Frage an Reinhard Bütikofer von Heike R. bezüglich Lobbyismus & Transparenz
Sehr geehrter Herr Bütikofer,
zur Wahl des EU Parlaments haben sich die Kandidaten den Wählern vorgestellt und ihre Positionen erläutert, so wie es sich in einer Demokratie geziemt.
Ich Habe bewusst meine Stimme Herrn Weber gegeben.
Nie und nimmer hätte ich Frau von der Leyen gewählt, die ich schon als Bundesministerin total überfordert, fehlbesetzt und menschlich unsympathisch empfand.
Wenn plötzlich, aufgrund von "Hinterzimmergeschacher", genauso kam es mir vor, jemand zum EU Präsidenten abgesprochen wird, der gar nicht zur Wahl stand und ggf. als schwache (fehlbesetzte?) Verteidigungsminsterin aus der Schußline gebracht werden sollte, was hat dies, Ihrer Meinung nach, mit demokratischen Prozessen und vor allen Transparenz zu tun?
Wieso sind die gewählten EU Parlamentarier nicht gegen diesen undemokratischen Affront aufgestanden?
Warum sollte ich eigentlich noch zu einer Wahl gehen, wenn in " Hinterzimmern" dann undemokratische Absprachen getroffen werden?
Können SBetehtie nachvollziehen, dass ich absolt keine Empathie für dieses Verhalten von Frau von der Leyen habe? Geht den Politikern Machterhalt vor Demokratie?
Besteht ein Funke Hoffnung, dass sich derart demokratieschädigende und intransparente Absprachen nicht wiederholen werden?
Heike Rogall
Sehr geehrte Frau Rogall,
vielen Dank für Ihre Frage.
Ihre Verärgerung über die Missachtung des Spitzenkandidatenmodells durch den Rat ist absolut verständlich. In der Auseinandersetzung um die Durchsetzung des Spitzenkandidatenprinzips bei der Auswahl des Präsidenten oder der Präsidentin der Europäischen Kommission fehlte es an Einigkeit im Europäischen Parlament, sodass das Parlament den Machtkampf mit dem Rat verlor. Zwei Fraktionen gaben sich Mühe um Einigkeit, die Europäische Volkspartei und wir Grüne. Die Sozialdemokraten und die Liberalen spielten faul und blockierten. Wir Grüne stimmten aus verschiedenen Gründen fast durchweg gegen von der Leyen, neben inhaltlichen Gründen vor allem aufgrund der Abservierung aller Spitzenkandidat*innen. Am Ende war es knapp. Hätte Frau von der Leyen zehn Stimmen weniger bekommen, wäre sie durchgefallen.
Die Lage ist nun, wie sie ist. Frau von der Leyen ist Kommissionspräsidentin und wir müssen versuchen, mit ihr zusammenzuarbeiten, wo immer das geht. Analytisch kann man zurückschauen, aber politisch schauen wir nach vorne. Insgesamt werden wir daran arbeiten müssen, unseren Beitrag dazu zu leisten, dass das Europäische Parlament als Vertreterin der Europäischen Bürgerinnen und Bürger die notwendige Einheit im Kampf für die europäische Demokratie entwickelt, und zwar auch, damit es keine Möglichkeit für den Rat gibt, das Spitzenkandidatenmodell bei der nächsten Europawahl erneut zu missachten.
Mit freundlichen Grüßen
Reinhard Bütikofer