Portrait von Stephan Harbarth
Stephan Harbarth
CDU
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Stephan Harbarth zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Florian O. •

Frage an Stephan Harbarth von Florian O. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Harbarth!

Im Zusammenhang mit dem Geschehnissen in Japan habe ich mich auf die Suche gemacht, wie man als Bürger zumindest versuchen kann auf das Politikgeschehen in Deutschland Einfluss zu nehmen.

Mit Erstaunen durfte ich feststellen, dass Sie als gewählter Vertreter des Volkes und junger Familienvater, in einer Abstimmung, bei der es um eine gewaltige Hypothek für die zukünftigen Generationen geht, nämlich der o.ä. Verlängerung von AKW-Laufzeiten, mit Ja gestimmt haben.

Ich frage Sie:

1. Mal abgesehen davon wie man die Risiken der Atomenergie einschätzt, wie können Sie es verantworten, dass zugunsten angeblicher sinkender Strompreise, für unsere Kinder und Enkel Kosten in Milliardenhöhe entstehen werden, für eine "sichere" Lagerung von Atommüll für viele Jahrtausende.

2. Warum lassen Sie es als gewählter Vertreter des Volkes, mit einem akademischen Grad und einer unterstellten gehobenen Bildung zu, dass zu Gunsten enormer Erträge des Oligopols der vier Energieriesen finanzielle Risiken auf den deutschen Bundeshaushalt zukommen werden, die die Bürgschaften des Eurorettungsschirms oder der Finanzkrise in den Schatten stellen.

3. Nicht zuletzt muss ich Sie auch noch fragen: Wie kann sich unsere Bundeskanzlerin als Wissenschaftlerin hinstellen und von einer Technologie, die man in definierten Parametern zu beherrschen glaubt, behaupten, dass diese sicher sei, auch Angesichts der Ereignisse in Japan, deren AKW zu den sichersten der Welt gehören, genau das Gegenteil mehr als offensichtlich ist.

Der Ausstieg aus der Atomkraft und ein mit finanziellen Anreizen beschleunigter Wechsel auf eine weitestgehend dezentrale Stromerzeugung mit regenerativen Energien sorgen für allgemeinen Wohlstand statt Reichtum weniger Konzerne, Innovation und Arbeitsplätze heute und in Zukunft statt Stagnation und Abwanderung von immer mehr Produktionsbetrieben ins Ausland. Und last but not least für einen guten Schlaf!

Mit freundlichen Grüßen

Florian Oess

Portrait von Stephan Harbarth
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Oess,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 13. März 2011.

Der Ausfall der Kühlsysteme im Kernkraftwerk Fukushima als Folge des Tsumanis hat jetzt eine bisher so nicht voraussehbare Kettenreaktion ausgelöst und Japan an den Rand einer nuklearen Katastrophe gebracht, deren Auswirkungen noch nicht absehbar sind. Wir können deshalb jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Risiken, die als absolut unwahrscheinlich galten, sind in Japan eingetreten. Das verändert die Lage und es musste gehandelt werden.

Die CDU-geführte Bundesregierung hat in Abstimmung mit den Regierungen in den Bundesländern, in denen sich Kernkraftwerke befinden, entschieden, die im Herbst vergangenen Jahres beschlossene maßvolle Laufzeitverlängerung der deutschen Kernkraftwerke für einen Zeitraum von drei Monaten auszusetzen. Grundlage für das von Ihnen kritisierte Moratorium bildet das so genannte Atomgesetz, der Rechtsverordnungen und der erteilten Genehmigungen. Diese Zeit soll einerseits zu einer gründlichen Überprüfung der Sicherheitsstandards in den Kraftwerken genutzt werden. Der Schutz der Menschen bleibt oberstes Gebot und im Zweifel hat immer die Sicherheit Vorrang.

Die sieben älteren, vor 1980 ans Netz gegangenen Kernkraftwerke, werden für die Dauer der Überprüfung abgeschaltet. Die zurzeit vom Netz getrennten jüngeren Kraftwerke, wie etwa das in Krümmel, werden während der Zeit der Überprüfung nicht wieder angefahren. Damit sind nun wesentlich mehr Kernkraftwerke vom Netz als dies nach der rot-grünen Beschlusslage der Vorgängerregierung der Fall gewesen wäre: Nach dem rot-grünen Konzept wären heute noch alle deutschen Kernkraftwerke mit Ausnahme von Neckarwestheim am Netz!

Wir wollen so schnell wie möglich das Zeitalter der erneuerbaren Energien erreichen. Jetzt gilt es, alle Möglichkeiten zu prüfen, wie die Kernenergie noch schneller als bisher geplant durch alternative Energieversorgung ersetzt werden kann. Dazu zählen Fragen des Ausbaus der Netze ebenso, wie die der Förderung der Energieeffizienz, der erneuerbarer Energien und der Entsorgung des nuklearen Abfalls, die von Rot-Grün sträflich vernachlässigt wurde. Der Ausstieg aus der Kernenergie muss mit Augenmaß geschehen. Ich halte zum Beispiel überhaupt nichts vom Vorschlag der SPD, zur Beschleunigung des Ausstiegs aus der Kernenergie neue Kohlkraftwerke zu bauen. Dies würde zu einem massiven Anstieg von CO2-Emmissionen mit den bekannten verheerenden Auswirkungen auf das Weltklima führen. Es ist unbestreitbar, dass dies gerade in den ärmeren Ländern der Welt zu Hungersnöten und sonstigen verheerenden Katastrophen führen wird. Solche Katastrophen durch einen Anstieg der CO2-Emmissionen herbeizuführen, halte ich ethisch für nicht vertretbar.

Niemandem kann ernsthaft daran gelegen sein, Kernkraftwerke in Deutschland stillzulegen und gleichzeitig Strom aus Ländern zu beziehen, in denen Strom in Kernkraftwerken mit niedrigeren Sicherheitsstandards gewonnen wird (die obendrein häufig in unmittelbarer Grenznähe zu Deutschland stehen). Wir brauchen in der gesamten EU hohe Sicherheitsstandards.

Wir wollen einen breiten gesellschaftlichen Konsens zur Sicherheit von Kernkraftanlagen, erneuerbaren Energien und damit verbundener Energiepreise, neue Speicher und Stromtrassen erreichen.

Mit freundlichen Grüßen

Stephan Harbarth