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Rosa Domm
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Frage von João A. •

Was wird von der Hamburgischen Bürgerschaft unternommen, um Sharing Anbieter für E-Roller/Fahrräder/Mopeds zu verpflichten, für sicherere und ordentlichere Gehwege für Fußgänger zu machen?

Hallo Frau Domm,

die Situation mit den E-Rollern und co. ist in der Stadt katastrophal. Als Anwohner des Stadtteils Sankt Pauli bin ich geärgert über diesen Zustand: E-Roller, Sharing Fahrräder und Mopeds werden kreuz und quer auf die Gehwege hingestellt, Menschen mit eingeschränkter Mobilität müssen praktisch über umgekippten Roller springen, mit z. B. einem Rollstuhl unmöglich! Nicht selten wird auf den Gehwegen gefahren, das Haus sicher zu verlassen ist nur möglich, nachdem man nach links und rechts geschaut hat. Oft werden die Roller zu zweit gefahren.

Finden überhaupt Kontrollen statt? Wo sind die ausgewiesenen Stellplätze für die Fahrzeugen?

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Antwort von
Bündnis 90/Die Grünen

Sehr geehrter Herr A.,

Vielen Dank für Ihre Anfrage vom 20. November zum Thema Verkehrsbehinderung durch wild abgestellte E-Roller.

Im Sommer 2019 wurde die gesetzliche Grundlage dafür geschaffen, bundesweit E-Scooter im Straßenverkehr zuzulassen. Seitdem gibt es in vielen deutschen Städten E-Scooter zum Ausleihen. In Hamburg wird ihre Zahl derzeit auf 17.000 geschätzt.

Die Roller funktionieren bis auf einige Ausnahmen im Free Floating Modell. Nutzende schätzen bisher die Freiheit, die Roller jederzeit im Stadtgebiet unkompliziert zurückgeben zu können. Dies hat allerdings in den vergangenen Jahren nicht gut geklappt: die Beschwerdelage ist hoch, das Verletzungs- und Unfallrisiko durch herumstehende Roller im Straßenraum ist groß. Leider haben wir in Hamburg derzeit nicht die notwendige Handhabe zur Regulierung der E-Scooter. So hat das Oberverwaltungsgericht Hamburg entschieden, dass diese nicht als Sondernutzung des öffentlichen Raums gewertet werden (was eine Regulierung durch die Stadt ermöglicht hätte), sondern als Gemeingebrauch. Darum haben wir nun einen Antrag für eine Bundesrats-Initiative vorgelegt. Über diese Initiative sollen Kommunen mehr Rechte zur Steuerung eingeräumt werden.

Wir wollen aber nicht so lange warten, bis die Bundesrats-Initiative Erfolg hat, denn das Problem ist jetzt akut. Daher wollen wir das Parkproblem in Hamburg gemeinsam mit den Bezirksämtern, der Polizei und den Anbietern vor Ort zu lösen. Bereits im Juni 2019, unmittelbar nach der Markteinführung der Elektro-Scooter, hatte die Stadt mit den damaligen Anbietern eine Begrenzung von 1.000 Fahrzeugen innerhalb des Ring 2 sowie Parkverbotszonen in besonders frequentierten und sensiblen Bereichen vereinbart – letztere wurden seitdem sukzessive ausgeweitet.

Darüber hinaus wurden in den Bezirken Hamburg-Mitte und Altona feste Abstellzonen eingerichtet. In Kooperation mit der Hochbahn und einem der Anbieter ebenso im Rahmen eines Pilotprojektes mit der Hochbahn an U-Bahn-Haltestellen in Langenhorn (Langenhorn Nord und Kiwittsmoor) und Lokstedt (Hagenbecks Tierpark und Hagendeel). Das Pilotprojekt verläuft seit seinem Start im Juni bislang positiv: Es wurden 17.000 Fahrten generiert, durchschnittlich über 200 pro Tag. Damit ersetzen die E-Scooter auf dem Weg der „ersten und letzten Meile“ nicht selten das Auto. Außerdem gibt es bei vielen Anbietern für bestimmte Bereiche (u. a. Binnenalster, Stadtpark, Fleetinseln) bereits GPS-basierte Systeme, die ein Ausloggen und damit Abstellen nicht ermöglichen (ähnlich wie bei einigen Carsharing-Anbietern).

Es wurde ein zentrales Beschwerdepostfach eingerichtet, bei dem Bürgerinnen und Bürger künftig falsch abgestellte E-Scooter zentral melden können: hamburg.escooter@gmail.com. Das Postfach dient der Reduzierung des organisatorischen Aufwands der Verwaltung und der Ämter. Ein individuelles Anschreiben einzelner Anbieter ist dann nicht mehr notwendig. Die Mails werden automatisch an die betroffenen Anbieter weitergeleitet.

Um die zumeist jüngeren Fahrer*innen über die sichere Nutzung und das ordnungsgemäße Abstellen aufzuklären, beteiligen sich die Hamburger Anbieter an der bundesweiten Aufklärungskampagne des Deutschen Verkehrssicherheitsrats und des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur. In Hamburg werden in einer konzertierten Aktion Informations-Zettel zu den drängendsten Themen, wie das geordnete Abstellen und Trunkenheitsfahrten an allen E-Scootern angebracht. Dies soll zu einer gesteigerten Aufmerksamkeit der Nutzer*innen für die Einhaltung der Straßenverkehrsordnung führen.

Über den Fortschritt dieser Maßnahmen werden sich die Anbieter und die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende im Rahmen eines „Runden Tisches“ in regelmäßigen Abständen austauschen. Darüber hinaus werden Abstellflächen und Parkverbotszonen in Absprache mit den Anbietern sowie in Kooperation mit der Polizei, den Bezirken und dem HVV neu angeordnet und ggf. erweitert.

Zusätzlich zu den oben genannten Maßnahmen werden die Beschäftigten des Landesbetriebs Verkehr in ihren Kontrollgebieten die Polizei verstärkt unterstützen, indem sie verkehrswidrig abgestellte E-Scooter melden, wenn nötig und möglich umstellen und Bußgeldverfahren gegen Anbieter und/oder Nutzende einleiten. Die Stadt wird den Anbietern die verursachten Kosten in Rechnung stellen. Seit Anfang Oktober 2022 unterstützt nun auch die Stadtreinigung mit zwei eigens dafür abgestellten Teams sowie 13 regulär in der Stadt arbeitenden Teams die Parkraumüberwachung störend abgestellter E-Roller. Das Pilotprojekt wird bis Ende des Jahres laufen und im neuen Jahr ausgewertet werden.

Mit den hier vorgestellten Punkten hat Hamburg im Vergleich zu anderen Großstädten bereits umfangreiche Maßnahmen umgesetzt, um die Abstellsituation zu regulieren. Diese werden stetig erweitert. Weitere Informationen zu den Inhalten der Vereinbarung, den Parkverbotszonen, den Anbieterkontakten und zur Nutzung von E-Scootern finden Sie unter www.hamburg.de/bvm/elektro-tretroller/.

Abschließend bleibt zu festzuhalten, dass das letzte Wort bei den E-Scootern noch nicht gesprochen ist. Ob sie wieder aus dem Stadtbild verschwinden werden oder sich gefällig in die neuen Mobilitätsangebote einfügen, bleibt abzuwarten. Wir verfolgen die Entwicklung aufmerksam und greifen an geeigneter Stelle korrigierend ein.

Wovon die Diskussion nicht ablenken sollte: das weitaus größere Problem stellt in Hamburg immer noch die private Pkw-Nutzung dar. Der motorisierte Individualverkehr verbraucht einen weitaus größeren Teil der Stellflächen und macht auch im Verkehrssektor den größten Anteil der CO2-Emissionen aus. Darauf konzentrieren wir uns vorrangig und sind hier politisch tätig.

Mit freundlichen Grüßen
Rosa Domm

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