Frage an Reinhard Bütikofer von Julika E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Bütikofer,
ich habe die kommende Frage schon 2x an irgenwelchen Stellen ans Europaparlament geschickt und bis jetzt leider nie eine Antwort erhalten.
Deshalb frage ich jetzt direkt einen Abgeordneten:
Mit Schrecken und Entsetzen höre ich über die Medien, was gerade in Ungarn passiert. Kultur u. Medien werden gleichgeschaltet, Sinti und Roma werden verfolgt, es herrscht vor allem in der jetzigen Regierung ein ziemlich offensichtlicher Antisemitismus und vieles erinnert mich an die Erzählungen von Hitlers Machtergreifung in Deutschland.
Leider auch die Stellungnahme der umliegenden Ländern. Denn niemand fühlt sich verantwortlich diesem Treiben Einhalt zu gebieten und ein Machtwort zu sprechen. Ich empfinde es als Gipfel der Verlogenheit sich in die Politik anderer Staaten einzumischen, dort immer wieder Demokratie zu fordern und bei Ungarn-einem Teil Europas- einfach zu schweigen oder zumindest nicht deutlich zu werden. Ehrlich gesagt ich bin empört.
Ich frage Sie, was gedenken Sie zu tun? Was wird das Europäische Parlament tun?
Sehr geehrte Frau Epstein,
danke für Ihre Frage.
Die Kritik, dass zu wenig für den Schutz der Menschenrechte in der EU getan werde, kenne ich etwa von Human Rights Watch und ich teile sie auch. Dabei ist allerdings gerade das Europäische Parlament in dieser Frage durchaus aktiv.
Leider ist all das, was das Europäische Parlament unternommen hat, um im Falle Ungarns (aber auch im Falle Rumäniens, Frankreichs und in anderen Fällen) auf die Einhaltung der Menschenrechtscharta zu dringen, Ihnen offenbar verborgen geblieben. Schade. Etwa unter den Suchbegriffen "Ungarn Europaparlament" können Sie dazu allerdings bei Google einiges finden. Es gibt dazu rund 1,8 Millionen Einträge. Gerade aus der Debatte von vor einem Jahr gibt es reichhaltiges Material. Etwa aus der taz oder von euractiv, aus Spiegel, FAZ, Stern u.v.a.m.
Die Einmischung aus Brüssel war nicht wirkungslos, aber viele Probleme bestehen weiter. Ein "Machtwort", wie sie es fordern, könnte man nur einmal sprechen - und das kann nicht das Europäische Parlament. Wir haben als Grüne im Europäischen Parlament diese Frage aufgeworfen. Das wollte unter den bisherigen Umständen der Rat nicht.
In der Form einer Suspendierung des Stimmrechtes eines EU-Mitgliedslandes gibt es durchaus ein "Machtwort" in Menschenrechtsfragen gegenüber einzelnen Mitgliedstaaten. Wenn man mit einem solchen letzten Mittel höchst sorgfältig umgehen will, müssten dann dafür weniger drastische Instrumente deutlich gestärkt werden, etwa der Einsatz der Europäischen Grundrechteagentur in Wien.
Mit freundlichen Grüßen,
Reinhard Bütikofer