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Sebastian Brehm
CSU
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Frage von Alexander S. •

Frage an Sebastian Brehm von Alexander S. bezüglich Verkehr

Sehr geehrter Herr Brehm
Dass die amtierende Bundesregierung nicht bereit ist, endlich den Klimaschutz ernst zu nehmen, zeigen aktuelle Entscheidungen der Bundesregierung gegen den Klimaschutz.
Die Effizienz-Ampel bei Pkw-Neufahrzeugen soll gestrichen werden und ausgerechnet für bis zu 6m lange Lifestyle Pick Up wurde die Kfz-Steuer gesenkt.
Dadurch werden die Straßen noch voller, der Parkraum in Städten noch enger und die Luft noch dreckiger, die unsere Kinder auf Höhe der Auspuffrohre einatmen.
Wie stehen Sie zu diesen Entscheidungen?

Portrait von Sebastian Brehm
Antwort von
CSU

Sehr geehrter Herr Schrade,

vielen Dank für Ihre Nachricht auf Abgeordnetenwatch.de vom 30. Juli 2021, in der Sie sich mit dem Thema Klimaschutz den damit verbundenen Fragen befassen. Gerne nutze ich die Gelegenheit Ihnen zu antworten.

Jetzt und in den nächsten Jahren ist die große Gelegenheit auf klimafreundliche Optionen in vielen Bereichen umzusteigen. Für Bürgerinnen und Bürger geht es um den nächsten Autokauf oder den nächsten Heizungstausch. Für Unternehmen geht es um die nächste Prozessinvestition oder die nächsten Dienst- oder Lastkraftwagen. Für Kommunen geht es um den nächsten ÖPNV-Entscheid oder die nächste Quartiersentwicklung. Für Bundesländer geht es um die nächsten Stromnetze und die nächsten Windparks. Und für den Bund geht es um die nächsten Verkehrswege, die nächsten Verwaltungsgebäude und die Rahmensetzung für einen effizienten Klimaschutz. Die 2020er Jahre werden das Jahrzehnt zur konsequenten Umsetzung der Energie- und Mobilitätswende.

Es wird deutlich, vor welcher schwierigen Aufgabe wir alle gemeinsam stehen: Einerseits ist es unsere Aufgabe als Politik, unsere anspruchsvollen Klimaziele zu erfüllen. Das ist unbestritten und darauf weisen Sie uns zurecht hin. Andererseits ist es aber ebenso unser Job, andere wichtige Sachverhalte in unserem Land im Blick zu behalten. Zum Beispiel Arbeitsplätze in Unternehmen sichern, die hierzulande auch weiterhin produzieren sollten, um im internationalen Wettbewerb mithalten können.

Und wir müssen darauf achten, dass der Klimaschutz bezahlbar bleibt, gerade auch für Menschen mit kleinerem Einkommen. Ausufernde Mieten und steigende Kosten für die Mobilität treffen zuerst diejenigen, die nur über ein geringes Haushaltseinkommen verfügen. Die derzeitige Diskussion um die Frage, ob Vermieter und Mieter die CO2-Umlage 50:50 bezahlen sollen, führt aus meiner Sicht beispielsweise am Ziel vorbei. Einerseits würden Vermieter für eine Energiebilanz der Mieter haftbar gemacht, obwohl sie auf den Verbrauch der Mieter keinen Einfluss haben. Anderseits führt diese Maßnahme im weiteren Verlauf nur dazu, dass zusätzliche Kosten auf die Mieter abgewälzt würden und die Mieten steigen. Einer sozialverträglichen Klimapolitik für die Gesellschaft wirkt dieser Vorschlag entgegen. Der Unionsfraktion geht es also um einen umfassenden Ansatz, der alle Dimensionen von Nachhaltigkeit (ökologisch, sozial und ökonomisch) adressiert. Denn Deutschland hat sich neben einer anspruchsvollen Klimapolitik auch zum Erreichen der VN-Ziele einer nachhaltigen Entwicklung verpflichtet.

Eine ausgewogene Gesamtpolitik ist auch deshalb auch wichtig, weil wir nur so das Modell einer erfolgreichen Klimapolitik präsentieren können, das andere Staaten motiviert, eine ähnlich anspruchsvolle Klimapolitik zu etablieren. Denn eines ist auch klar: Nur wenn alle mitmachen, gelingt Klimaschutz auch global. Klimaschutz macht nicht an der Grenze halt. Die Klimafrage muss daher auch immer in Zusammenhang mit der machtpolitischen Frage gedacht werden. Eine einseitige Verbots- oder Anreizpolitik eines Landes, kann uns zu einem zu Vorreiterland und Vorbild für andere Staaten machen, jedoch ist auch klar, dass andere Staaten, die gerade dabei sind, sich von einem Dritte-Welt-Land zu einem Entwicklungsland zu verabschieden (China, Indien, Brasilien etc.) und denen ökonomischer Wohlstand genauso wie die Entwicklung aus der Armut heraus wichtig sind, keine Priorität in der Klimaschutzpolitik sehen. Hier können wir nicht mit einem Diktat der internationalen Politik agieren, ohne dabei wichtige Staaten auf diesem Weg zu verlieren. Hier müssen wir uns anstelle von Panik und Druck darum kümmern, die richtige Überzeugungsarbeit zu leisten, damit diese Staaten von selbst erkennen, wie wichtig die Klimafrage ist. Davon bin ich überzeugt und setze mich als Bundestagsabgeordneter mit meinen Kolleginnen und Kollegen ein.

Ich bin davon ebenso überzeugt, dass eine Kultur der panikähnlichen Aufmerksammachung in der Klimapolitik kontraproduktiv ist. Denn diese Kultur, die einen überhasteten Aktionismus impliziert, führt nicht dazu, dass alle Argumente gehört und abgewogen und gleichzeitig die richtigen Maßnahmen getroffen werden.

Durch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts wurde noch einmal bekräftigt, dass wir unseren Klimaschutz und den Ausbau der Erneuerbaren Energien ernstnehmen müssen und dass wir jetzt nicht stehen bleiben dürfen.

Deshalb haben wir in der Woche vor der Sommerpause nachgeliefert:

I. Klima- und Umweltpolitik

Wir schreiben im Klimaschutzgesetz für Deutschland das Ziel der Klimaneutralität für das Jahr 2045 fest. Als wichtigste Zwischenmarken gelten für 2030 das Ziel einer Reduktion der Treibhausgasemissionen um 65 Prozent (bislang: 55 Prozent) im Vergleich zu 1990 und für 2040 ein Einsparungsziel von 88 Prozent.

2. Wir richten die deutsche Klimapolitik bereits jetzt auf das neue, erst im Frühjahr beschlossene EU-Klimaziel 2030 aus. Das liegt künftig bei einer Reduktion der Treibhausgasemissionen von 55 Prozent statt bisher 40 Prozent. Deutschland leistet somit einen offensiven Beitrag zum europäischen „Green Deal“ und zur Einhaltung des UN-Klimaübereinkommens von Paris.

3. Wir treten dafür ein, dass europäische und nationale Klimapolitik gut verzahnt werden. Unsere Ziele und Instrumente in Deutschland sind fortlaufend mit den europäischen Regeln abzugleichen und falls erforderlich darauf anzupassen, gerade auch bei nationalen Vorgaben für einzelne Sektoren. Die Berichtspflichten, die das im KSG gewährleisten, haben wir in den Verhandlungen mit der SPD deutlich verschärft. Das ist zum Beispiel wichtig, wenn die EU im Gebäude- und Verkehrsbereich eine europäische CO2-Bepreisung einführt. Auch technische Entwicklungen und Veränderungen im internationalen Klimaregelwerk sind zwingend in der nationalen Klimapolitik zu berücksichtigen.

4. Wir wollen Arbeitsplatzverlagerungen vermeiden. Grünes Licht haben wir auch für die Carbon-Leakage-Verordnung zum Brennstoffemissionshandelsgesetz (BECV) gegeben. Mit ihr werden Unternehmen, die in einer besonderen internationalen Wettbewerbssituation stehen, bei den Kosten aus dem nationalen Emissionshandel entlastet, der seit Jahresbeginn greift. Diese Regelung soll dabei helfen, Arbeitsplätze im Land zu halten und die Abwanderung von Produktion in Länder mit geringeren Umwelt- und Klimastandards zu verhindern. Denn damit wäre weder dem Klimaschutz noch dem Wirtschaftsstandort Deutschland gedient. Noch bevor der Vorschlag des Bundesumweltministeriums das Kabinett erreicht hat, haben wir bereits erfolgreich für massive Verbesserungen gesorgt, zum Beispiel höhere Kompensationsgrade und eine Ausweitung des Kreises der kompensationsberechtigten Unternehmen. Des Weiteren wird die Absenkung der EEG-Umlage nicht mehr vom Beihilfebetrag in Abzug gebracht.

5. Wir entlasten kleine und mittlere Unternehmen bei den Emissionskosten. Die Union wollte wesentlich weitreichendere Entlastungen gerade von kleinen und mittelständischen Unternehmen. In den Verhandlungen mit der SPD haben wir daher bei der BECV intensiv auf eine weitere Erhöhung der Kompensationsgrade und niedrigere Zugangsschwellen zum Carbon-Leakage-Schutz gedrungen. Dies war jedoch aufgrund des Widerstandes des Koalitionspartners und des Bundesumweltministeriums nicht erreichbar. Tatsache ist auch: Ohne Verordnung gäbe es keinerlei Kompensation, ein Scheitern des Vorhabens war deshalb keine Option. Erreicht haben wir jedoch Verbesserungen für kleine und mittlere Unternehmen, deren Jahresenergieverbrauch unter 10 Gigawattstunden liegt. Für sie wird der Selbstbehalt bei der Ermittlung der Emissionsmenge zur Berechnung des Beihilfebetrages von 150 stufenweise auf 50 Tonnen CO2 gesenkt.

Zudem haben wir die Vorgaben zur Überprüfung der Verordnung erheblich verschärft. Der Erhalt von Wettbewerbsfähigkeit und Arbeitsplätzen muss zwingend im Fokus der Politik bleiben. Die Bundesregierung muss hierzu dem Deutschen Bundestag künftig einmal im Jahr berichten und klären, ob Änderungsbedarf an den Regelungen besteht. Die Union wird sich dafür einsetzen, dass die Carbon-Leakage-Verordnung zügig nachgebessert wird, wo dies notwendig ist. Das Thema bleibt fest auf unserer politischen Agenda.

6. Wir bringen das Ziel einer erfolgreichen Energiewende für mehr Klimaschutz sowie den Lärm- und den Artenschutz zu einem pragmatischen Ausgleich. Ein großer Erfolg ist die Neuregelung für das Repowering von Windkraftanlagen. Diese haben wir mit dem Gesetz zur Umsetzung der RED-II-Richtlinie im Zulassungsverfahren im Bundes-Immissionsschutzgesetz verankert. Beim Ersetzen alter Windkraftanlagen ist künftig im Genehmigungsverfahren maßgeblich, ob durch die neue Anlage zusätzliche Belastungen entstehen (so genannte „Delta-Analyse). Bislang wurde die Vorbelastung durch die bereits bestehende Windenergieanlage nicht berücksichtigt und viele Projekte wurden dadurch unnötig verhindert. Uns ist wichtig, dass bereits vorhandene Windstandorte mit modernster Anlagentechnik genutzt werden können, denn auf diese Weise kann deutlich mehr Strom auf gleicher Fläche erzeugt werden. Die Mindestabstandsregeln zur Wohnbebauung bleiben uneingeschränkt wirksam. Auch in sonstige bau- und planungsrechtliche Belange wird hierdurch nicht eingegriffen. Dies ist eine wichtige Voraussetzung für die Akzeptanz der Energiewende.

II. EnWG, EEG und EEG-VO:

1. Wir bringen den Markthochlauf von Wasserstoff in Deutschland voran: Hierzu schaffen wir den Einstieg in die Regulierung reiner Wasserstoffnetze. Der Regulierungsansatz ist schlank und flexibel angelegt, um sich an den entwickelnden Markt anpassen zu können. Darüber hinaus regeln wir die Vollbefreiung für grünen Wasserstoff von der EEG-Umlage. Wir haben durchgesetzt, dass ein höherer Anteil erneuerbaren Stroms aus dem europäischen Ausland auch in Deutschland für die Erzeugung grünen Wasserstoffs genutzt werden kann. Denn auch hier gilt: Klimaschutz und der Umbau der Energieversorgung können nur als europäische und internationale Projekte gelingen. Die Union hätte sich eine noch stärkere Einbindung in den europäischen Binnenmarkt gewünscht, ebenso eine Ausweitung der von der EEG-Umlage befreiten Vollbenutzungsstunden. Dies ist erforderlich, um den Markthochlauf von Wasserstoff noch stärker zu beschleunigen. Da dies mit dem Koalitionspartner nicht möglich war, werden wir dies in der nächsten Wahlperiode wieder auf die Agenda nehmen.

2. Wir stärken die Rechte der Verbraucher und erhöhen die Kostentransparenz: Stromversorger mit mehr als 100.000 Kunden werden künftig dazu verpflichtet, sog. dynamische Stromtarife anzubieten. Somit können Verbraucher, die ein intelligentes Messsystem (Smart Meter) nutzen, künftig einen Tarif wählen, mit dem sie zu bestimmten Zeiten (beispielsweise in den Nachtstunden) günstigeren Strom beziehen, und ihr Verbrauchsverhalten daran ausrichten. Die Verpflichtung zum Angebot solcher dynamischer Tarife wird in den nächsten Jahren schrittweise ausgeweitet und gilt ab 2025 auch für alle Versorger mit mehr als 50.000 Kunden. Stromlieferverträge müssen außerdem künftig um eine leicht verständliche Zusammenfassung ergänzt und unabhängige Vergleichsportale eingerichtet werden.

3. Wir machen mehr überschüssigen Strom aus erneuerbarer Energie nutzbar: Die Regelung „Nutzen statt Abregeln“ wird auf die Hochspannungsebene ausgeweitet. Das ermöglicht künftig auf dieser Netzebene auch den Verteilnetzbetreibern, überschüssigen EE-Strom, den das Netz nicht aufnehmen kann, zu nutzen statt abzuregeln.

4. Wir steigern den Ausbau der Erneuerbaren Energien: Für das nächste Jahr regeln wir zusätzliche umfangreiche Sonderausschreibungen bei Wind an Land und Photovoltaik (PV) als Sofortmaßnahmen. Damit überbrücken wir den Zeitraum, bis wir

Klarheit zu den Ausbauzielen bei Erneuerbaren Energien auf europäischer Ebene bis 2030 haben, und stellen sicher, dass wir beim Ausbau keine Zeit verlieren. Die Ausschreibungsmengen im Jahr 2022 werden bei Wind an Land um 1,1 GW auf 4 GW und bei Photovoltaik um 4,1 GW auf 6 GW angehoben.

5. Wir erproben innovative Konzepte bei den Erneuerbaren Energien: In den Innovationsausschreibungen im EEG erweitern wir die Flächenkulisse für innovative PV-Anlagen im agrarwirtschaftlichen Bereich („Agro-PV“) und vereinfachen die Ausschreibungsverfahren bei PV. Damit wollen wir auch bei PV mehr Potenziale erschließen, um die neuen höheren Ziele auch tatsächlich zu erreichen.

6. Wir stärken den Eigenverbrauch von Photovoltaik-Anlagen:

Die Beschränkung des Eigenverbrauchsprivilegs auf eine Strommenge von 30 Megawattstunden pro Jahr entfällt für PV-Anlagen mit einer Leistung von höchstens 30 Kilowatt installierter Leistung.

7. Wir tragen zu mehr Akzeptanz des Erneuerbaren-Ausbaus bei: Die Möglichkeit der finanziellen Beteiligung der Kommunen wird über Windenergieanlagen hinaus auf PV-Freiflächenanlagen ausgeweitet (mit bis zu 0,2 ct/kWh wie bei Wind an Land). Da wir einen marktgetriebenen Ausbau der Erneuerbaren wollen, schaffen wir diese Möglichkeit auch für Freiflächen-PPAs, ebenfalls mit einer Begrenzung auf 0,2 ct/kWh.

8. Wir stärken die Flexibilisierung von Biomasseanlagen und schaffen eine Perspektive für kleine Gülleanlagen: Biomasse- Bestandsanlagen bekommen weiterhin die Möglichkeit, die Flexibilitätsprämie im ersten Vergütungszeitraum mit dem Flexibilitätszuschlag im zweiten Vergütungszeitraum zu kombinieren. Kleine Gülleanlagen können nach dem Auslaufen ihrer 20-jährigen EEG-Förderung eine Anschlussförderung für 10 Jahre erhalten. Die Regelungen werden dazu beitragen, mehr Flexibilitäten im Strommarkt aufzubauen und die Biomasse auf heutigem Niveau zu stabilisieren.

9. Wir schaffen bessere Rahmenbedingungen für Stromspeicher: Die Regelungen für Stromspeicher werden vereinfacht, indem wir Messanforderungen verschlanken und insgesamt Hemmnisse bei der praktischen Handhabung abbauen. Die Vermeidung einer Doppelbelastung von Speichern mit Umlagen ist damit künftig sehr viel einfacher und unbürokratischer möglich.

Ich hoffe ich konnte Ihnen weiterhelfen und Ihre Fragen beantworten. Vielen Dank für Ihre Berücksichtigung. Bleiben Sie gesund.

Herzliche Grüße

Sebastian Brehm, MdB

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