Frage an Silke Launert von Brigitte S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dr. Launert,
Sie schreiben hier am 18.12.2015 im Zshg. mit denkbaren gesetzlichen Regelungen pro Videografie von Untersuchungsgesprächen, die Psychiater oder auch Dipl. Psychologen mit Probanden führen: "Gerade das Gespräch mit Sachverständigen/Psychiatern erfordert einen geschützten Bereich, in dem sich beide öffnen können und nicht beobachtet fühlen. Auch dieser Schutz trägt maßgeblich zum Erfolg eines Gutachtens bei." und "Zudem ist häufig das ärztliche Schweigerecht betroffen." (1)
Ich verstehe das noch nicht:
1. Inwiefern soll sich denn auch ein Sachverständiger "öffnen"? Soll er Daten über sich preisgeben, die vom Probanden grundsätzlich geheim zu halten sind? Wo kann man das bitte nachlesen?
2. Meinen Sie mit dem "ärztlichen Schweigerecht" das Recht - bzw- die Pflicht- des Arztes bzw. des Dipl.- Psychologen, im Gutachten über solche Tatsachen zu schweigen, die ihm zwar im Rahmen der Begutachtung anvertraut oder sonst bekannt wurden, die aber nicht zu der Beantwortung der Beweisfragen beitragen können? Muß der Gutachter zu solchen Tatsachen wirklich schweigen bzw. wegen der Schweigepflicht eine Videodokumentation ablehnen, wenn sich der Proband im Zustand des informierten Einverständnisses mit einer Video-Aufzeichnung einverstanden erklärt hatte?
3. Gibt es überhaupt - in Ihrer Antwort eingeflossene- Untersuchungen zu der Frage des angeblichen Erfordernisses eines "geschützten Raumes", in dem sich Psychiater "nicht beobachtet fühlen". Für diesen Fall bitte ich Sie um Übersendung der zitierfähigen bibliografischen Angaben, weil mir bekannt ist, daß Psychotherapeuten (Ärzte, Psychologen) während ihrer Ausbildung Untersuchungs- / Behandungsgespräche (mit Einverständnis der Patienten) aufzeichnen und dann mit Supervisoren besprechen wegen der Qualitätssicherung bzw. - Verbesserung.
Mit frdl. Grüßen
B. Schneider
AG Recht/Psychiatriemißbrauch
1) http://www.abgeordnetenwatch.de/dr_silke_launert-778-78618--f446201.html#q446201
Sehr geehrte Frau Schneider,
vielen Dank für Ihre Fragen vom 2. Januar.
Zu Ihrer ersten Frage: Mit „sich öffnen“ ist nicht gemeint, dass der Sachverständige Daten oder Informationen über sich preisgeben soll. Es geht vielmehr darum, eine Gesprächsatmosphäre zu schaffen, in der der Sachverständige einen möglichst authentischen Eindruck vom Probanden gewinnen kann.
Zu Ihrer zweiten Frage: Wenn beide, Sachverständiger und Proband, einverstanden sind, ist heute bereits eine Videodokumentation zulässig. In diesem Fall umfasst das Einverständnis in die anschließende gerichtliche „Verwertung“ der Aufzeichnung natürlich, dass das Gericht von allen Gesprächsinhalten Kenntnis erlangt.
Zu Ihrer dritten Frage: Ich denke nicht, dass man die Aufzeichnung während eines Gesprächs zwischen einem Sachverständigen und einem Probanden mit der Aufzeichnung eines Gesprächs zwischen einem Arzt bzw. Psychologen in Ausbildung und eines Patienten vergleichen kann. Selbstverständlich ist den Beteiligten in beiden Fällen die Tatsache der Aufzeichnung bewusst. Was die Fälle aber unterscheidet, ist der Grund der Aufzeichnung. Und auch dieser ist den Beteiligten durchaus bewusst und führt zu einem erheblichen Unterschied.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Silke Launert, MdB