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Stephan Jersch
DIE LINKE
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Frage von Lars B. •

Stellen Sie parteipolitische Interessen vor den Tierschutz?

Sie haben sich vielfach öffentlich für den Verbleib des Milchviehbetriebes J. auf dem Moorhof in Hamburg Rissen eingesetzt. Mehrfach haben sie und Parteifreunde der Partei die LINKE den Hof besucht. Nach der erfolgten Zwangsräumung wurden auf dem Hof viele umwelt, hygienische und tierschutzrelevante Missstände entdeckt. Unter anderem wurden 32 herrenlose Katzen auf dem Hof hinterlassen, abgemagert, nicht gepflegt und unkastriert - davon 7 sehr junge Kätzchen.

Die Aufräumarbeiten dauern bis heute an. Mit Hilfe des Tierschutzes wurden alle Katzen geschippt und kastriert. Ein großer Aufwand, bezahlt durch den Steuerzahler und Spenden.

Haben Sie diese Missstände nicht gesehen oder nicht sehen wollen?

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Antwort von
DIE LINKE

Sehr geehrter Herr B.,

herzlichen Dank für Ihre kritischen Fragen, die ich natürlich gerne auch etwas umfangreicher beantworten werde. Aus gegebenem Anlass werde ich auch auf einige Aspekte eingehen, die Sie nicht erwähnt haben. Sehen Sie mir nach, dass ich den Themenkomplex nachfolgend systemischer betrachte, aber ich denke, auch vor dem Hintergrund, dass Sie meine Antworten vermutlich wie auch zuvor weiternutzen, tut dies dem Sachverhalt gut.

Zuerst freue ich mich darüber, dass Sie am konkreten Fallbeispiel die Notwendigkeit der Einführung einer Katzenschutzverordnung für Hamburg deutlich machen. Je mehr Stimmen aus der Zivilgesellschaft diese Forderung unterstützen, umso besser. Leider bewegt sich die zuständige Behörde nur im Schneckentempo. Ich baue hier darauf, auch Ihre Stimme für die Einführung einer entsprechenden Verordnung deutlich zu vernehmen.

Tatsächlich war ich zweimal auf dem Hofgelände, davon einmal bei der von Ihnen angestrebten ersten Zwangsräumung. Ich vermute, dass Sie das Gelände öfter besucht haben. Ein wie von Ihnen beschriebenes Problem mit Katzen konnte ich bei meinen Besuchen nicht erkennen. Es ist mir auf dem Hof nur eine Katze aufgefallen. Als landwirtschaftsaffiner Mensch ist einem bekannt, dass freilaufende Katzen sich da aufhalten, wo sie Schutzräume und Nahrung finden. Insofern vermute ich, dass Sie hier nicht von Katzen der früheren Hofinhaber, sondern von verwilderten Katzen schreiben. Das sind nicht die klassischen Stubentiger, wie Sie sie vielleicht aus ihrem Haushalt kennen. Letztendlich ist diese Situation eine der Folgen, die durch die Abwicklung des Milchhofs durch einen Investor entstanden, durch die eine Fütterung der Katzen entfiel. Trotzdem gilt auch für diese Katzen der Tierschutz. Umso mehr freue ich mich, dass Sie sich mit einem nicht näher benannten Tierschutzverein um die Katzen gekümmert haben. Ich würde hier auch meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass dies zeitnah nach der Zwangsräumung und nicht erst jetzt erfolgte. Grundsätzlich würde ich mich in diesem Fall gegen eine Umkehrung von Ursache und Wirkung wenden. Leider musste ich dies aber auch in zurückliegenden Konversationen mit Ihnen öfters feststellen. Das ist weder inhaltlich richtig noch angemessen.

Wenn Sie aber, um dann dieses Thema abzuschließen, grundsätzliche Bedenken über die Einhaltung des Tierschutzes auf dem Gelände des ehemaligen Milchhofs haben, steht Ihnen frei, diesen Vorgang zur Anzeige zu bringen. Bezüglich der Milchkühe dort hatten Sie solche Vorwürfe bereits mir gegenüber erhoben, wobei meine Nachfrage beim Senat dafür keinen Anhaltspunkt erbracht hat.

Für die Inbetriebnahme Ihrer Pferdepension erhoffe ich mir natürlich, dass Sie aufgrund der von Ihnen geschilderten Erfahrungen das Thema der Kastration zugelaufener Katzen im Blick behalten. In diesem Fall wäre für die verwilderten Katzen und die Vermeidung von Tierleid tatsächlich ein Gewinn zu verzeichnen.

Um abschließend auf Ihre Eingangspolemik zu antworten: Der Tierschutz hat in Deutschland einen Verfassungsrang und gemeinsam mit meiner Partei arbeite ich dafür, dass das auch ernstgenommen und eingehalten wird – ob beim Milchviehbetrieb oder einer Pferdepension, ob bei streunenden Katzen oder für Meerschweinchen. Welche parteipolitischen Interessen dem in Bezug auf streunende Katzen auf einem durch Ihr Handeln geschlossenen landwirtschaftlichen Betrieb entgegenstehen sollten, hat sich mir bei Ihrer Frage nicht erschlossen. Vielmehr denke ich, dass ein modernes Grundstücksverkehrsgesetz (wie es meine Fraktion vorgeschlagen hat) zukünftig Nutzungskonflikte wie den Ihren ausschliessen muss.

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