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Sabine Bätzing-Lichtenthäler
SPD
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Frage von Thomas S. •

Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Thomas S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Bätzing,

mit großem Interesse habe ich das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Rauchverbot im Detail studiert.
Dananch wird ein striktes Rauchverbot ohne Ausnahmen als verfassungsgemäß betrachtet. Lediglich hat Prof. Dr. Masing vertritt folgende Auffassung:
"Der Entscheidung des Senats vermag ich weder insoweit, als sie von den angegriffenen Rauchverboten weitreichende Ausnahmen fordert, noch insoweit, als sie den Gesetzgeber auf die Möglichkeit eines ausnahmslos strikten Rauchverbots verweist, zuzustimmen. Der Senat schlägt dem Gesetzgeber ohne Grund ein von diesem entwickeltes Konzept für einen anspruchsvollen, aber ausbalancierten Nichtraucherschutz aus der Hand und öffnet zugleich den Weg für eine Extremlösung, die mangels Interessenausgleichs unverhältnismäßig ist und die Gefahr paternalistischer Bevormundung birgt.Ein ausnahmsloses Rauchverbot in allen Gaststätten wäre meines Erachtens auch in der Sache verfassungswidrig. Es handelte sich hierbei um einen Eingriff sowohl in die Berufsfreiheit der Gastwirte nach Art. 12 Abs. 1 GG als auch in die Freiheit der Raucher nach Art. 2 Abs. 1 GG, der mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht vereinbar wäre".

Hier würden die freiheitlich demokratischen Grundrechte massiv berührt - es geht dann nicht mehr um den Schutz des Nichtrauchers, sondern die gesellschaftliche Akzeptanz des Rauchens und damit auch der Person des Rauchers wird massiv in Frage gestellt. Nichtrauchen wird dann als "sozial erwünschtes Verhalten" vom Gesetzgeber verankert. Die Eigenverantwortung und der freie Wille des Bürgers wird so massiv beschränkt.
Wie stehen Sie zu dieser Auffassung ? Wie läßt ihre Auffassung mit Art. 2 Abs. GG so betrachtet vereinbaren ?

Thomas Schreiber
Dipl.-Psychologe

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schreiber,

die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts erging hinsichtlich der Zulässigkeit eines strikten Rauchverbots und hinsichtlich der Unverhältnismäßigkeit der Regelung für die getränkegeprägte Kleingastronomie mit jeweils 6:2 Stimmen und im Übrigen einstimmig. Die von Ihnen zitierte Textpassage gibt einen Auszug aus der abweichenden Meinung des Richters Masing wieder. Das mehrheitlich formulierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts betont ausdrücklich, dass der Gesundheitsschutz ein überragend wichtiges Gut ist und gesetzliche Rauchverbote in Gaststätten zum Schutz vor Gefährdungen der Gesundheit durch Passivrauchen geeignet und erforderlich sind.

In der Urteilsbegründung heißt es zum Recht der Raucher auf freie Persönlichkeitsentfaltung in Gaststätten: "Auch wenn die Interessen der rauchwilligen Gäste in den Blick genommen werden, ist ein striktes Rauchverbot in Gaststätten nicht unverhältnismäßig. Zwar führt das Rauchverbot zu einer nicht unwesentlichen Beeinträchtigung der Raucher, weil ihnen der Aufenthalt in Gaststätten durch den erzwungenen Verzicht auf das Tabakrauchen erschwert wird und der Besuch von Gaststätten zudem einen nicht unwesentlichen Aspekt der Teilnahme am gesellschaftlichen Leben darstellt. Diese Beeinträchtigung der Verhaltensfreiheit der Raucher (Art. 2 Abs. 1 GG) erscheint jedoch wegen der herausragenden Bedeutung des mit dem Rauchverbot verfolgten Schutzziels nicht unangemessen, zumal die Möglichkeit bleibt, eine Gaststätte zum Rauchen vorübergehend zu verlassen. Die Raucher werden hierbei nicht in unzulässiger Weise bevormundet ... [Ziel der] Landesnichtraucherschutzgesetze ... ist vielmehr der Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens. Es geht um den Schutz der Gesundheit nicht des Rauchers, sondern der Gesundheit der anderen Personen, die in der jeweiligen Situation nicht selbst rauchen."

Meiner persönlichen Auffassung nach sollte gegenseitige Rücksichtnahme im menschlichen Zusammenleben auch bei der freien Entfaltung der eigenen Persönlichkeit eine Selbstverständlichkeit sein. Artikel 2 Absatz 2 des Grundgesetzes billigt jedem das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit zu, ohne wenn und aber. Artikel 2 Absatz 1 des Grundgesetzes, der jedem das Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit zusichert, lautet auch "soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsgemäße Ordnung oder das Sittengesetz verstößt". Damit setzt das Grundgesetz selbst der freien Persönlichkeitsentfaltung des Einzelnen Schranken. Ich teile die gleichlautende Ansicht des Bundesverfassungsgerichts.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Bätzing

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