Frage an Roland Heintze von Jens S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Heintze,
mit großer Verwunderung habe ich erneute Informationen der Initiative "Mehr Demokratie e.V. HH" zur Kenntnis genommen, wonach innerhalb der CDU geplant wird, im Zuge von Abstimmungen über die Verwaltungsreform auch über gravierende Änderungen am neuen Hamburger Wahlrecht abstimmen zu lassen.
Ich würde mich freuen, wenn Sie diese Informationen entkräften könnten und mit einer eindeutigen Stellungnahme Ihrerseits deutlich machen würden, dass Sie die Entscheidung des Wählers und Bürgers für das neue Wahlrecht respektieren und in der laufenden Legislaturperiode einer Änderung nicht zustimmen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Jens Saßmannshausen
Hamburg-Eimsbüttel
P.S.: Da die Frage in erster Linie auf Ihre persönliche Meinung abzielt, habe ich die gleiche Frage auch Ihren Fraktionskollegen aus Eimsbüttel gestellt.
Sehr geehrter Herr Saßmannshausen,
es gibt tatsächlich einige Vorschläge der CDU, leichte Änderungen am neuen Wahlrecht in Hamburg durchzuführen, allerdings ohne den Charakter des Volksentscheids zu gefährden. Auf einer Klausurtagung wurden verschiedene Ideen vorgestellt, die heute in der Fraktion und morgen auf einem kleinen Parteitag diskutiert und beschlossen werden sollen.
Mit Ihrer Erlaubnis würde ich gerne diese Beschlüsse abwarten und meine Antwort dann in einigen Tagen ergänzen.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihr Roland Heintze
Ergänzung vom 10.10.2005:
Sehr geehrter Herr Saßmannshausen,
bitte entschuldigen Sie, dass die Antwort einige Zeit länger gedauert hat, als Ihnen angekündigt.
das neue Wahlrecht wurde mit 21,1 Prozent der Stimmen angenommen und hat klar das erforderliche Quorum von 20 Prozent erreicht. Auch, wenn ich das Feierabendparlament in seiner jetzigen Form als eine für Hamburg optimale Lösung betrachte, halte ich am Ergebnis des Volksentscheids fest. Die CDU daher nur leichte Änderungen, die auf einer Klausurtagung zur Verwaltungsreform und zum neuen Wahlrecht vorgestellt wurden. Das Abendblatt berichtete dazu.
Grundsätzlich wird an dem Prinzip des Kumulierens und Panaschierens festgehalten. Das heißt, wie im Volksentscheid vorgesehen, wird man jeweils fünf Stimmen auf Wahlkreiskandidaten und fünf Stimmen auf Landeslisten der Parteien beliebig verteilen können. Auch an den 17 Wahlkreisen für den Wahlakt wird sich nichts ändern. Der Charakter des neuen Wahlrechts bleibt erhalten und wird lediglich in einigen Details leicht verändert.
Aus meiner Sicht ergeben sich für den Bürger zwei größere Änderungen. Sie betreffen den Einfluss auf die Listenvorschläge der Parteien und die Nachrückregelung über die Landesliste, wenn Abgeordnete aus der Bürgerschaft ausscheiden.
Zunächst ist es so, dass der Wähler seine jeweils fünf Stimmen auf die gesamten Listenvorschläge einer Partei im Wahlkreis und auf Landesebene verteilen kann oder direkt auf Personen, die auf diesen Listen kandidieren. Mit dieser so genannten Personenstimme kann er gemäß Volksentscheid die Kandidatenreihenfolge des Listenvorschlages verändern. Das Problem ist aber, dass nicht die Möglichkeit besteht, den gesamten Listenvorschlag zu akzeptieren, denn für die spätere Reihenfolge auf den Listen ist nur die Personenstimme vorgesehen. Die CDU hat vorgeschlagen, dass die Listenstimme nun auch für die Bestimmung der späteren Kandidatenreihenfolge berücksichtigt wird, um diesem Umstand Rechnung zu tragen. Dabei wird, und das räume ich gerne ein, den Parteien an dieser Stelle ein erhöhter Einfluss auf die spätere Zusammensetzung des Parlaments gestattet. Das halte ich jedoch für vertretbar, da das Parlament auch darauf angewiesen ist, dass die Parteien anerkannte Experten in die Bürgerschaftsfraktionen holen. Das stärkt die Handlungsfähigkeit des Parlamentes und kommt final den Bürgern und der Stadt zugute.
Die zweite relevante Änderung betrifft die Regelung der Nachbesetzung. Bisher war es vorgesehen, dass auch diejenigen Kandidaten von den Landeslisten in das Parlament nachrücken, die inzwischen aus der Partei ausgetreten oder in eine andere eingetreten sind. Im Extremfall kann das dazu führen, dass Mehrheiten verrückt werden, was nicht im Sinne des Wählers sein kann. Man nehme einmal an, ein Senat würde mit nur einer Stimme Mehrheit in der Bürgerschaft getragen. Würde für ein ausscheidendes Mitglied der Regierungsfraktionen ein inzwischen zur Opposition übergetretener Kandidat auf der Liste der Regierungsfraktionen nachrücken, führte das zu dem Ergebnis, dass sich die Mehrheitsverhältnisse des Parlamentes mitten in der Legislaturperiode verändern können und der eigentliche Wählerwille des Wahltages verfälscht wird. Das kann nicht im Sinne einer stabilen und verlässlichen Politik sein. Ich denke unser Änderungsvorschlag trägt daher zur Handlungsfähigkeit von Parlament und Senat bei, die auf stabile – wenn auch knappe – Mehrheiten angewiesen sind.
Eine Übersicht über die Veränderungsvorschläge finden Sie zusammen mit Erläuterungen zu den Gründen auf http://cdu-hamburg.de/27006/Uploaded/Wahlrecht.pdf. Ich verweise auch auf die vielen Antworten von Bernd Reinert zu diesem Themenkomplex.
Die Veränderungen im Zuge der Verwaltungsreform haben keinen Einfluss auf das neue Wahlrecht. Dabei geht es ausschließlich darum, den ehrenamtlichen Charakter der Bezirksversammlungen zu erhalten und die dritte Verwaltungsebene einzusparen. Besprochen wurde, die Bezirke neu zuzuschneiden, wobei drei Varianten zur Diskussion standen. Eine mit sieben, neun und 14 Wahlkreisen, wobei wir das 7er Modell beschlossen haben. Allerdings soll es einige Neuzuschnitte geben, da beispielsweise die Schanze bisher drei verschiedenen Bezirken zugeordnet war oder Finkenwerder von Harburg und Mitte verwaltet wurde, was aufgrund teilweise gegensätzlicher Interessen zu Problemen führte. Es sollen also lediglich Stadtteile als Einheiten wieder innerhalb von Bezirksgrenzen zusammengefügt werden.
Ich hoffe, damit Ihre Irritation aufgelöst zu haben.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Roland Heintze