Portrait von Roland Fischer
Roland Fischer
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Roland Fischer zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Hildegard S. •

Frage an Roland Fischer von Hildegard S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Betr.: Ihre Positionen zu Migrationsfragen

Sehr geehrter Herr Fischer,
Mich interessieren folgende Fragen:
bzgl. Migranten in unserem Land:
• Bewegungsfreiheit und Arbeitsmöglichkeiten:
Was denkt Ihre Partei bzw. Sie zu tun, um die Situation von Migranten zu verbessern und internationalen Standards anzupassen?
• bzgl Ausbeutung ausländischer Frauen in der Zwangsprostitution. Welche gesetzlichen Möglichkeiten sehen Sie, diesen makabren Menschenhandel zu bekämpfen und die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5.4.2011 umzusetzen?
• bzgl. Misshandlung von ( s.a. die umstrittene Organisation Frontex) und Lebensgefahr für Migranten auf dem Weg nach Europa in Nordafrika .
Welche politischen Maßnahmen halten Sie für nötig, dass sich die Organe an den Grenzen Europas strikt an die Menschenrechte und internationale Vereinbarungen halten?

bzgl. Ursachen der Migrationsbewegungen
• Eine graduelle Aufstockung der Entwicklungshilfe auf das versprochene Ziel von 0,7% des BIPs.
Wie gedenkt ihre Partei dieses Ziel zu erreichen?
• Finanztransaktionssteuer als Beitrag zur Lösung der Finanzkrise. Deutschland sollte sicherstellen, dass die Erträge aus der Finanztransaktionssteuer zur Bekämpfung von Armut und zum Schutz von Klima, Umwelt und Biodiversität genutzt werden.
Was ist die Position Ihrer Partei in dieser Frage?
• Schuldenkrise. Angedacht ist u.a. ein internationales Insolvenzverfahren für überschuldete Staaten.
Wird Ihre Partei diesen Ansatz unterstützen?
Mit freundlichen Grüßen

Hildegard Schreier
Missionarinnen Christi, MÜnchen

Portrait von Roland Fischer
Antwort von
SPD

Sehr geehrte Frau Schreier,

zunächst möchte ich Ihnen und Ihrer Gemeinschaft sehr herzlich für Ihr bewundernswertes Engagement z. B. im Kongo oder in Südafrika danken. Mir ist sehr wohl bewusst, dass Ihre zahlreichen Fragen auf Ihren sehr konkreten Erfahrungen beruhen.

Die derzeitige Flüchtlingspolitik ist menschenunwürdig. Ich will an erster Stelle die Fluchtursachen bekämpfen. Entwicklungspolitik ist für die SPD elementarer Teil einer Strategie für Frieden, Demokratie und eine gerechte Gestaltung der Globalisierung. Wir verstehen Entwicklungspolitik als globale Strukturpolitik. Sie unterstützt nachhaltige Entwicklung als Strategie gegen Hunger und Armut, gegen Umweltzerstörung, Migration und Vertreibung, gegen Staatszerfall, bewaffnete Konflikte, Gewalt, Krieg und Terrorismus. Sie leistet einen Beitrag zu politischer, ökonomischer, ökologischer und sozialer Stabilität in unseren Partnerländern. Entwicklungspolitik ist eine zentrale Aufgabe auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene. Wir setzen uns dafür ein, die „Milleniums-Entwicklungsziele“ der Vereinten Nationen bis zum Jahr 2015 zu erreichen. Außerdem machen wir uns dafür stark, dass Deutschland seine Zusage einhält, bis 2015 0,7 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die weltweite Bekämpfung von Armut und Hunger zur Verfügung zu stellen. Dazu werden wir jährlich 1 Milliarde Euro zusätzlich bereitstellen und uns vor allem auf die wirklich ärmsten Regionen der Welt konzentrieren. Für mich ist Entwicklungshilfe eben nicht in erster Linie eine Förderung unserer Außenwirtschaft.

Konkret im Inland will ich das Flughafenverfahren aussetzen, die Leistungen für Asylbewerberinnen und Asylbewerber menschenwürdig reformieren und den Zugang zum Arbeitsmarkt erleichtern. Geduldete und Asylbewerber müssen an Integrations- und Sprachkursen teilnehmen können. Kinder und Jugendliche müssen altersgemäß behandelt werden. Schließlich muss auch die europäische Flüchtlingspolitik endlich konsequent die Menschenrechte achten - Papst Franziskus hat mit seinem Besuch auf Lampedusa allen politisch Verantwortlichen mehr als deutlich ins Gewissen geredet.

Bei der Finanztransaktionssteuer halte ich es wie beim Fell des Bären. Die SPD hat sie zwar der schwarz-gelben Koalition abgetrotzt, aber noch gibt es sie nicht, sie droht bei der jetzigen Bundesregierung eher ein Lippenbekenntnis zu bleiben. Die Akteure der Finanzwirtschaft können ungehindert so weitermachen wie bisher. Die Einnahmen aus dieser Steuer würden wir sicher auch in ihrem Sinne verwenden - ich weigere mich allerdings grundsätzlich, Steuereinnahmen zweckgebunden für nur eine oder zwei ganz konkrete Projekte zu verwenden. Zum einen geht das schon haushaltsrechtlich nicht, zum anderen ist der Finanzbedarf in fast allen Politikfeldern enorm. Und Sie wissen sicher aus eigener Erfahrung: Nur Reiche können sich einen armen Staat leisten.

Den Opfern von Menschenhandel wird mit den derzeitigen Regelungen nicht geholfen. Keine Unterstützung, keine Betreuung. Dabei sind sie besonders schutzbedürftig. Die SPD hat bereits im Dezember 2011 einen Antrag im Deutschen Bundestag eingebracht ( http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/081/1708156.pdf ) mit dem das europäische Recht wirksam und nachhaltig umgesetzt werden soll. Z. B. darf nach unserer Auffassung der Aufenthaltstitel nicht von der Zusammenarbeit mit den Behörden abhängen. Das Strafrecht und das Aufenthaltsrecht müssen geändert werden. Wir müssen den Opfern dauerhafte Bleibemöglichkeiten bieten und fordern bessere Unterstützung und bessere Betreuung. Auch die Regelungen für die Strafbarkeit müssen dringend verbessert werden.

Ich befürworte ein internationales und unabhängiges Insolvenzverfahren für Staaten. Allerdings dürfen dann z. B. Gläubiger wie die Weltbank oder IWF nicht unmittelbar in einem solchen „Insolvenzgericht“ mit entscheiden. Dabei müssen dann auch die Legitimität von Krediten und die Verantwortung der Geber bewertet werden. In einem verbindlichen Regelwerk muss auf effiziente, faire und vorhersehbare Ergebnisse für Gläubiger und Schuldner geachtet werden. Damit wir uns richtig verstehen: Ich spreche mich mit dieser grundsätzlichen Haltung explizit nicht aktuell für ein Insolvenzverfahren in einem europäischen Staat aus.

Mit den besten Wünschen für Sie und Ihre Gemeinschaft,

Roland Fischer