Frage an Stefan Evers von Ines E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Kleist erschoss sich wegen prekären Arbeitsbedingungen, van Gogh auch. Künstlerische Arbeiten wurden/werden Kulturgut, lokal und weltweit. In Berlin steht infolge der Landespolitik eine soziale Mauer. Fragen blieben:
Warum entschieden Politiker, dass die Erhöhung des Kulturetats in Berlin nur Angestellten, die jeden Monat Tariflöhne erhalten, keinen freischaffenden Künstlern/Kreativen (die ums Existenzminimum kämpfen müssen!) nutzen soll?
Warum verweigern Berliner Politiker Geringverdienern/Wohngeldempfängern einen Sozialpass, der Teilhabe am kulturellen leben ermöglichen soll, auch wenn sie nachweislich weniger Geld zur Verfügung haben als den Hartz4Satz, aber aus Kraftgründen nicht zusätzlich ins Hartz4System wollen?
Warum gibt es in Berlin keine spezialisierten Jobcenter, so dass u.a. Künstler/Kreative fachkompetent beraten würden?
Warum werden in Berlin Bürger, die respektiert arbeiten, nicht vor Psychoterror und Sanktionsdrohungen beschützt, wenn sie nur Mitspracherechte über Arbeitsinhalte und Arbeitsbedingungen einfordern? Vor den Hartz4Gesetzen hatten Künstler -als Gegenleistung der Gesellschaft- zumindestens Anspruch auf eine schikanefreie Solzialhilfezahlung, wenn sie trotz respektierter Arbeit in Deutschland in Armut leben mussten.
Sehr geehrte Frau Eck,
haben Sie vielen Dank für Ihre Fragen, die ich wie folgt beantworte:
1.
Es besteht weiterhin eine stabile finanzielle Zuwendung an die Freie Szene Berlins in Höhe von ca. 10 Millionen Euro pro Haushaltsjahr. Zudem werden in den aktuell laufenden Haushaltsverhandlungen Sachverhalte und neue Zuwendungsbeschlüsse diskutiert, von denen wir uns eine Erhöhung der Zuschüsse für die Freie Szene erhoffen. Aus diesen und möglichen anderen Einnahmen der Freien Träger erhalten auch freischaffende Künstler ihre Vergütungen. Nicht das Land Berlin sondern die Träger gestalten die vertraglichen Verhältnisse u.a. auch für Honorare freischaffender Künstler.
2.
Der sog. Berlinpass steht Personen zu, die in Berlin ihren Hauptwohnsitz haben und Transferleistungen wie Arbeitslosengeld II, Grundsicherung nach dem SGB XII, Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Diese Leistungen dienen der Sicherung des Lebensunterhalts und haben somit auch Auswirkungen auf alle Lebensbereiche.
Wohngeld ist aber ein ausschließlicher Zuschuss zur Miete, also zweckgebunden, woraus sich kein Anspruch auf sonstige Vergünstigungen ableiten lässt. Geringverdiener haben bis zu einer bestimmten Einkommenshöhe die Möglichkeit, ergänzende Leistungen nach dem SGB II zu beziehen, womit sie auch Anspruch auf einen Berlinpass erwerben.
Grundsätzlich muss der Anspruch in jedem Einzelfall belegt werden, werden die Leistungen doch aus Steuermitteln, also von der Solidargemeinschaft finanziert.
3.
Das Sozialgesetzbuch II betont, dass die Jobcenter erwerbsfähige Hilfebedürftige umfassend mit dem Ziel der Eingliederung in Arbeit unterstützen sollen. Das bedeutet, dass eine gesetzlich normierte weit gehende Beratungs- und Aufklärungspflicht besteht.
Die Berliner Jobcenter bieten ein sehr umfangreiches Beratungsangebot an, das sicherlich nicht Spezialisten für jeden Einzelfall vorhält, aber doch einen guten Querschnitt abdeckt. Darüber hinaus zusätzliche Spezialjobcenter für einzelne Berufsgruppen einzurichten, würde sicherlich wenig zielführend sein. Daraus ergäbe sich nicht nur ein immenser Mehrbedarf an Investitionen, sondern würde auch eine nicht erwünschte Dezentralisierung der weiteren Aufgaben der Jobcenter zur Folge haben.
4.
Ich gehe davon aus, dass in den Jobcentern kein „Psychoterror“ gegenüber Leistungsempfängern betrieben wird. Wann Sanktionen verhängt werden, ist in den §§31 und 31a SGB II geregelt. Dies ist hauptsächlich dann der Fall, wenn Sie Ihre Auskunftspflichten verletzen, keine Eigenbemühungen erkennen lassen oder sich weigern eine zumutbare Arbeit aufzunehmen.
Wenn ungerechtfertigt Sanktionen verhängt werden sollten, wovon grundsätzlich nicht auszugehen ist, steht es Ihnen frei, Rechtsmittel (z.B. Widerspruch, Klage vor dem Sozialgericht) einzulegen.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Evers
Mitglied des Abgeordnetenhauses