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Roland Heintze
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Frage von Gerti G. •

Frage an Roland Heintze von Gerti G. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Wie denken Sie über
Widerspruchslösung bei Implantaten?
Transferunion?
Europäische Arbeitslosenversicherung?
Volksentscheidung, Vorbild Schweiz

G. G.

Portrait von Roland Heintze
Antwort von
CDU

Sehr geehrte Frau Graf-Mongia,

danke für Ihre Themenfragen.

Die aktuell diskutierte „Doppelte Widerspruchslösung bei Organtransplantationen“ vorgeschlagen von Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), dem Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach (SPD) und anderen sieht vor, dass jede Bürgerin und jeder Bürger ab 18 Jahren eine (jederzeit änderbare) Entscheidung zur Organspende im Fall des Hirntods trifft. Zusätzlich besteht die Möglichkeit für Angehörige der Organentnahme zu widersprechen, sollte ein nachweislich, vorher nicht gemeldeter entgegenstehender Wille des potenziellen Organspenders bestehen. Trifft man keine Entscheidung oder widerspricht man nicht, wird man als Spender in einem Register geführt.

Für mich ist klar: Es ist wichtig, dass mehr Organe transplantiert werden können und weniger Menschen versterben, weil sie nicht rechtzeitig eine Organspende erhalten.

Das Gesundheitsministerium hat dazu bereits an anderer Stelle angepackt und zwar bei der organisatorischen Seite bei den Krankenhäusern und dem medizinischen Personal. Das Änderungsgesetz ist am 1. April 2019 in Kraft.

Siehe: https://www.bundesgesundheitsministerium.de/gzso.html (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/gzso.html) .

Ich begrüße diese Gesetzesänderung sehr und denke, dass damit ein erheblicher Schritt zu einer Verbesserung der aktuellen Zustände gelingen wird. Die Bereitschaft zum Spenden (84% positive Einstellung, BZgA 2018) und auch die Verbreitung des Organspendeausweises nehmen ebenfalls zu (36% der Bevölkerung, BZgA 2018).

In der gegebenen Situation empfinde ich ein weiteres Vorgehen und die Änderung des Identifizierungsvorgangs von Organspendern als verfrüht. Erreichen wir das Ziel mit den bisherigen Schritten, befürworte ich die Beibehaltung der aktuellen Regelung. Dafür brauchen wir mehr Zeit.

Sollte es nicht gelingen die Zahl der mit fehlenden Organspenden verbundenen Todesfälle zu verringern, erachte ich den Vorschlag der „Doppelten Widerspruchslösung“ für hinnehmbar. Der vom Staat auferlegte Zwang sich zu entscheiden – und damit den Eingriff in die Freiheit des Individuums sich nicht konsequenzlos einer Entscheidung zu entziehen – erachte ich mit Blick auf die erhöhte Chance auch nur ein Leben zu retten als gerechtfertigt.

Diese Entscheidung muss im Bundestag in freier Abstimmung erfolgen.

Eine Transferunion auf europäischer Ebene im Sinne des deutschen Länderfinanzausgleichs oder vergemeinschafteter Staatsschulden lehne ich ab. Mein Europa ist eines der Eigenverantwortung und der Eigenständigkeit und somit auch eines, wo Nationalstaaten ihre Sozialsysteme selbst verantworten und für ihre Staatsfinanzen haften. Das betrifft auch die Arbeitslosenversicherungen der Mitgliedstaaten. Die Arbeitsmärkte in der EU sind sehr unterschiedlich und das Lohngefälle enorm. Entsprechend sind auch die Sozialversicherungen über lange Zeit gewachsene, den gesellschaftlichen Umständen angepasste Systeme, die in einer europäischen Integration wenn überhaupt erst deutlich später mehr Harmonisierung bedürfen. Wir dürfen nicht den letzten vor dem nächsten Schritt machen. Zunächst müssen wir in der EU alle mithelfen gute soziale Standards, bürgerliche Freiheiten und gleichwertige Lebensverhältnisse zu erhalten und zu schaffen. Ob zwischen Hamburg und Bukarest oder Stormarn und Südestland, das ist Aufgabe europäischer Struktur- und Sozialförderung. Diesen Ansatz möchte ich weiterhin unterstützen.

Unser politisches System in Deutschland ist vom Grundsatz der Subsidiarität geprägt und ist eine Parteiendemokratie. Die Handhabe in der Schweiz entspringt einem anderen System. Beide haben Vor- und Nachteile. Ich bin der Auffassung, dass wir Entscheidungen dort ansiedeln müssen, wo sie am besten getroffen werden können. Elemente sog. direkter Demokratie (Volksentscheide, Bürgerbegehren) sind sowohl sachlich wie auch geographisch immer einzeln zu bewerten. Tendenziell sind sie umso sinnvoller, wenn es sich um klar begrenzte und der Lebenswelt der Bürgerinnen und Bürger sehr nahe stehende Themen handelt. Unsere föderale Verwaltungsordnung von Kommunen bis hin zum Bund stellt sicher, dass wir unsere Aufmerksamkeit und Kraft dorthin richten, wo wir wirken und verändern können. Volksabstimmungen auf Ebene des Bundes unterstütze ich deshalb nicht. Auch auf Ebene der Bundesländer sehe ich pauschale, einfache Regelungen für direktdemokratische Elemente kritisch. Dort muss stärker geprüft werden, wie der Entscheidungsprozess abläuft und was die Folgen sind. Häufig beherrschen Lobbygruppen und Minderheiten die Diskussion und führen bei niedriger Beteiligung Ergebnisse herbei, die der Allgemeinheit mehr schaden als nützen. Wir Parteien sind da dann wieder stärker gefragt wirklich sicherzustellen, dass die breite Bevölkerung eingebunden wird. Wir dienen als Meinungsverdichter und Entscheidungsfinder in einer repräsentativen Demokratie, was bei uns in einem vergleichbar stabilen und gut funktionierenden politischen System niederschlägt. Gelingt die intensive Begleitung durch Parteien und die Begrenzung von Themen, finde ich direktdemokratische Elemente in Kommunen und auf Länderebene sinnvoll.

Immer noch aktuell und zur weiteren Lektüre empfehle ich eine Studie von Tobias Montag von 2011: https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=d1eb87ad-e2cb-431f-4c21-4dfc1d7f6ceb&groupId=252038 (https://www.kas.de/c/document_library/get_file?uuid=d1eb87ad-e2cb-431f-4c21-4dfc1d7f6ceb&groupId=252038)

Herzliche Grüße
Ihr Roland Heintze
Dr. Roland Heintze