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Sabine Bätzing-Lichtenthäler
SPD
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Frage von Reinhard S. •

Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Reinhard S. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrte Frau Bätzing,

meine Frage handelt um das Thema Cannabis. Wieso leugnet die Bundesregierung immer noch die Existenz verunreinigter Cannabisprodukte auf dem Schwarzmarkt, während die Gesundheitsminister von Belgien und Großbritannien bereits Warnungen ausgegeben haben? Hierbei dreht es sich um die Gesundheit von über 4 Millionen deutschen Cannabiskonsumenten, die sich in allen gesellschaftlichen Schichten befinden. Durch die Legalisierung des Anbaus zur Bedarfsdeckung des Eigenkonsums könnte der Endverbraucher die Qualität des Produktes selbst kontrollieren.

Darüber hinaus beklagen sie sich oft, dass die Zahl der jugendlichen Cannabiskonsumenten stetig ansteigt, ignorieren aber, dass dieses Problem hausgemacht ist und durch eine kontrollierte Abgabe an erwachsene zumindest auf ein minimum reduziert werden könnte. Wie sonst erklärt sich, dass die Länder mit den repressivsten Cannabisgesetzgebungen die stärksten Zahlen an Konsumenten besitzen (Frankreich, USA usw.)? Oder das der prozentuale Anteil der Cannabiskonsumenten in den Niederlanden, wo der Konsum und Verkauf gedulted wird, weitaus niedriger ist als der in der Bundesrepublik Deutschland?

Wieso handelt man bei diesem Thema noch so stark nach alten Dogmen, obwohl die Kovar / Kleiber Studie (1994 im Auftrag des Gesundheitsministeriums), sowie das Deutsche Ärzteblatt und zahlreiche weiteren Studien eindeutig belegen, dass keine große Gefahr für die Gesellschaft von Cannabis ausgehe?

Cannabis ist auch durchaus eine Droge mit Gefahren und zahlreiche Studien haben belegt, dass sich diese Gefahren besonders bei den jungen Konsumenten niederschlagen. Deshalb ist es im Zuge des Jugendschutzes dringend notwendig diese Droge aus dem Schwarzmarkt zu holen, denn die Idee diese Droge aus der Gesellschaft zu bekommen hat sich, wenn man sich die steigende Zahl der Konsumenten anschaut, als Illusion herausgestellt.

Ich freue mich auf ihre Antwort.

Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Schmidt

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Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Schmidt,

Die Bundesrepublik Deutschland ist nach Artikel 4 Buchstabe c des Einheitsübereinkommens der Vereinten Nationen über Suchtstoffe von 1961 verpflichtet, die Verwendung von Suchtstoffen, einschließlich Cannabis, auf ausschließlich medizinische oder wissenschaftliche Zwecke zu beschränken. Die Bundesregierung hält auch deshalb an der grundsätzlichen Strafbarkeit des unerlaubten Besitzes, des Anbaus und des unerlaubten Handel von Cannabis fest (§ 29 Abs. 1 BtMG), weil sie Cannabis nicht als harmlose Droge ansieht.

Cannabiskonsum kann gesundheitliche Störungen erzeugen. Schon jetzt sind in Deutschland nach dem Epidemiologischen Suchtsurvey 2006 ca. 730.000 Menschen im Alter zwischen 19 und 64 Jahren abhängig oder haben gravierende Probleme durch den Cannabiskonsum. Die Beratungs- und Behandlungsangebote im ambulanten Bereich werden zunehmend wahrgenommen. Allein bei den Sucht- und Drogenberatungsstellen stieg die Zahl derer, die wegen ihres Cannabiskonsums Hilfe suchten, von 2001 bis 2005 um mehr als 120%. auf nun etwa 18.000 Personen jährlich. Ich habe daher eine Reihe von Modellprojekten zur Beratung und Behandlung gefördert ("Fred", "Incant", "Realize it", "Candis", etc.).

Dass Hinweise auf verunreinigtes Cannabis, vor allem im Internet, im Umlauf sind, ist mir bekannt. Diese Verunreinigungen bergen ein zusätzliches Risiko für die Gesundheit der Konsumenten und Konsumentinnen. Dabei soll es sich um mikroskopisch kleine Glassplitter, Sand, feines Plastik-Granulat oder flüssigem Kunststoff handeln, die von den Drogendealern zur Streckung beigemischt werden. In Folge benannte Symptome sind Brennen im Mund, Atemprobleme, lang anhaltender Husten oder Blutauswurf. Ähnliche Beobachtungen wurden aus Frankreich, Belgien, Luxemburg, Großbritannien und den Niederlanden gemeldet. Allerdings liegen mir belastbare Informationen dazu bisher nicht vor.

Der beste Schutz vor verunreinigtem Cannabis ist der Konsumverzicht. Die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung berät im Internet unter www.drugcom.de anonym und bietet dort eine Online-Begleitung während der Cannabisentwöhnung an (Ausstiegsprogramm: Quit the shit).

Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bätzing

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