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Sabine Bätzing-Lichtenthäler
SPD
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Frage von Thomas B. •

Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Thomas B.

Sehr geehrte Frau Bätzing-Lichtenthäler,

ich bin der Ansicht, dass die Einrichtung von Schiedsgerichten im Rahmen der geplanten Freihandelsabkommen unsere Gewaltenteilung untergräbt und somit nicht mit unserer staatlichen Grundordnung vereinbar ist. Wie stehen Sie dazu und warum haben Sie gegen die Ablehnung von Schiedsgerichten gestimmt?

Mit freundlichen Grüßen

Thomas Bredenbröker

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Bredenbröker,

vielen Dank für Ihre Anfrage und dafür, dass Sie mir Gelegenheit geben, zu der Frage der Schiedsgerichte bei TTIP und zu meinem Abstimmungsverhalten Stellung zu nehmen.

Ich möchte zunächst klar machen, dass mein Problem mit TTIP weniger ist, dass ich die Gegenargumente sehr überzeugend finde, sondern dass mir die Gründe für TTIP (und andere Freihandelsabkommen) nicht ausreichend überzeugend scheinen. Konkret auf die Schiedsgerichte angesprochen, kann ich nur mitteilen, dass ich nicht Schiedsgerichte pauschal ablehne. Schiedsgerichte sind innerhalb Deutschlands (zum Beispiel im Arbeitsrecht) und international gängige und gut funktionierende Praxis. Sie sind häufig sehr viel schneller und effizienter und von größerem Fachwissen geprägt als staatliche Gerichte und es gibt viele Bereiche, in denen beide Seiten sie sehr zu schätzen wissen. Dies sollte man meines Erachtens berücksichtigen, wenn man über sie diskutieren will. Zudem sehe ich tatsächlich auch auf europäischer Ebene einen Bedarf für Schiedsgerichte. Es ist zwar richtig, dass Deutschland ausreichenden und umfassenden Rechtsschutz und die Garantie der Rechtsstaatlichkeit hat, nur geht es um ein europäisches Abkommen und diese Garantie gilt eben leider nicht überall in Europa. Für Investitionen ist sie aber eine notwendige Voraussetzung. Es gibt also für Schiedsgerichtsbarkeit auch gute Gründe. Das Problem ist auch nicht die Schiedsgerichtsbarkeit, sondern es wäre ein Investitionsschutz, der durch Schiedsgerichtsbarkeit durchgesetzt werden könnte. Wenn US-Amerikanische Unternehmen im Ergebnis den deutschen Staat vor einem von Unternehmensjuristen besetzten Schiedsgericht verklagen und auf Schadensersatz in Anspruch nehmen könnten, wenn der deutsche Staat Regelungen des Verbraucherschutzes verschärft, wäre das das falsche Ergebnis. Ich weise allerding darauf hin, dass es zwischen Deutschland und vielen Staaten der Erde bereits solche Klauseln gibt. Das würde eine neue Klausel aber nicht rechtfertigen, wenn diese falsch wäre. Nur bin ich der Überzeugung, dass es möglich ist, berechtigten Investitionsschutz (z.B. dass Zölle nicht nachträglich wieder eingeführt werden) und eine Schiedsgerichtsbarkeit hierfür ein zu führen, ohne dass gleichzeitig der Staat Deutschland den Unternehmen ausgeliefert wird. Sigmar Gabriel hat auch klargestellt, dass es keine Klausel geben wird, die solche Gefahren in sich birgt, dies haben Sie sicherlich der Presse entnommen.

Das leitet auch zu Ihrer zweiten Frage über:
Ich habe nicht gegen die Ablehnung von Schiedsgerichten gestimmt, sondern gegen die politische Vorgehensweise der LINKEN, die einen inhaltlichen Text der SPD abgekupfert und als eigenen Antrag ausgegeben haben. Meine persönliche Erklärung zur Abstimmung füge ich im Wortlaut an. Ich werde bevor ein Entwurf vorliegt, kein endgültiges Urteil abgeben, denn ich kann nur über etwas urteilen, was ich kenne, nicht über Spekulationen. Bis dahin hat die SPD deutlich klargestellt, wo sie steht und dass sie das Abkommen kritisch begleiten und bestimmte Dinge nicht akzeptieren wird. Wir werden aber auch nicht Spiegelfechterei betreiben.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Bätzing-Lichtenthäler

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Erklärung nach § 31 der Geschäftsordnung

der Abgeordneten Sabine Bätzing Lichtenthäler der SPD-Bundestagsfraktion zur namentlichen Abstimmung über den Entschließungsantrag/die Entschließungsanträge der Abgeordneten Klaus Ernst und andere Abgeordneter sowie der Fraktion DIE LINKE,

zu der Beratung der Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der Abgeordneten Klaus Ernst, Thomas Nord, Herbert Behrens, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE –Drucksachen 18/432, 18/210 –
„Soziale, ökologische, ökonomische und politische Effekte des EU-USA Freihandelsabkommens“

Ich stimme mit meiner Fraktion gegen den Entschließungsantrag der Fraktion DIE LINKE (Drucksache-Nr.: 18/2612).

In dem Antrag werden unter ausdrücklichem Verweis auf das gemeinsame Papier des BMWi und des DGB, sowie auf den Beschluss des SPD-Konvents, Mindestanforderungen für die Verhandlungen für ein Freihandelsabkommen mit den USA benannt. Diese „Mindestanforderungen“ in dem Antrag sind identisch bzw. wortgleich mit den Zielen und Anforderungen an die Verhandlungen aus dem Beschluss des SPD-Konvents vom 20. September 2014.

Es ist höchst unüblich, dass Oppositionsfraktionen solche wortgleichen Anträge einbringen und auf diese Art versuchen, eine Regierungsfraktion vorzuführen. Eine eigene inhaltliche Position entwickelt die Fraktion DIE LINKE gerade nicht. Ein solch durchschaubares Vorge-hen möchte ich nicht durch eine Zustimmung zu dem Antrag fördern.

Allerdings ist es mir wichtig zu erklären, dass ich den Beschluss des Parteikonvents vom 20. September 2014 zu Anforderungen der SPD an die Verhandlungen zu den Freihandelsab-kommen CETA und TTIP (http://www.spd.de/presse/Pressemitteilungen/123752/20140920_beschluss_parteikonvent_ttip.html) uneingeschränkt unterstütze und ihn mir zu Eigen mache.
Die SPD sieht sich in dieser Debatte gut gerüstet. Erst mit der Amtsübernahme von Sigmar Gabriel als Bundesminister für Wirtschaft und Energie wurde zu den Freihandelsabkommen ein zivilgesellschaftlicher Diskussionsprozess gestartet. So fand im Mai 2014 eine öffentliche Veranstaltung zu TTIP mit EU-Handelskommissar De Gucht sowie US-Chefverhandler Mike Froman, sowie Unternehmens- und NGO-Vertretern in Berlin statt. Sigmar Gabriel hat im Frühjahr 2014 zudem einen Beirat zu TTIP eingerichtet, in dem Umwelt-, Verbraucher- und Sozialverbände neben den Kirchen, Gewerkschaften und Wirtschaftsvertretern regelmäßig eingeladen werden.
Diese Initiativen, wie auch die Debatten innerhalb der SPD-Bundestagsfraktion, haben Ein-gang in den Beschluss des Parteikonvents gefunden, der auf Basis eines gemeinsamen Pa-piers des Bundeswirtschaftsministeriums mit dem DGB gefasst wurde.
Es wurde deutlich, dass Partei und Fraktion eine gemeinsame Auffassung über die Ziele und Anforderungen zu den Freihandelsabkommen haben.

Sie lauten im Wesentlichen:
Freihandelsabkommen zwischen derart großen Wirtschafträumen wie den Vereinigten Staaten von Amerika und der EU eröffnen die Chance, die bilateralen Handelsbeziehungen zu intensivieren und dabei fair und nachhaltig zu gestalten. Handelsabkommen haben vorrangig das Ziel neben den Zöllen die nicht-tarifären Handelshemmnisse abzubauen. Dies kommt neben der Großindustrie vor allem dem Mittelstand zugute.
Auf der anderen Seite gilt es, eine Reihe von Bedingungen zu formulieren, die Voraussetzung für eine Zustimmung sind.
Für uns Sozialdemokraten zählen dazu ein hohes Arbeits-, Umwelt- und Verbraucherschutzniveau. Internationale Übereinkünfte und Normen, wie vor allem ein den ILO-Kernarbeitsnormen entsprechendes Kapitel, müssen Eingang in den Text finden.
Die hohe Qualität der öffentlichen Daseinsvorsorge in der EU muss gewahrt werden. Den nationalen, regionalen und lokalen Gebietskörperschaften muss ein umfassender Gestaltungsspielraum garantiert werden.
Die bewährten deutschen und europäischen Standards dürfen in einem Abkommen nicht abgesenkt werden.
Wir bekräftigen unsere Kritik an Investor-Staat-Schiedsverfahren. Zwischen entwickelten Rechtssystemen halten wir sie für grundsätzlich entbehrlich.

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