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Stephan Harbarth
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Frage von Michael Adam K. •

Frage an Stephan Harbarth von Michael Adam K. bezüglich Wirtschaft

Sehr geehrter Herr Dr. Harbarth,

sicherlich haben Sie schon vom Protestaufruf der 172 Wirtschaftsprofessoren gehört - vielleicht haben Sie ihn auch schon gelesen. Falls nicht, anbei der Link:

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/protestaufruf-der-offene-brief-der-oekonomen-im-wortlaut-11810652.html

Glauben Sie wirklich das sich diese 172 Professoren täuschen die ja hiermit, gegen ihre betriebene Politik, opponieren?

Mit freundlichen Grüßen aus B.C.,

Michael A. Kimpel

ps. die Kanadier und viele Koreaner, mit denen ich hier zusammenarbeite, können gar nicht nachvollziehen das wir so viele Bürgschaften übernehmen.

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Kimpel,

vielen Dank für Ihre Anfrage über Abgeordnetenwatch zur Eurokrise. Die Entscheidungsfindung der Politik beim Krisenmanagement wird dadurch erschwert, dass auch die Wissenschaft keine nur annähernd eindeutigen Empfehlungen zu geben vermag. Die vergangenen Tage haben dies besonders eindrucksvoll illustriert. Kaum hatten die von Ihnen genannten Professoren um Herrn Sinn ihr Papier veröffentlicht, haben viele andere – nicht minder anerkannte – Hochschullehrer dem energisch widersprochen.

Da auch ein Abgeordneter nicht Experte für alle Fragen sein kann, ist er in besonderer Weise auf Expertenrat angewiesen. Wenn der Expertenrat jedoch in derart unterschiedliche Richtungen weist, wie dies vorliegend der Fall ist, muss die Politik sich notwendig entscheiden. Wenn Wissenschaftler in einigen Jahren oder Jahrzehnten feststellen, dass man sich heute besser anders entschieden hätte, hilft uns dies in der jetzigen Entscheidungssituation leider nur sehr wenig.

Aus meiner Sicht ist der grundsätzlich vorgesehene Mechanismus, Staaten konditioniert Überbrückungsdarlehen zur Verfügung zu stellen, wenn sie sich am Kapitalmarkt nicht mehr refinanzieren können, im Ansatz richtig. Dass dies so ist, belegt etwa das Beispiel Irland. Hätte man auf den Rettungsschirm-Mechanismus verzichtet, wäre Irland, das nach allgemeiner Einschätzung heute auf dem Weg der Gesundung ist, nie die Chance hierzu erhalten; Irland wäre längst pleite (mit weit reichenden Kollateralschäden).

Die eigentlich wichtige Frage ist, welchen Ländern man zu welchen Konditionen solche Darlehen zur Verfügung stellt. Insbesondere die Konditionierung – also keine Zusagen ohne Reformmaßnahmen – ist ein zentraler Bestandteil unserer Politik, der allerdings gerade von der Opposition immer wieder kritisiert wird.

Im Hinblick auf die ESM-Abstimmung ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Brüsseler Beschlüsse nicht Gegenstand der Abstimmung im Deutschen Bundestag waren, sondern dort nach gegenwärtiger Planung frühestens in einigen Monaten zur Abstimmung stehen werden.

Wenn dabei von unkalkulierbaren Belastungen für Deutschland gesprochen wird, dann sollte man bedenken, dass alle finanzwirksamen Entscheidungen im ESM der vorherigen Zustimmung des Bundestags bedürfen. Da die Entscheidungen im Gouverneursrat nur einstimmig bzw. mit einer Mehrheit von 85% der Stimmen getroffen werden können und Deutschland über 27% des ESM-Kapitals verfügt, kann der Bundestag jede Entscheidung des Gouverneursrats blockieren. Die Sorge, der ESM könne ohne parlamentarische Kontrolle Zahlungsverpflichtungen für Deutschland beschließen, ist also unbegründet. Das einzige, wozu wir uns auf Dauer verpflichtet haben, ist unser Anteil von 22 Milliarden Euro für den Kapitalstock des ESM und den Garantierahmen von 168 Milliarden Euro. Zunächst einmal wurde der „Rettungsschirm“ also nur aufgespannt, es haben aber noch nicht einzelne Länder darunter Platz nehmen können (die vorherigen Rettungen wurden noch unter dem EFSF durchgeführt).

Ob letztlich mit ESM und Fiskalpakt die dauerhafte Stabilisierung des Euro gelingt, kann niemand mit Sicherheit prognostizieren. Gerade für Deutschland wären jedoch die wirtschaftlichen und politischen Folgen eines Scheiterns unabsehbar (auch Herr Professor Sinn warnt eindringlich davor). Ein Ende des Euro wäre nicht nur eine Gefahr für unseren Export, ein Ende des Euro wäre zudem ein kaum mehr gutzumachender Rückschlag für die europäische Einigung.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Harbarth