Waffenlieferung in die Ukraine: Wo sehen Sie da Ihren Weg?
Lieber Herr Jurk,
auch ich finde, dass diplomatische Lösungen oberste Priorität haben sollte.
Gleichzeitig finde ich es schwierig, wenn man das Selbstverteidigungsrecht der Ukrainer und ihren Wunsch nach Demokratie unterstützt, keine Waffen zu liefern. Denn hätten sie diese Wagfen nicht, dann hätte Putin erfolgreich die Ukraine annektiert.
Ich finde, dass beides notwendig ist. Und wenn man auf die jetzigen Verhandlungen schaut, dann wird wahrscheinlich die Ukraine von der USA wirtschaftlich annektiert. Wo sehen Sie da Ihren Weg?
Mit 97% stimme ich mit den bei Abgeordnetenwatch angegebenen Themen überein. Habe noch große Problem mit der Haltung der Linken zum Ukrainekrieg
Freu mich sehr, dass die Linke von der Migrationsdebatte die die anderen Parteien von der AFD übernommen hat, nicht folgt.
Bin gespannt auf Ihre Antwort.
Danke und liebe Grüße Matthias F.

Lieber Herr F.,
Ihre Frage ist absolut berechtigt, weil "keine Waffenlieferungen" als Erklärung natürlich zu kurz ist und ausformuliert werden muss. Die kurze Antwort meinerseits ist aber eindeutig: keine Waffenlieferungen!
Ich gehe von der Prämisse aus und bin überzeugt davon, dass dieser Krieg hätte verhindert werden können. Von der "Orangenen Revolution" 2004 zu dem ausgewachsenen Krieg 2022 ist viel passiert, auch mit vielen Fehlentscheidungen bzw. bewussten Inkaufnahmen der Risiken durch den Westen, namentlich durch die USA als den mit Abstand dominantesten Akteuer der NATO. Dazu hatte ich schon einiges geschrieben und verweise freundlich auf die ausführliche Antwort auf die Frage in meinem Profil "Wie bewerten Sie die Verantwortung verschiedener Parteien zum Krieg Ukraine-Russland?".
Bezugnehmend auf Ihre konkrete Frage sind wir nach bald 3 Jahren Waffenlieferungen in einer Situation, die kaum schlechter für die Menschen in der Ukraine, die staatlichen Strukturen und die Souveränität der Ukraine sein kann. Natürlich kann man darüber spekulieren wie es wäre, wenn "Putin erfolgreich die Ukraine annektiert" hätte, aber der Fokus auf Abschreckung durch militärische Aufrüstung vor 2022, hängt meiner Beurteilung nach mit dem Angriff Russlands zusammen. Auch die Verhandlungen in Istanbul zu Beginn des Krieges, hätten zu einem besseren Ergebnis geführt, als es sich aktuell abzeichnet. In beiden genannten Phasen hat es an ernst gemeinter Diplomatie gefehlt bzw. hat man das militärische Vorgehen vorgezogen. Wenn man also die aktuelle Lage in der Ukraine betrachtet, dann ist das, stellt man die moralischen und völkerrechtlichen Argumente kurz bei Seite, das Resultat einer falschen politischen Entscheidung. Keine Waffenlieferung wird etwas an der aktuellen Situation ändern können. Genau das hat auch Trump erkannt und weil es für die USA in der Ukraine nichts mehr zu holen gibt außer die wirtschaftliche Ausbeutung, wird sie fallengelassen wie eine heiße Kartoffel (im Übrigen auch nicht das erste Mal, dass die USA so vorgehen). Und das ist natürlich nur möglich, weil die Ukraine in eine nahezu vollständige Abhängigkeit der USA gekommen ist. Ich finde, auch hier kann man nicht ernsthaft von Freiheit und Demokratie sprechen.
Hätte die EU und die Biden-Regierung frühzeitig ernst gemeinte diplomatische Bemühungen unternommen, z.B. in Zusammenarbeit mit den afrikanischen Ländern, Brasilien und China, wären wir jetzt vielleicht in einer für die Ukraine glücklicheren Situation, weil bereits gut ausgearbeitete Pläne bestünden oder ein Friedensabkommen vor der US-Wahl geschlossen worden wäre und Russland gar kein Interesse hätte, mit der Trump-Regierung zu verhandeln. Im Bestenfall wäre es bereits in Instanbul zu einem Friedensschluss gekommen, wenn wir von einem Szenario ab Februar 2022 reden. Sie sehen vielleicht das Dilemma, wenn diplomatische Lösungen nicht höchste Priorität haben: früher anzufangen zeigt sich im Nachhinein stets als bessere Option.
Waffenlösungen sind immer die Ultima-Irratio, und das nicht nur aus moralischen Gründen. Es gibt dazu sehr viel zu sagen aber ich hoffe, Ihnen eine von vielen Perspektiven "meines Weges" aufgezeigt zu haben, warum ich klar zu der Aussage stehe: keine Waffenlieferungen!