Frage von Stefan K. •

Möchte die SPD im Falle einer Koalition mit der CDU das Cannabis-Gesetz wieder zurücknehmen oder zumindest Einschränkungen beim KCanG vornehmen?

Sehr geehrter Herr Hartmann,

wie sieht denn aktuell die Stimmung in der SPD in Sachen Cannabis-Legalisierung aus?

Eine Große Koalition mit der CDU ist nicht unwahrscheinlich und die CDU verspricht bereits im Wahlkampf, das Cannabis-Gesetz rückgängig machen zu wollen.

Zieht die SPD dann mit?

Oder wird die SPD die bereits umgesetzte "Säule I" (erlaubter Besitz bis 50 g Zuhause, Eigenanbau bis 3 Pflanzen, CSCs) verteidigen?

Mit freundlichen Grüßen!

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr K.,

vielen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.

Ich hatte von Anfang an zu der Entkriminalisierung von Cannabis in der jetzigen Form eine andere Position als meine Fraktionskolleginnen und -kollegen. Die jetzt gesetzlich vereinbarte Entkriminalisierung von Cannabis hat wenig mit den ursprünglich ohnehin schon umstrittenen Vereinbarungen des damaligen Koalitionsvertrages in Form einer Legalisierung und regulierten Eigenbedarfsabgabe zu tun.

Auch alle Innenministerinnen und -minister der Bundesländer hatten zu dem Gesetz massive Bedenken: Beispielsweise die zahlreichen Unschärfen des Gesetzes im Bereich Jugendschutz und Verkehr, die eine umfassende Mehrbelastung für die zuständigen Sicherheitsbehörden und die Justiz bedeuten, ebenso wie die zusätzlichen Aufgaben und Aufwendungen für die Strafverfolgungs- und Ordnungsbehörden der Länder in Form Personal- und Sachkosten.

Es entstehen Folgeprobleme, unter anderem zum Beispiel Kleindealer, die jetzt gefahrlos bis zu 25 g Cannabis legal bei sich tragen und sich lediglich in den wenigen Sekunden der Übergabe nicht erwischen lassen dürfen. Derzeit beobachten wir die beunruhigende Straftatserie in Nordrhein-Westfalen, hinter der ein Streit im Drogenmilieu vermutet wird. Die mutmaßlichen Täter aus den Niederlanden weisen eine klare Verbindung zum illegalen Handel mit Marihuana auf, wobei Kriminologen den Ursprung der Bande sogar in Verbindung mit der Legalisierung von Cannabis in den Niederlanden setzen.

Die zweite Säule "Markt" für den legalen Erwerb des geplanten Legalisierungsverfahren in Deutschland existiert gar nicht und kam auch nicht. Daher ist es faktisch so: Die Nachfrage wird wesentlich durch illegale Quellen gedeckt, weil es keine ausreichenden legalen Bezugsquellen gibt.

Ich bin für einen Paradigmenwechsel zu einer neuen, progressiven Drogenpolitik – das erfolgreiche portugiesische Modell halte ich für vorbildlich. Dieses schafft eine Entkriminalisierung der Konsumierenden von Drogen in Verbindung mit einem gesundheitspolitischen Ansatz und vorbildlichem Kinder- und Jugendschutz.
Zugleich wird die Organisierte Kriminalität konsequent bekämpft. Portugal gilt als eines der sichersten Länder der Welt. Genau dieser progressive Ansatz wurde nicht nur durch die aktuelle Gesetzgebung verfehlt, sondern im Gegenteil sogar konterkariert.

Zum Ausblick auf die Wahl: Demokratische Wahlen müssen Folgen haben, darum wählen wir ja und selbstverständlich wird eine neue Koalition nach den Neuwahlen andere, eigene Entscheidungen treffen: Vielleicht auch im Bereich der Drogenpolitik. Ob dafür SPD und/oder CDU/CSU infrage kommen, entscheiden die Wählerinnen und Wähler am 23. Februar. Ich werbe jedenfalls für Olaf Scholz und die SPD. In einem neuen Koalitionsvertrag wird sich die kommende Regierung auf Vorhaben in ihrem Sinne einigen, diese Regelungen werden dann auch sukzessiv umgesetzt. Ob die von Ihnen genannte Frage umfasst ist, kann ich nicht im Vorhinein beurteilen. Dass wird nach den Wahlen entschieden.

Ich habe mich vor der Verabschiedung des Gesetzes im vergangenen Februar ausführlich in einer Stellungnahme geäußert und darin erklärt, warum ich dem Gesetz nicht zugestimmt habe. Diese finden Sie zur weiteren Information auf meiner Webseite unter https://www.sebastian-hartmann.de/2024/02/23/persoenliche-erklaerung-zum-cannabisgesetz/.

Mit freundlichen Grüßen

Sebastian Hartmann

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