Frage an Sebastian Hartmann von Hans-Jürgen W. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Hartmann,
meine Frage zielt auf den Fraktionszwang, der wohl doch vorhanden ist, obwohl jeder Abgeordnete nur nach seinem Gewissen handelt und nur diesem verpflichtet ist.
Die Bundeskanzlerin höchstpersönlich, hatte nämlich diesen Fraktionszwang im Zuge der Abstimmung „Ehe für alle“ aufgehoben.
Ich denke, das Sie sich sicherlich mal mit diesem Thema beschäftigt haben, da Sie ja wieder für den Bundestag kandidieren. Ich bitte daher um Ihre Meinung und Einschätzung dieser doch sehr sehr wichtigen Angelegenheit.
Vielen Dank.
Mit freundlichen Grüßen
H. W.
Sehr geehrter Herr W.,
Fraktionen üben keinen Zwang auf ihre Mitglieder aus. Wir halten Fraktionsdisziplin, die für das Funktionieren jeder vom Parlament eingesetzten Regierung unabdingbar ist. Ich bleibe selbst dafür verantwortlich, mir meine Meinung anhand von Vorlagen zum Beispiel aus den Facharbeitsgruppen zu bilden. Wir debattieren in der Fraktion und treffen dort eine Entscheidung – das ist die Grundlage des geschlossenen gemeinsamen Willens, der sich in einheitlichen Abstimmungen im Bundestag widerspiegelt. In Einzelfällen bin ich von der Fraktionsmehrheitsmeinung auch abgewichen, etwa bei der Entscheidung über die Bundesinfrastrukturgesellschaft und der damit verbundenen Verfassungsänderung.
Eine Klarstellung: Die Bundeskanzlerin hat nicht den Fraktionszwang aufgehoben. Sie war es, die sich beim Thema Ehe für alle "verdribbelt" hatte, in einer unbedachten Äußerung - Sie glaubte wohl, dass der Bundestag über die Ehe für alle nicht mehr abstimmen könnte. Dabei übersah sie, dass seit Jahren ein entscheidungsreifer Antrag des Bundesrates vorlag, eingebracht durch das rot-grün regierte Land Rheinland-Pfalz. Die SPD hat auf Wunsch der Union die Abstimmungen stets zurückgestellt. Bis Frau Merkel sich selbst in die Lage manövrierte, doch eine Abstimmung zuzulassen. Die CDU/CSU war daher nach meinem Eindruck unter Zugzwang und konnte gar nicht anders, als den "Fraktionszwang" aufzuheben. Dieser galt aber nach meiner Meinung erst recht nicht für Gewissensentscheidungen.
Herzliche Grüße
Sebastian Hartmann, MdB