Frage an Sebastian Hartmann von André J. bezüglich Finanzen
Sehr geehrter Herr Hartmann.
Ich möchte sie gerne bitten, mir ihren persönlichen und den Standpunkt ihrer Partei zur Änderung des §20 EStG und die damit geplanten Änderungen für private Anleger mitzuteilen. Ist ihnen bewusst, das mit dieser Änderung nicht nur die Übertragbarkeit von Verlusten auf Folgejahre eingeschränkt wird, sondern auch die unterjährige Verlustverrechnung auf diesen Betrag von EUR 10.000 begrenzt wird. Es kann (und wird) damit zu der Situation kommen, das man mehr Steuern zahlen muss, als man Gewinn erzielt hat!
https://boerse.ard.de/anlagestrategie/steuern/verlustverrechnung-fuer-te...
https://www.meetingpoint-brandenburg.de/neuigkeiten/artikel/60661-Brande...
Auch bitte ich um eine kurze Stellungnahme zu der Problematik der Progressivität unserer starren Einkommenssteuertarifes. Sie setzen sich ja immer für eine gerechtere Steuerpolitik ein. Allerdings möchten sie dabei die 'Spitzenverdiener' mehr besteuern. Aber wie kann es sein, das heute selbst ganz normale Arbeitnehmer (z.B. bei den Autobauern) häufig den Spitzensteuersatz zahlen. Gehört man in diesem Land zu den wohlhabenden Millionären, wenn man gerade mal das 1,5 fache des Durchschnittsverdienstes erhält?
Vielen Dank für ihre geschätzte Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Sehr geehrter Herr Jessen,
vielen Dank für Ihr Schreiben, in dem Sie sich gegen eine Beschränkung der Verlustverrechnung aus Termingeschäften wenden.
Im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen wurde eine Neuregelung der Verlustverrechnung vorgenommen. Diese erfolgte als Reaktion auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH).
Durch die jetzt getroffene Regelung wird eine beschränkte Verlustverrechnung auch aus dem Verfall von Termingeschäften zugelassen. Verluste aus Termingeschäften können künftig nur mit Gewinnen aus Termingeschäften und den Erträgen aus Stillhaltergeschäften ausgeglichen werden. Die unterjährige Verlustverrechnung ist beschränkt auf 10.000 Euro. Nicht verrechnete Verluste können auf Folgejahre vorgetragen werden und jeweils in Höhe von 10.000 Euro mit Gewinnen aus Termingeschäften oder mit Stillhalterprämien verrechnet werden. Die Verlustverrechnung aus Termingeschäften bleibt damit dem Grunde nach möglich und kann zeitlich gestreckt werden. Die Regelung greift für Verluste aus Termingeschäften, die nach dem 31. Dezember 2020 eintreten.
Die Begrenzung der Verlustverrechnung gilt für im Privatvermögen gehaltene Kapitalforderungen. Unternehmen, die Termingeschäfte im Betriebsvermögen durchführen, sind davon nicht betroffen.
Eine Beschränkung der Verlustverrechnung bei Termingeschäften halte ich für gerechtfertigt, da es sich durch ihre begrenzte Laufzeit und durch Hebeleffekte i.d.R. um riskante Finanzwetten handelt. Zwischen Absicherungsgeschäften und reiner Spekulation lässt sich kaum unterscheiden. Durch Termingeschäfte können einerseits hohe Gewinne und anderseits der Totalverlust der Anlage eintreten. Diese Effekte treten bei anderen Kapitalanlagen nicht in vergleichbarem Ausmaß auf. Verluste aus Termingeschäften werden deshalb in einem besonderen Verlustverrechnungskreis berücksichtigt, um die Verlustrisiken auf diese spekulativen Anlagen zu begrenzen.
Die Neuregelung schützt in gewisser Weise auch das Altersvorsorgesparen vor den Gefahren aus Spekulationsgeschäften. Beim Altersvorsorgesparen handelt es sich um eine Anlageform, die auf einen langfristigen Wertzuwachs orientiert ist. Es geht gerade nicht um die Maximierung kurzfristiger Erträge mittels riskanter Finanzwetten. Altersvorsorgesparer sind deshalb von der Beschränkung der Verlustverrechnung aus Termingeschäften gemäß § 20 EStG typischerweise nicht betroffen.
Zusammenfassend stellt die Neuregelung mit ihrer beschränkten Verlustverrechnung einen akzeptablen Interessenausgleich dar. Sie trägt einerseits dem Anliegen Rechnung, über spekulative Termingeschäften Einkünfte zu erzielen, und wahrt andererseits das Interesse der Allgemeinheit, nur begrenzt an den Verlusten aus privat eingegangen Risiken beteiligt zu werden.
In Ihrem Schreiben bitten Sie mich, auf Einkommenssteuer Bezug zu nehmen. Für uns in der SPD gilt der Grundsatz: Starke Schultern können mehr tragen! Dafür wäre eine Vermögenssteuer ein geeignetes Mittel. Eine Revitalisierung der Vermögensteuer würde dem weiteren Anwachsen der Vermögenskonzentration entgegenwirken – sie betrifft ausschließlich die ein bis zwei Prozent der größten Vermögen in Deutschland. Dabei muss diese Steuer in einen größeren Kontext eingebettet werden: in ein gerechteres Steuersystem mit der Entlastung kleiner und mittlerer Einkommen, mit einer Besteuerung von Finanztransaktionen und einer Mindestbesteuerung für global agierende (Digital-)Konzerne, um Steuerflucht und Gewinnverlagerung zu beenden. Zusätzlich geht es um Überlegungen, wie Vermögensbildung für Menschen mit kleinen und mittleren Einkommen erleichtert werden kann.
Mit freundlichen Grüßen
Sebastian Hartmann