Stefan Wenzel
Stefan Wenzel
Bündnis 90/Die Grünen
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Frage von Dagmar T. •

Frage an Stefan Wenzel von Dagmar T. bezüglich Soziale Sicherung

Sehr geehrter Herr Wenzel,

Im Mai wurde der Zwischenbericht über dringend notwendige Verbesserungen der Lebenssituation Contergangeschädigter veröffentlicht, in welchem eklatante Versorgungsdefizite festgestellt wurden:
- Die in erhebl. Maß auftretenden, äußerst schmerzhaften Folgeschäden, die zu massiven Einschränkungen der Lebensqualität der Conterganopfer führen
- Die gravierende Benachteiligung bzgl. der Erwerbsbiografie (Viele sind schon jetzt voll erwerbsgemindert und erleiden allein hierdurch weit über die Conterganrente hinausgehende lebenslange finanzielle Nachteile)
- Die gängige Nicht-/Unterversorgung von Contergangeschädigten mit Heil-/Hilfsmitteln, zahn-/medizinischen und therapeutischen Maßnahmen
Ich selber bin ebenfalls betroffen. Noch arbeite ich, aber auch ich werde nicht das Renteneingangsalter erreichen und muss mit dramatischen Rentenabschlägen rechnen!
Ein hoher Preis, den ich neben körperl. Einschränkungen und tägl. Schmerzen dafür zahle, dass es gem. BVerfG dem Gesetzgeber obliegt darüber zu wachen, dass die Leistungen der übernommenen Verantwortung gerecht werden.
Stattdessen werde ich ständig auf meine anrechnungsfreie Conterganrente verwiesen, um schädigungsbed. Defizite zu finanzieren. Dabei bringe ich bereits jetzt neben der Rente einen stetig steigenden Teil meines Gehalts hierfür auf. Und das, obwohl die Bundesrepublik die Haftungsverantwortung vollumfänglich übernommen hat, ihrer Verpflichtung bis heute jedoch nur unzureichend nachkommt, wie auch der internat. Vergleich der Leistungen an Contergangesch. belegt.
Natürl. kann man mit Geld die Schmerzen nicht aufwiegen, aber es könnte uns helfen, ein menschenwürdiges Dasein abseits derzeit vorprogrammierter Altersarmut zu führen.
Meine Frage an Sie:
Was werden Sie/Ihre Fraktion tun, um diese Missstände angemessen/menschenwürdig zu ändern? Werden Sie sich persönlich für eine angemessene Entschädigung (z.B. im Sinne des Antrages der Linken Partei) einsetzen?
M. freundl. Grüßen,
D. Tapken

Stefan Wenzel
Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrte Frau Tapken,

vielen Dank für Ihre E-Mail.

Mit der von Ihnen angesprochenen Problematik befasst sich der Deutsche Bundestag. Ich möchte daher zur Beantwortung Ihrer Frage aus einer Stellungnahme der zuständigen Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen zitieren, die sich mit diesem Thema intensiv befasst:

"Die Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen hat sich entschieden, keinen eigenen Antrag zum Thema Contergan einzubringen, sondern den interfraktionellen Dialog abzuwarten und dort auch die Forderungen der Geschädigten einzubringen. Wir gehen davon aus, dass es die Koalition ernst meint mit ihrer Aussage, noch in dieser Legislatur eine Erhöhung der Renten zu erwirken.
Bevor wir entscheiden, wie wir uns zu dem Antrag der Linksfraktion verhalten werden, möchten wir die Anhörung und die Diskussion mit den anderen Fraktionen abwarten. Der Antrag der Linksfraktion wurde am 25. Oktober in erster Lesung im Bundestag behandelt. Die Ausschussberatungen und abschließende Lesung stehen noch bevor. Darüber hinaus wird Anfang nächsten Jahres eine Anhörung zu diesem Thema stattfinden. Zweifellos greift die Linksfraktion in ihrem Antrag die Anliegen und Forderungen der Betroffenen auf. Das begrüßen wir, auch wir stehen regelmäßig im Kontakt mit verschiedenen Interessenverbänden Contergangeschädigter. In strategischer Hinsicht bewerten wir den Antrag allerdings kritisch. Angesichts von Forderungen wie zum Beispiel der, dass 30 Prozent des Jahresgewinns des Unternehmens Grünenthal an die Conterganstiftung abgeführt werden sollen, ist eine Ablehnung des Antrags durch die Koalitionsfraktionen absehbar. Das hilft den Betroffenen nicht weiter. Wir machen uns seit vielen Jahren engagiert dafür stark, dass contergangeschädigte Menschen endlich angemessen entschädigt werden. Um dies zu erreichen und dabei auch die Vorstellungen der Betroffenen einbringen zu können, scheint uns eine Verständigung aller Fraktionen strategisch sinnvoller. Wir möchten den Schadensausgleich zügig verbessert und regelmäßig überprüfen. So ist es beispielsweise bereits jetzt möglich und notwendig, Renten für die Betroffenen zu erhöhen. Auch die Firma Grünenthal sollte sich an der Finanzierung des Schadenausgleichs beteiligen. Sie ist dazu rechtlich leider nicht verpflichtet, steht aber selbstverständlich in einer moralischen Verpflichtung. Über eine zügige Erhöhung der Renten hinaus müssen wir weiter darüber sprechen, in welcher Höhe den Geschädigten eine finanzielle Kompensation für den Verlust an Lebensqualität geleistet werden kann. Wir werden uns für eine solche Kompensation stark machen. Wir gehen davon aus, dass diese inhaltlich gerechtfertigte Forderung gegenüber den Koalitionsfraktionen in dieser Legislatur nicht durchsetzbar sein wird. Wie hoch eine solche zusätzliche Zahlung ausfallen sollte, darüber gehen die Meinungen auseinander. Wir müssen hier zu einer Lösung kommen. Den Ärger der Betroffenen darüber, wie lange nichts oder zu wenig getan wurde, können wir gut nachvollziehen. Deshalb muss der Deutsche Bundestag nun zügig einen Beschluss fassen, der Ihnen ein Leben in Würde ermöglicht. Dafür setzen wir uns weiterhin ein. Noch einige Worte zum weiteren parlamentarischen Prozess: Wie bereits erwähnt, wird der Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Anfang nächsten Jahres eine Öffentliche Anhörung zu diesem Thema durchführen. Ein Termin für diese Anhörung steht noch nicht fest. An einer Öffentlichen Anhörung können Interessierte als Zuhörerinnen und Zuhörer teilnehmen. Sie müssen sich dazu im Sekretariat des Familienausschusses anmelden. Die Kontaktdaten finden Sie auf den Internetseiten des Bundestages. Inhaltlich äußern dürfen sich wie bei jeder anderen Öffentlichen Anhörung nur diejenigen, die von den Fraktionen als Sachverständige eingeladen wurden. Die Zahl der Sachverständigen steht bisher noch nicht fest, ebenso wenig ist geklärt, wer eingeladen wird. Im Rahmen der Anhörung selbst werden keine Entscheidungen getroffen, dort werden die Sachverständigen befragt. Es ist davon auszugehen, dass nach der Anhörung interfraktionelle Gespräche stattfinden werden, in denen über einen Gesetzentwurf in dieser Frage entschieden wird. Diese Gespräche werden nicht öffentlich stattfinden."

Ich hoffe, dass ich Ihre Fragen beantworten konnte und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Stefan Wenzel

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