betrifft – als Kind, als Mutter oder Vater, als Ehefrau oder als Ehemann. In diesem Bereich geht es nicht nur um Politik und Rechtsprechung, sondern ebenfalls um das finanzielle Einstehen füreinander, die Solidarität zwischen Eltern und Kindern und die Übernahme von Verantwortung zwischen den Ehegatten in bestehenden und geschiedenen Ehen.

In Ihrem Schreiben sprechen Sie die Problematik der Mangelfälle an und äußern Ihren Unmut über die Ausgestaltung des heutigen Familienrechts. Die wirtschaftlichen Folgen einer Trennung bzw. Scheidung sind in den meisten Fällen gravierend und stellen nicht nur eine private, sondern zunehmend auch eine gesellschaftspolitische Herausforderung dar. Da jedoch die öffentliche Hand immer häufiger an ihre Grenzen stößt und eine voll umfassende soziale Sicherung nicht mehr uneingeschränkt garantieren kann, gewinnt die persönliche Vorsorge vor Lebensrisiken auch im Bereich der Familie an Bedeutung.

Die Zahl der Mangelfälle, in denen das Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht für alle Unterhaltsberechtigten ausreicht, ist in den letzten Jahren in der Tat gestiegen. Aus diesem Grund trat am 01. Januar 2008 das Gesetz zur Reform des Unterhaltsrechts in Kraft, durch das die Rangfolge eines Unterhaltsanspruches im Mangelfall geändert wurde und eine Besserstellung nicht verheirateter Mütter und Väter, die Kinder betreuen, erreicht wurde. Mit der Reform des Unterhaltsrechts verfolgte die Große Koalition insbesondere drei wichtige Ziele – die Förderung des Kindeswohls, die Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung und die Vereinfachung des Unterhaltsrechts.

Kinder sind meiner Ansicht nach, wie Sie auch vollkommen richtig ausführen, bei einer Trennung ihrer Eltern besonders schutzbedürftig, weshalb die Sicherung ihres Wohlergehens durch die Reform an die erste Stelle gestellt wurde. Ist in einem Mangelfall nicht genügend Geld für alle Unterhaltsberechtigten vorhanden, sollen die Kinder Vorrang vor allen anderen haben, d.h. sie erhalten den ersten Rang unter den Unterhaltsgläubigern. Im zweiten Rang stehen seit der Reform des Unterhaltsrechts alle Väter und Mütter, die Kinder betreuen - und zwar unabhängig davon, ob das Paar verheiratet war oder nicht.

Das zweite Ziel der Reform - die Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung - wurde ausdrücklich im Gesetz verankert und die Gerichte werden künftig mehr Möglichkeiten haben, den nachehelichen Unterhalt zu befristen oder der Höhe nach zu begrenzen. Des Weiteren wurde durch die Reform des Unterhaltsrechts festgelegt, dass der in der Ehe erreichte Lebensstandard nicht mehr der entscheidende, sondern nur noch einer von mehreren Maßstäben dafür ist, ob eine Erwerbstätigkeit - und wenn ja, welche - nach der Scheidung wieder aufgenommen werden muss. Ein vertraglicher Verzicht auf Unterhaltsansprüche ist nur noch wirksam, wenn sichergestellt ist, dass beide Parteien über die im Einzelfall weitreichenden Folgen umfassend aufgeklärt worden sind. Dies führt zu der neuen Regelung, dass Unterhaltsvereinbarungen vor der Scheidung notariell beurkundet werden müssen oder ein gerichtlich protokollierter Vergleich geschlossen werden muss.

Das Unterhaltsrecht wurde insbesondere hinsichtlich der gesetzlichen Definition eines einheitlichen Mindestunterhalts für minderjährige Kinder vereinfacht. Hinzu kommt, dass mit der Neuregelung der Kindergeldverrechnung eine klare, sachgerechte und für die Bürgerinnen und Bürger gut verständliche Regelung geschaffen wurde, die steuer- und sozialrechtliche Vorgaben berücksichtigt und die Rechtsanwendung erheblich vereinfacht. Des Weiteren trägt die reformierte Rangfolge in Mängelfällen zur Vereinfachung des Unterhaltsrechts bei.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat sich ferner mit dem Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) für eine Vereinfachung des familiengerichtlichen Verfahrensrechts stark gemacht. Es betrifft alle Rechtstreitigkeiten, die aus der Ehe und der Familie oder aus dem Eltern-Kind-Verhältnis herrühren, z.B. die Ehescheidung, die Regelung von Sorge- und Umgangsrechten, die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen sowie Verfahren über Hausrat und Ehewohnung, das eheliche Güterrecht und den Versorgungsausgleich. Gerade hier, wo der innerste Lebensbereich des Einzelnen betroffen ist, ist der Gesetzgeber jedoch in besonderem Maße aufgerufen, eine moderne und allgemein verständliche Verfahrensordnung zu schaffen, in der materielles Recht schnell und effektiv durchgesetzt werden kann, aber zugleich die Rechte des Einzelnen, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, garantiert sind. Das Gesetz zur Reform des Verfahrens in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit wurde bereits verabschiedet und soll am 01. September 2009 in Kraft treten.

Das derzeit noch geltende Verfahrensrecht in Familiensachen ist unübersichtlich und wenig anwenderfreundlich in verschiedenen Gesetzen geregelt. Hierzu gehören die Zivilprozessordnung, das Gesetz über die Anwendung der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FGG), der Hausratsverordnung sowie weitere Gesetzen. Das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit regelt das familiengerichtliche Verfahren sowie das FGG-Verfahren von Grund auf neu. Aus der Reform des familiengerichtlichen Verfahrens ist im Besonderen die Einführung eines großen Familiengerichts, das auch für bestimmte Verfahren mit Bezug zu Ehe und Familie zuständig sein soll, die bislang vor den Zivilgerichten oder Vormundschaftsgerichten zu führen sind, hervorzuheben. Das Vormundschaftsgericht wird aufgelöst und seine Aufgaben werden vom Familiengericht sowie vom Betreuungsgericht übernommen. Die Reform soll auf diesem Weg zu einer Straffung der gerichtlichen Zuständigkeiten führen. Überdies wird in Unterhaltssachen die Klärung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse durch weitergehende Auskunftspflichten der Beteiligten verbessert.

Des Weiteren müssen Sie bedenken, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich nicht nur im Bereich des Familien- bzw. des Unterhaltsrechts für verbesserte Bedingungen für geschiedene Familien einsetzt. Hinzu kommen u.a. die Beschäftigungsförderung im Allgemeinen, die Förderung der Erwerbstätigkeit von Frauen und die Verbesserung der Möglichkeiten der Kinderbetreuung.

Sie können sich wegen Ihres Anliegens auch sehr gerne an mich wenden, um die Situation in einem persönlichen Gespräch zu erörtern. Wegen der Vereinbarung eines Termins würde ich Sie bitten, mit meinem Bürgerbüro Kontakt aufzunehmen. (Ansprechpartnerin: Annemarie Lechner, Tel.: 08671/6196, Email: stephan.mayer@wk.bundestag.de ).

Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Ausführungen weiterhelfen konnte und stehe Ihnen für Rückfragen selbstverständlich gerne zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr

Stephan Mayer
Bundestagsabgeordneter

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