Frage an Stephan Jersch von Siegrun L. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Jersch,
ich frage Sie, weil Sie für kostenlosen Nahverkehr stimmten. Warum kann eine reiche Stadt wie Hamburg, die lt Internet 1000 Euro mehr Steuereinnahmen pro Bürger hat als Hessen, nicht schon jetzt wenigstens z.B. das 365 Euro Ticket auch für Senioren finanzieren, so wie es es in Hessen seit diesem Jahr gibt- und das mit einer viel größeren Reichweite?
Es gibt viele Menschen wie mich, die zwar offiziell noch dem Mittelstand angehören, de facto aber eher weniger zur Verfügung haben als z.B. ALG 2. Man muß viel Krankenkasse zahlen, Steuern, keine reduzierten Eintritte bei Kino, Theater usw., den vollen überteuerten HVV Preis von 6,80 Euro, wenn man mal in die City will und 4,80 Euro für eine kurze Fahrt nach Bergedorf. Das summiert sich alles.
Ich glaube, der Zulauf zur AfD kommt auch aus diesen Kreisen, die sich nur vom Staat abgezockt und nicht entlastet fühlen. Eine Bekannte sagte schon vor 30 Jahren: In diesem Staat mußt Du entweder ganz reich sein oder ganz arm, da wird man gesponsert, der Rest hat gelitten..
Freundliche Grüße
S. L.
Danke für Antwort
Sehr geehrte Frau L.,
herzlichen Dank für Ihre Frage und Ihr Anliegen das ich vollumfänglich
teile. Wir halten das 365-Euro-Ticket schon heute für finanzierbar und
sind von den wenig überzeugenden Trippelschritte der
Regierungskoalition, hin zu günstigeren Preisen im HVV, nicht besonders
angetan. Unsere Vorstellung zu einer dringend erforderlichen
Verkehrswende haben wir in unserem Wahlprogramm klar formuliert. Als
ersten Schritt fordern wir das 365 Euro-Ticket und Kostenfreiheit für
Schüler, Schülerinnen, Rentnerinnen und Rentner und Bezieher und
Bezieherinnen von Hartz IV und Sozialhilfe. Auch das wäre eine der
notwendigen Maßnahmen um der fortschreitenden sozialen Spaltung der
Stadt entgegenzuwirken. Mobilität ist ein zentraler Eckpfeiler unserer
Gesellschaft und darf Menschen nicht vorenthalten werden, sie muss für
alle leistbar werden. Da gebe ich Ihrem Bekannten recht. Bis 2025 wollen
wir dann generell den öffentlichen Personen Nahverkehr kostenlos
gestalten. Zuvor muss allerdings massiv in die Angebotsdichte und die
Fläche investiert werden. Busse und Bahnen sind schon heute, je nach
Strecke und Zeit, mit der Zahl der Nutzerinnen und Nutzer überfordert.
Unser Anspruch ist daher die von uns angestrebte Mehrnutzung rechtzeitig
im Angebot vorzusehen und nicht erst im Nachgang wieder hektisch zu
handeln. Mit einem derart ausgebauten Nahverkehr, neuen Linien und der
Einführung einer Stadtbahn (wir haben keine Zeit um auf neue
U-Bahnlinien zu warten) können wir auch dafür sorgen, dass Straßen
zurückgebaut und Zentren in Hamburg nur noch durch unbedingt notwendigen
privaten Verkehr (Krankentransporte, Handwerker oder Menschen mit
Mobilitätseinschränkungen) genutzt werden. Dieser Mehrwert aus mehr
leistbarer Mobilität und neuem, für Menschen verfügbaren Raum in der
Stadt, wäre nach unserem Dafürhalten ein überzeugendes Argument für
demokratische Stadtplanung und -gestaltung, den Klimaschutz und den
Schutz der Menschen vor Schadstoffen und würde auch Rechtsextremisten
die Grundlage für einen Teil ihrer Hetze entziehen. Die Verkehrswende
und der kostengünstige Nahverkehr wird auch in der nächsten
Legislaturperiode einer unserer politischen Eckpfeiler sein.
Für Rückfragen oder Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung und
hoffe Ihre Fragen bzw. Vorstellungen ausreichend beantwortet zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Jersch