Frage an Sabine Bätzing-Lichtenthäler von Christian S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrte Frau Bätzing,
mit Interesse las ich Ihren Vorschlag die Drogenberatungsstellen auch für Onlinesüchtige öffnen zu lassen.
Ich finde es persönlich sehr wünschenswert das die Onlinesucht eine stärkere Anerkennung als Krankheit findet und das die Betroffenen eine Anlaufstelle für Hilfe bekommen sollen.
Hierbei stellen sich mir jedoch einige Fragen.
Die von Ihnen beziffterten 3-7% der Onlinesüchtigen und die gleiche Anzahl der "stark suchtgefährdeten".
Woher stammen diese Zahlen? Gibt es dort belegbare Quellen?
Diese Zahlen würden, unter Berücksichtigung der stetig steigenden Zahl der Internetnutzer, mittlerweile in die Millionen laufen.
Diese hohe Anzahl ist für mich persönlich schwer vorstellbar.
Weiterhin ist die Zahl von 5 Stunden online für mich fragwürdig. Was sind dort die Kriterien, die ein Suchtverhalten zeigen?
Als technischer Administrator, Internetfan und Onlinespieler sind für mich Onlinezeiten von 10 Stunden und mehr durchaus nicht ungewöhnlich. Aber als süchtig oder stark gefährdet würde ich mich nicht einschätzen.
Zuletzt stellt sich mir die Frage, warum gerade die Drogenberatungsstelle sich mit diesem Thema befassen soll.
Es gibt unzählige Arten von Sucht. Koffein-, Fett-, Kauf- und Glücksspielsucht. Gibt es für die Betroffenen auch die Möglichkeit sich bei einer Drogenberatungsstelle zu informieren?
Aufgrund kürzlich gefällter Entscheidungen, Wünsche und der allgemeinen Einstellung gegenüber dem Medium Internet habe ich hierbei das Gefühl das dort nur eine bereits geschlagene Bresche gegangen wird.
Unterbewusst wird hier die Gleichstellung von Drogen- und Onlinesüchtigen hergestellt.
Was spricht gegen eine Stelle die sich speziell auch Suchtverhalten abseits von Drogen beschäftigt?
Meiner Meinung nach sind doch auch die Ursachen und Behandlungsmethoden verschieden. Ich bin kein Experte in solchen Dingen, aber ich konnte schon einige Menschen mit derartigen Problemen kennenlernen.
Aufgrund Platzmangels verbleibe ich
mit freundlichen Grüßen,
Christian Sprave
Sehr geehrter Herr Sprave,
für eine Onlinesucht gibt es objektive Kriterien. Dazu gehören Einengung des Verhaltens, d.h. Onlineaktivitäten werden zur wichtigsten Aktivität eines Menschen und dominieren das Denken, die Regulation von negativen Gefühlen (z.B. Stressabbau durch "Abtauchen"=Vermeiden, Onlinezeit als "Trostspender" bei psychischem Unwohlsein, Problemen und Langeweile), Toleranzentwicklung (d.h. man muss immer länger Onlineaktivitäten durchführen, um sich wohl zu fühlen), Entzugserscheinungen bei verhinderten oder reduzierter Onlinezeit, Kontrollverlust (die Onlinezeit kann nicht mehr bewusst begrenzt werden und - für mich eines der wichtigsten Kriterien - soziale Kontakte, Beruf, Schule oder Hobbys werden vernachlässigt und es entstehen für die Betroffenen dadurch Nachteile in Ausbildung und Beruf. Die geschätzten 3-7% von Onlinesüchtigen basieren auf einem Zwischenbericht des Deutschen Zentrums für Suchtfragen (DZSKJ) des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf (Dr. Petersen, Prof. Dr. Thomasius) an das Bundesministerium für Gesundheit zum Projekt "Beratungs- und Behandlungsangebote zum pathologischen Internetgebrauch in Deutschland". Der Abschlussbericht wird voraussichtlich Anfang 2010 vorliegen. Dass Drogen- und Suchtberatungsstellen sich mit dem Thema befassen, hat einfach den Grund, dass die Nachfrage nach Hilfsangeboten für Menschen, die Ihren Internet- und Computerspielgebrauch nicht mehr kontrollieren können, stark gestiegen ist. Diese Betroffenen wenden sich zuerst an Drogen- und Suchtberatungsstellen.
Mit freundlichen Grüßen
Sabine Bäzing