Frage an Sebastian Brehm von Norbert R. bezüglich Arbeit und Beschäftigung
Sehr geehrter Herr Brehm,
zuerst einmal Glückwunsch zu Ihrem Einzug in den deutschen Bundestag!
Zu meinem Anliegen, das bislang nicht in Angriff genommen wurde:
Angenommen, ein Mensch A arbeitet überwiegend abhängig beschäftigt und nebenher noch freiberuflich. Dann muss A für seine freiberuflichen Tätigkeit keine Abgaben zur Renten- und Krankenversicherung bezahlen.
Ein Mensch B aber, der selbstständig arbeitet, überwiegend mit einer Haupttätigkeit und einer Nebentätigkeit im gleichen Umfang wie A, muss für diese Nebentätigkeit Abgaben zu Rente (bei Pflichtversicherung) und Krankenversicherung (außer bei Privatversicherung) zahlen.
Das verstößt gegen mein Gerechtigkeitsempfinden.
Zudem behindert es den Selbstständigen B, denn A kann ja die gleiche Leistung wesentlich günstiger anbieten. Fairer Wettbewerb sieht anders aus.
Meiner Meinung nach muss der Gesetzgeber also dafür sorgen, dass alle Einkommensarten zur Solidarversicherung herangezogen werden. Oder gibt es andere Möglichkeiten, einen fairen Weittbewerb herzustellen?
Wie ist Ihre Meinung dazu bzw. die Ihrer Partei?
mfg
N. R.
Sehr geehrter Herr R.,
ich bedanke mich für Ihre Nachricht vom 10. November 2017, in der Sie sich mit dem Thema Abgaben zur Sozialversicherung und den damit verbundenen Fragen befassen. Gerne möchte ich die Gelegenheit nutzen Ihnen zu antworten und entschuldige mich zunächst für die Verspätung. Ich freue mich aber Ihnen mitteilen zu können, dass dieses Thema positiv gelöst werden konnte.
Zu dem von Ihnen angesprochenen Thema:
Es gibt Selbständige, die durch eine nebenberufliche Tätigkeit als Arbeitnehmer ihre Einnahmen ergänzen möchten. Ebenso gibt es Angestellte, die neben ihrem Beruf gewerblich oder freiberuflich tätig sind. Die Motive für eine nebenberufliche abhängige Beschäftigung oder eine Selbständigkeit neben dem Job können vielfältig sein und reichen von der Schaffung eines zweiten Standbeins bis hin zu Vermeidung von Arbeitslosigkeit.
Lange Zeit tendierten die Krankenkassen dazu, bei Angestellte mit selbstständiger Tätigkeit die nichtselbständige Tätigkeit als Hauptberuf anzusehen. Mittlerweile wurden aber eine Reihe neuer Empfehlungen zur Beurteilung der Hauptberuflichkeit erlassen.
Die Krankenkassen betrachten unter anderem den „zeitlichen Aufwand” und den „Anteil der Arbeitseinkünfte durch das Angestelltenverhältnis”. Der Mittelpunkt des Erwerbsleben und die wirtschaftliche Relevanz sind für die Zuordnung zu Haupt- oder Nebentätigkeit entscheidend: Hauptberuflich selbständig sind demnach Personen, deren selbständige Tätigkeit den Mittelpunkt des Erwerbslebens darstellt, also das Arbeitseinkommen und der Aufwand der selbständigen Tätigkeit die der abhängigen Beschäftigung deutlich überwiegen. Die nebenberufliche, abhängige Beschäftigung ist für die Person demzufolge wirtschaftlich nicht so relevant wie die selbständige Tätigkeit.
Damit Personen als hauptberuflich Selbständige gelten, müssen sie eines der folgenden Kriterien erfüllen:
• Als Freiberufler oder Gewerbetreibende widmen sie mehr als 30 Wochenstunden der selbständigen Tätigkeit und erzielen dadurch mindestens 50 Prozent ihres Einkommens.
• Sie sind mehr als 20, aber weniger als 30 Wochenstunden selbständig tätig und erzielen damit mehr als die Hälfte der monatlichen Bezugsgröße der Sozialversicherung (1.592,50 Euro, Stand: 2020)
• Der Zeitaufwand der selbständigen Tätigkeit beträgt maximal 20 Wochenstunden und das Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit beträgt 75 Prozent der monatlichen Bezugsgröße.
Trifft eines der oben genannten Kriterien zu, gilt die betroffene Person für die Krankenkassen als hauptberuflich selbständig und unterliegt somit nicht der Versicherungspflicht. Für geringfügig Beschäftigte im Nebenberuf gilt bei den Krankenkassen eine Orientierungsgrenze von 20 Wochenstunden, bis zu der sie noch als hauptberuflich Selbständige gelten. Nebenberuflich selbständig ist für die Krankenkassen also nur, auf wen keines der oben genannten Kriterien zutrifft.
Diese Abgrenzung wurde im Zuge der letzten Legislaturperiode von den Renten- und Krankenversicherungen aktualisiert. Ihre beschriebene Problematik gilt also in diesen Fällen glücklicherweise nicht mehr. Es kommt zu keinem Wettbewerbsnachteil.
Ich hoffe ich konnte Ihre Fragen beantworten und stehe Ihnen gerne für weitere Rückfragen zur Verfügung.
Herzliche Grüße
S. B., MdB