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Rolf Mützenich
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Frage von Henning L. •

Frage an Rolf Mützenich von Henning L. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Mützenich,

ich würde gerne wissen ob das Zitat, "Parteinahme für das israelische Dauerbombardement" tatsächlich von Ihnen stimmt und im welchen Zusammenhang es gefallen ist.

Desweiteren würde ich gerne von Ihnen wissen ob Sie tatsächlich Mitglied im Vorstand der Deutsch-Iranischen Gesellschaft e.V sind und wie Ihre Aufgabengebiete dort definiert sind. Stimmt es das dieser Verein Gelder aus dem Iran bezieht?

Ihre Antworten zu allen Gesetzesverschärfungen (BKA-Gesetz, Datenspeicherung, Verschärfung des Demonstrationsrechtes) bezogen sich auf die Abwehr von Terroristen. Leider vergaßen Sie es, eine Definition oder Bestimmung dieser ominösen Mächte zu liefern. Wer sind denn diese Terroristen? und ist es nicht deutlich effektiver, anstelle die eigenen Bürger einzusperren, die Geldgeber dieser Terroristen unschädlich zu machen?

Und als letztes würde ich gerne Ihre Position zu Verhandlungen mit Neonazis erfragen. Sehen Sie es als sinnvoll an, mit Faschisten die klar Verfassungsfeindlich positioniert sind, zu diskutieren oder gar auf deren Forderungen einzugehen?

Vielen Dank und wenn Sie oder Ihre Mitarbeiter gerne etwas ausführlicher auf diese Fragen eingehen könnten, vielleicht schaffen Sie es ja mir das Gefühl zu nehmen, dass die komplette deutsche Linke moralisch Bankrott erklärt hat.

Gutes Neues 2009.
Henning Lau

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Sehr geehrter Herr Lau,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich wünsche Ihnen auch ein gutes neues Jahr.

Der von Ihnen zitierte Halbsatz ist folgender Stellungnahme entnommen: „Merkels Parteinahme für das israelische Dauerbombardement ist nicht hilfreich und kurzsichtig. Die Bundeskanzlerin verspielt gerade die noch wenigen Möglichkeiten Deutschlands, überhaupt auf die Nahostkrise einzuwirken.“ Dabei bleibe ich auch. Im Vordergrund unserer Politik sollte derzeit die Forderung nach einer Waffenruhe stehen. Humanitäre Erwägungen haben derzeit Vorrang. Die Frage nach der Schuld hilft weder den vom Raketenbeschuss betroffenen Israelis noch den im Gaza-Streifen lebenden Palästinensern. Es steht außer Frage, dass die Hamas die Waffenruhe verletzt und nicht verlängert hat. Gleichwohl muss sich auch Israel die Frage stellen lassen, ob es während des sechsmonatigen Waffenstillstands alles getan hat, um die Lebenssituation der in Gaza lebenden Menschen zu verbessern. Gleichzeitig muss sich die politische Führung Israels auch die Frage nach der Verhältnismäßigkeit der Mittel stellen lassen.

Eine umfassende Definition von Terrorismus und Terrorist werden Sie nicht ernsthaft von mir erwarten. Dies würde ohne Frage den Rahmen dieses Formates sprengen. Wer ein Terrorist ist liegt naturgemäß im Auge des Betrachters – zumal manchmal der Terrorist des Einen der Freiheitskämpfer des Anderen ist. Leider gibt es hierfür auch in Europa genügend Beispiele. Ich vermute deshalb, Ihre Frage zielt auf die Geldgeber der Hamas ab, die ja bekanntermaßen maßgeblich durch den Iran, aber auch durch arabische Staaten finanziert wird. Auch wenn ich Mitglied der deutsch-iranischen Gesellschaft und zudem Vorsitzender der Deutsch-Iranischen Parlamentariergruppe des Deutschen Bundestages bin, kann ich Ihnen versichern, dass ich weder die antisemitischen Äußerungen des iranischen Präsidenten gut heiße noch ein Großteil der Politik Teherans. Ich bin aber nach wie vor der Überzeugung, dass ein Krieg gegen Iran ebenso wenig die Sicherheit Israels verbessern würde, wie der Krieg, den Israel gegenwärtig in Gaza führt. Deshalb gibt es zu Verhandlungen und Gesprächen keine Alternative. Dabei ist völlig klar, dass weder das Existenzrecht Israels noch dessen Recht auf Selbstverteidigung von mir bezweifelt werden.

Um es noch einmal klar zu stellen: Die Hamas ist und bleibt für mich eine Vereinigung, die zur Verwirklichung ihrer Ziele auch Gewalt anwendet. Deshalb unterstütze ich ausdrücklich die drei wesentlichen Forderungen der EU an die Hamas – Absage an Gewalt und Terror, Anerkennung des Existenzrechts Israels und Entwaffnung der bewaffneten Gruppen. Am wichtigsten ist dabei meines Erachtens am Anfang der Gewaltverzicht. Ich habe diese Kriterien jedoch immer als einen politischen Prozess verstanden, an deren Ende natürlich die Anerkennung des Existenzrechts Israels Seitens der Hamas ausdrücklich stehen muss – eine Entwicklung die im Übrigen auch die PLO durchlaufen hat.

Die von Ihnen gezogene Analogie zu Verhandlungen mit deutschen verfassungsfeindlichen Faschisten teile ich deshalb nicht. Meine Position zu Verhandlungen mit Neonazis lautet: Ich bin für ein NPD-Verbot – sobald es dafür eine Chance vor dem Bundesverfassungsgericht gibt.

Ich der Hoffnung, Ihre Frage damit beantwortet zu haben, verbleibe ich

mit freundlichen Grüßen

Rolf Mützenich

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