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Silke Launert
CSU
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Frage von Stefan K. •

Wieso behaupten Sie bzw. die CDU/CSU entgegen der Aussagen des NRW Innenministeriums und des BKA, dass die Cannabis Teil-Legalisierung negative Auswirkungen auf die Organisierte Kriminalität hätte?

Sehr geehrte Frau Launert,

Prof. Haucap hat nachgefragt: Dem Innenministerium NRW liegen weder Daten zu einem vermeintlich angestiegenen Cannabis Konsum noch zu angestiegenen Straftaten vor.

https://x.com/haucap/status/1844031332143517826

Auch das BKA widerspricht Ihren Ausführungen im Bundestag vom 15.11. in der Cannabis Debatte:

"Auf Anfrage von Zeit-Online bestätigt das BKA: "Ein Zusammenhang zwischen den Aktivitäten niederländischer Banden und der Legalisierung von Cannabis in Deutschland ist bis dato nicht feststellbar. [...] Das BKA rechnet sogar damit, dass der illagale Handel mit Cannabis abnehmen wird, sobald sich die sogenannten Cannabisclubs etabliert haben (...)"

https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-10/organisierte-kriminalitaet-koeln-mocro-mafia-rocker-cannabis

Wieso verbreiten Sie entgegen dieser Tatsachen solche Unwahrheiten im Bundestag?

Wollen Sie aufgrund falscher Tatsachen 5 Mio Konsumenten wieder kriminalisieren?

MIt freundlichen Grüßen!

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Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Anfrage zu den Auswirkungen der Cannabislegalisierung und deren Zusammenhang mit der gestiegenen (Drogen-)Kriminalität. 

Die bisherigen Zahlen der Bayerischen Polizei und die Erfahrungen seit Einführung des Cannabisgesetzes zeigen deutlich, dass der Handel mit Cannabis weiterhin – teilweise sogar in sehr erheblichem Umfang – stattfindet. Der Schwarzmarkt wurde keineswegs ausgetrocknet, sodass eines der erklärten Ziele der Bundesregierung klar verfehlt wurde. Unsere Befürchtungen haben sich damit nicht nur bestätigt, sondern die aktuelle Entwicklung bestärkt vielmehr unsere Haltung, dass eine noch weitreichendere Legalisierung, wie etwa der Verkauf in lizenzierten Geschäften, keine Option sein kann. Stattdessen halten wir es für dringend erforderlich, den Umgang mit Cannabis zu verbieten, um insbesondere auch den Schutz von Jugendlichen deutlich zu verbessern.

 

In Bayern (Quelle: IGVP, Stand: 30.10.2024) gab es zwischen dem 01.04.2024 und dem 30.09.2024 (Halbjahreszeitraum) 3.996 erfasste Anzeigenvorgänge (Ordnungswidrigkeiten wie auch Straftaten) mit Bezug zum Konsum- bzw. Medizinalcannabisgesetz (§§ 34 KCanG, § 36 KCanG, § 25 MedCanG, § 27 MedCanG). Dabei wurde 1.038 Mal der Handel mit Cannabis als Delikt registriert. Die hohe Anzahl belegt deutlich, dass der Schwarzmarkt nicht ausgetrocknet wurde. 

 

Eindrucksvoll wird dies auch von den bisherigen Sicherstellungsmengen bestätigt: Im Zeitraum vom 01.04.2024 bis zum 30.09.2024 (Halbjahreszeitraum) wurden bisher rund 163 kg Marihuana und 79 kg Haschisch durch die Bayerische Polizei sichergestellt (Quelle: IGVP, Stand 28.10.2024). 

 

In die von der Ampel-Regierung durch ihr Gesetz geschaffenen erweiterten Markt sind wie zu erwarten kriminelle Akteure vorgestoßen. Diese sehen nun eine Gelegenheit, weiterhin illegal Cannabis zu verkaufen und Marktanteile zu sichern – oftmals mit Gewalt. Hiervor hatten Fachexperten ausdrücklich bereits im parlamentarischen Verfahren gewarnt. (siehe unter anderem die Stellungnahmen des Bundes Deutscher Kriminalbeamter und des Deutschen Richterbundes, abrufbar unter:

https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/dokumente/bund_20231119_stellungnahme-zum-entwurf-des-cang.pdf;

https://www.bundestag.de/resource/blob/974708/03d38bd7c04a24c042b873d98879c269/20_14_0154-17-_Deutscher-Richterbund_Cannabis_nicht-barrierefrei.pdf)

Hinzu kommt, dass das Cannabisgesetz die Möglichkeiten der Strafverfolgungsbehörden massiv einschränkt. Da Cannabis aus dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG) herausgenommen wurde, können dessen Vorschriften bei Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis nicht mehr angewendet werden. Gleichzeitig sieht das Gesetz keine hinreichenden Anpassungen beziehungsweise Ergänzungen der Strafprozessordnung (StPO) vor. Dies betrifft zentrale Instrumente zur Aufklärung von Rauschgiftkriminalität, einschließlich der Verwertung von Zufallsfunden, wie etwa entschlüsselter Kommunikation über Krypto-Telefonie (z. B. Encrochat). Diese Einschränkungen gelten unabhängig von der Menge des sichergestellten Cannabis und machen Ermittlungen erheblich schwieriger bis unmöglich. 

Um ein konkretes Beispiel zu nennen: So musste das Landgericht Mannheim nur wenige Tage nach Inkrafttreten der gesetzlichen Neuregelung einen Verdächtigen freisprechen, der 450 Kilogramm Cannabis geschmuggelt hatte. Die Beweise aus der Encrochat-Überwachung durften nach der neuen Rechtslage nicht verwendet werden. Das ist ein fatales Signal. Denn Cannabishändler, welche den aufgrund der Legalisierung wachsenden Markt bedienen, haben damit keine ernsthaften polizeilichen Ermittlungen und folglich auch keine Strafverfolgung mehr zu befürchten. Dies stellt einen erheblichen Anreiz für solche Täter dar, ihr kriminelles Geschäft nach Deutschland zu verlegen.

Ein besonders alarmierender Vorfall war ferner die Geiselnahme in Köln, bei der schwer bewaffnete Kriminelle versucht haben, durch Folter Informationen über gestohlene 300 Kilogramm Marihuana zu erpressen. Solche Ereignisse verdeutlichen, dass die illegalen Strukturen nicht nur bestehen bleiben, sondern sich sogar verschärfen und dass mitnichten allein der Handel mit Kokain oder synthetischen Drogen Teil des illegalen Geschäftes der Organisierten Kriminalität ist. Die Polizei konnte im vorliegenden Fall die Geiseln zwar befreien, musste die Täter jedoch laufen lassen, um Unbeteiligte nicht zu gefährden – ein weiteres Zeichen, wie schwierig die Bekämpfung dieser Kriminalität geworden ist.

Auch der Blick ins Ausland zeigt, dass die Legalisierung von Cannabis nicht dazu führt, den illegalen Markt auszutrocknen. Vielmehr entwickeln kriminelle Organisationen Ausweichstrategien, etwa durch den Handel mit anderen Drogen oder durch gezielte Ansprache von Jugendlichen.

Hinzu treten die gravierenden gesundheitlichen Folgen des Gesetzes, insbesondere für Jugendliche und junge Erwachsene. Vor allem junge Menschen unter 25 Jahren sind durch den Konsum von Cannabis besonders gefährdet, da sich ihr Gehirn noch in der Entwicklung befindet. Studien belegen, dass intensiver Cannabiskonsum nachteilige Auswirkungen auf kognitive Fähigkeiten wie Gedächtnis, Lernen, Aufmerksamkeit, Problemlösung, Denkfähigkeit und Intelligenz haben kann. Darüber hinaus besteht bei empfindlichen Personen ein dosisabhängiges Risiko für die Entwicklung von Depressionen, Suizidgedanken, bipolaren Störungen, Angststörungen sowie einem zusätzlichen Missbrauch von Alkohol und anderen Drogen. Cannabiskonsum kann außerdem bei anfälligen Personen Psychosen hervorrufen und den Verlauf bereits bestehender schizophrener Psychosen verschlimmern (siehe hierzu auch die Stellungnahmen der Bundesärztekammer und der Bundespsychotherapeutenkammer):

https://www.bundestag.de/resource/blob/974438/821ee52941b81ab9ee546a780efbb224/20_14_0154-11-_Bundesaerztekammer_Cannabis.pdf

https://www.bundestag.de/resource/blob/973274/5690fbef03051ed711a7962e002267e6/20_14_0154-1-_Bundespsychotherapeutenkammer-BPtK-_Cannabis_nicht-barrierefrei.pdf)

 

Aus all diesen Gründen gehört unserer Ansicht nach die Legalisierung von Cannabis daher wieder abgeschafft.

Ich hoffe, ich konnte Ihnen meine Sichtweise hinreichend darlegen.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Silke Launert

Mitglied des Deutschen Bundestages

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