Frage an Sören Bartol von M. B. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Bartol,
folgende Frage treibt mich nun schon länger um: Was kann die Politik tun, um den Problemen, die mit der strukturellen Arbeitslosigkeit einhergehen und sich insbesondere an den verheerenden Folgen der Hartz 4 Gesetzgebung ablesen lassen, etwas entgegen zu setzen?
Bisher sehe ich da nicht viel an Lösungen, die die Politik anbietet. Mit dem Slogan "Sozial ist was Arbeit schafft", betreiben die Parteien eine Augenwischerei, da sie genau wissen, dass Unternehmen in erster Linie wirtschaftlich und nicht sozial handeln. Die strukturelle Arbeitslosigkeit steigt trotzdem weiter, auch wenn manche heute wieder von Vollbeschäftigung schwafeln. Ich frage mich für wie blöd man die Bürger dieses Landes eigentlich hält. Die Realität sieht anders aus, das sollten selbst die Leute, die solchen Unsinn in die welt setzen gemrkt haben.
Das Arbeitsplatzargument wird nicht zuletzt in jeder Debatte als Totschlagargument benutzt, um Veränderungen zu verhindern.
Als Bürger diese Landes würde ich mir wünschen, dass die Politik die öffentliche Diskussion zum bedingungslosen Grundeinkommen mehr zur Kenntnis nimmt. Es handelt sich um einen Vorschlag, der gesellschaftlich breit diskutiert wird und ein realistische Alternative, so man denn gewillt ist etwas zu verändern, zum bestehenden Hartz 4 System darstellt.
Das bedingungslose Grundeinkommen ist ein andere Form des Sozialstaats, die mit der Selbstverantwortung des Bürgers ernst macht und keine pädagogischen-bevormundende und in sich völlig widersprüchliche Sozialhilfe (ALG II), wie es heute der Fall ist.
Wie sieht es in der SPD mit der Debatte über Alternativen zu Hartz 4 aus? Oder bleibt die SPD an ihrer Agenda 2010 kleben?
Mit freundlichen Grüßen
M. B.
Sehr geehrter Herr Blindenhöfer,
vielen Dank für Ihre Frage. Vorweg: Die arbeitsmarktpolitische Diskussion in der SPD ist nicht bei Hartz IV stehen geblieben, die zum Teil negativen Auswirkungen der Reformen wie z.B. die Ausweitung der Leiharbeit haben wir intensiv diskutiert und in den vergangenen Jahren Konzepte wie "Fairness auf dem Arbeitsmarkt" zu Eindämmung prekärer Leiharbeitsverhältnisse vorgelegt. Ich stimme Ihnen zu: Die Formel "Sozial ist was Arbeit schafft" greift zu kurz. Nicht nur die sich verfestigende Langzeitarbeitslosigkeit gering Qualifizierter, sondern gerade auch die zunehmende Zahl prekärer, befristeter, gering entlohnter Arbeitsverhältnisse zeigt, dass es um mehr gehen muss: um Brücken in den ersten Arbeitsmarkt und um existenzsichernde Arbeitsverhältnisse. Die SPD hält deshalb an dem Ziel flächendeckender Mindestlöhne fest und tritt dafür ein, die aktive Arbeitsmarktpolitik nicht zu kürzen - wie die Bundesregierung es massiv tut - sondern zu stärken. Wir wollen eine zielgerichtete Arbeitsmarktpolitik, die Langzeitarbeitslosen neue Chancen öffnet, Bildung und Qualifizierung in den Mittelpunkt rückt und die Prekarisierung von Arbeit verhindert. Wir fordern z.B. einen Rechtsanspruch auf Ausbildung sowie auf nachholende Qualifizierung im Unternehmen. Perspektivisch soll die Arbeitslosenversicherung zur Arbeitsversicherung weiterzuentwickeln, die der Sicherung der Beschäftigungsfähigkeit dient und ein Recht auf Bildung und Weiterbildung begründet. Wir wollen zudem öffentlich geförderte Beschäftigung ausbauen: Sie eröffnet vor allem Langzeitarbeitslosen mit mehrfachen Vermittlungshemmnissen neue Perspektiven auf Teilhabe am Arbeits- und Sozialleben. Wir fordern deshalb, die öffentlich geförderte Beschäftigung gesetzlich neu zu regeln und die Fördermöglichkeiten zu erweitern. Das Thema Grundeinkommen halte ich für interessant, es wird auch bei uns diskutiert. Vorrangig ist aus meiner Sicht allerdings, Bildungschancen zu verbessern und Menschen Chancen auf existenzsichernde Arbeit zu eröffnen.
Mit freundlichen Grüßen
Sören Bartol, MdB