Portrait von Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
SPD
83 %
10 / 12 Fragen beantwortet
Frage von Hans S. •

Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Hans S. bezüglich Recht

Sehr geehrte Frau Bätzing,

Sie schrieben :"Die Drogen- und Suchtpolitik der Bundesregierung stützt sich auf die vier bewährten Säulen von Prävention, Therapie, Hilfe und Angebotsreduzierung. " "Bewährte Säulen der Angebotsreduzierung" ?! Diese "Angebotsreduzierung" hat doch nur folgende Konsequenzen :

1. Die Gefängnisse sind voll von ansonsten gesetzestreuen Bürgern, von denen viele (insbesondere Jugendliche) durch Gefängnisaufenthalt erst zu richtigen Kriminellen werden.

2. Grosse Ressourcen der Judikative und Exekutive sind im Drogenkrieg gebunden, anstatt uns vor wirklich Kriminellen zu schützen.

3. Nach mehr als 40 Jahren Drogenkrieg hat es die "Angebotsreduzierung" nicht geschafft Drogen von den Schulhöfen zu verbannen. Drogen sind praktisch überall und jederzeit erhältlich.

4. Durch die "Angebotsreduzierung" wird eine schlechte Drogenqualität erzielt (mit verheerenden gesundheitlichen Konsequenzen von Vergiftung bis Überdosis) Bspl. Blei in Leipzig

5. Die "Angebotsreduzierung" erreicht, das die Drogenpreise und die Gewinne der Grossdealer bzw des organisierten Verbrechens (die so gut wie nie strafrechtlich verfolgt werden)nachwievor astronomisch hoch sind. An der Zahl der Drogentoten und den Gewinnen der Drogenkartelle kann man sehr gut ablesen wie "bewährt" Ihre "Angebotsreduzierung" in Wirklichkeit ist.

Meinen Sie nicht, dass deshalb ein generelles Überdenken der bisherigen Drogenpolitik dringend geboten ist?! Wenn nicht bitte ich Sie meinen Irrtum aufzuklären !

mfG
Hans Sens

Portrait von Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Sens,

ich halte an meiner Auffassung zur Notwendigkeit der "Angebotsreduzierung" als Bestandteil erfolgreicher Drogenpolitik fest und hoffe, mit der nachfolgenden Argumentation wunschgemäß zur Aufklärung Ihres Irrtums beitragen zu können.

zu 1)
Ihre Annahme, dass die "Gefängnisse voll von ansonsten gesetzestreuen Bürgern" seien, ist für mich nicht nachvollziehbar. § 31 a des Betäubungsmittelgesetzes regelt das "Absehen von der Strafverfolgung", das unter anderem in Bezug zu "geringer Schuld des Täters" oder "Eigenverbrauch in geringer Menge" steht. Wer dennoch rechtskräftig zu einer Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde, ist sicherlich kein "ansonsten gesetzestreuer" Bürger. Die Justiz, besonders der Bereich des Strafvollzugs, versucht Inhaftierungen immer dann zu vermeiden, wenn es andere Möglichkeiten einer Strafverbüßung gibt (Ersatzfreiheitsstrafen wie mit dem Programm "Schwitzen statt Sitzen") bzw. wenn eine Krankheit vorrangig zu behandeln ist (§ 35 BtMG - Therapie statt Strafe). Ich empfehle Ihnen, sich einmal mit Beschäftigten einer Justizvollzugsanstalt zu unterhalten; ich bin überzeugt davon, dass sich Ihre Meinung dann sehr schnell ändern wird.

zu 2)
Auch ich bedaure die mit dem von Ihnen so bezeichneten "Drogenkrieg" verbundene Ressourcenbindung bei Judikative und Exekutive. Im Gegensatz zu Ihnen bin ich allerdings der Auffassung, dass eine Legalisierung von Drogen nur zu weiterer Ressourcenbindung, insbesondere auch durch Kostensteigerungen im Gesundheitsbereich, und zu vermehrtem menschlichem Leid führen würde.

zu 3)
Es steht Ihnen frei, an der Bekämpfung des illegalen Drogenhandels, zum Beispiel auf den von Ihnen benannten Schulhöfen, durch die Weitergabe relevanter Informationen an die zuständigen Behörden mitzuwirken.

zu 4)
Nicht das Cannabisverbot hat zu "schlechter Drogenqualität" im Sinne einer Streckung mit weiteren gesundheitsschädlichen Substanzen geführt, sondern die skrupellose Profitgier derjenigen, die mit illegalen Drogen unerlaubt Handel treiben. Das Betäubungsmittelgesetz sieht für derartige Straftatbestände Gefängnisstrafen vor.

zu 5)
Nach allgemein anerkannter volkswirtschaftlicher Lehre unterliegen Preise den Gesetzen von Angebot und Nachfrage am Markt. Die strafrechtliche Verfolgung von Verbrechen setzt deren Aufdeckung voraus, die wiederum in mittelbarem Zusammenhang zum gesamtgesellschaftlichen "Unrechtsbewusstsein" steht.

Seit dem Jahr 2000 ist die Zahl der Todesfälle infolge des Konsums illegaler Drogen in Deutschland rückläufig. Sie befand sich 2006 auf dem niedrigsten Stand seit 1998. Da Sie den Erfolg der Drogenpolitik an der Zahl der Drogentoten messen wollen, empfehle ich Ihnen die Lektüre des letzten Drogen- und Suchtberichtes der Bundesregierung vom Mai 2007 ( http://www.bmg.bund.de/cln_041/nn_604820/SharedDocs/Download/DE/Themenschwerpunkte/Drogen-und-Sucht/DrogenSuchtbericht-2007.html ) sowie des Berichts für das Berichtsjahr 2006/2007 des nationalen Reitox-Knotenpunkts an die Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (EBDD), der am 27. November 2007 vorgestellt wurde ( http://www.bmg.bund.de/cln_041/nn_604240/DE/Themenschwerpunkte/Drogen-und-Sucht/Jahresbericht-DBDD,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/Jahresbericht-DBDD.pdf ).

Eine Fortführung der bisherigen Drogenpolitik der Bundesregierung, basierend auf einem PolicyMix aus Prävention, Therapie, Hilfe und Angebotsreduzierung, erachte ich für sinnvoll und notwendig.

Mit freundlichen Grüßen

Sabine Bätzing

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Sabine Bätzing-Lichtenthäler
Sabine Bätzing-Lichtenthäler
SPD