Ralf Kirchner
SPD
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Frage von Wolfgang B. •

Frage an Ralf Kirchner von Wolfgang B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte/r Kandidat/in,

Sie wollen in den kommenden fünf Jahren die Bürger des Stimmkreises Ebersberg im Bayerischen Landtag vertreten.

Sind Sie dafür, den Landkreis agro-gentechnik-frei zu bekommen? Wenn ja, was wollen Sie dafür tun? Wenn nein, warum?

Glauben Sie dem Kultusminister, in Poing sei nicht genug Bedarf nach einer Realschule? Sind Sie dafür, an einem der Gymnasien in EBE einen humanistischen und einen musischen Zweig einzurichten? Wenn ja, was wollen Sie dafür tun?

Was halten Sie vom Abfalltourismus aus dem Ausland auf die Schafweide im Ebersberger Forst? Steinhöring darf wegen der Verseuchung des Grundwassers mit Stoffen aus der Schafweide kein eigenes Trinkwasser fördern und ist auf eine Nachbargemeinde angewiesen. Wie stellen Sie sich den Trinkwasserschutz für Steinhöring vor? Sind Sie mit den Vereinbarungen über eine Sanierung des Kirchseeoner Schwellenwerks zufrieden? Wenn nicht, was wollen Sie tun?

Sind Sie dafür, die Bahnverbindung von München nach Wasserburg-Stadt („Filzenexpreß“) durchgehend auszubauen? Ist es richtig, Geld, das für den Transrapid vorgesehen war und also freigeworden ist, dafür einzusetzen? Nach seriösen Berechnungen sind für die Strecke von Reitmehring in die Wasserburger Altstadt drei Millionen (nicht Milliarden) Euro nötig.

Früher hat der Landrat von EBE Bürgern Auskünfte etwa über das Kreiskrankenhaus verweigert. Wenn er überhaupt eine Begründung angegeben hat (also oft nicht), hat er sich auf die Gesetzeslage berufen. Sind Sie dafür, mit einem Bayerischen Informationsfreiheitsgesetz solcher Willkür den Riegel vorzuschieben?

Wollen Sie die Regeln für Bezirke, Kreise und Gemeinden so ändern, daß Geheimsitzungen außer bei Personalentscheidungen klar verboten sind? Sind Sie dafür, Kommunalunternehmen wie Kreiskrankenhäuser zwingend der Kontrolle des Kommunalparlaments zu unterstellen und die geheim tagenden „Aufsichtsräte“ aufzulösen?

Wie wollen Sie die direkte Demokratie in Bayern stärken?

Mit vorzüglicher Hochachtung

Wolfgang Beer

Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Dr. Beer,

vielen Dank für Ihren Fragenkatalog, zu dem ich gerne Stellung nehme.

Agro-gentechnik-freier Landkreis: Ich will nicht nur unseren Landkreis, sondern ganz Bayern als agrogentechnikfreie Zone. Um dies umzusetzen, werde ich im Landtag dafür eintreten, dass der Freistaat seine Freilandversuche mit genveränderten Pflanzen einstellt und den Freiraum der EU-Freisetzungsrichtlinie nutzt, jeden privaten Anbau genmanipulierter Pflanzen im Einzelfall wegen Gefährdung benachbarter Felder und Bienenvölker zu untersagen.

Schulpolitik: Meiner Meinung nach besteht in Poing der Bedarf für eine Realschule. Noch nie gab es dort so viele Erstklässler, wie in diesem Schuljahr: In sieben Klassen wurden insgesamt 171 ABC-Schützen eingeschult. Wegen des erfreulich hohen Zuzugs von jungen Familien mit Kindern steigt die Zahl weiter an.
Für einen humanistischen Zweig an einem unserer Gymnasien fehlt nach meiner Einschätzung der Bedarf; einen musischen Zweig kann ich mir grundsätzlich vorstellen. Ein Antrag dazu muss von der jeweiligen Schulfamilie in Absprache mit dem Landkreis an das Kultusministerium gerichtet werden. Sollte der Wunsch bestehen, unterstütze ich ihn gerne.

Abfallwirtschaft & Umwelt: Vom Mülltourismus aus dem Ausland auf unsere Restmülldeponie "An der Schafweide" halte ich nichts. Dass jetzt bis zur vollständigen Restverfüllung nur mehr Abfälle aus dem oberbayerischen Raum abgelagert werden durfte, geht auf meinen Antrag im Kreistag zurück. Die Probleme für das Steinhöringer Grundwasser gehen v.a. von der Altdeponie der Stadt Ebersberg aus. Langfristig muss diese Altlast beseitigt werden. Dazu muss der Freistaat ein Sanierungsprogramm mit entsprechender Finanzmittelausstattung für ganz Bayern auflegen.
Auf dem Kirchseeoner IVECO-Gelände findet eigentlich keine Sanierung statt, sondern lediglich eine Konservierung der bestehenden Belastung, um die weitere Ausbreitung zu verhindern. Dies ist skandalös. Ich habe mich bereits in der Vergangenheit dafür eingesetzt, dass der Landkreis und die Gemeinde Kirchseeon wieder Sanierungsverhandlungen mit dem Bundeseisenbahnvermögen aufnehmen. Hier werde ich nicht locker lassen, bis die am stärksten kontaminierten Bereiche ausgehoben und der Sondermüllverwertung zugeführt werden.

Bahn: Der Filzenexpress wird außerordentlich gut angenommen; deshalb ist die durchgehende Verbindung von Wasserburg-Stadt nach München meiner Meinung nach wichtig. Hier sind die für das Prestigeprojekt "Transrapid" eingeplanten Gelder (490 Mio. vom Freistaat) gut angelegt, denn es hilft unserer Region.

Informationsfreiheit: Seit 01.01.2006 besteht auf Bundesebene ein gutes Informationsfreiheitsgesetz für die Bundesbehörden; zehn Bundesländer haben ebenfalls entsprechende Gesetze erlassen. Ich finde dies wichtig, da alle Bürgerinnen und Bürger Zugang zu wichtigen Informationen haben sollen. Daher werde ich mich dafür stark machen, dass wir auch in Bayern mehr Transparenz in Verwaltungsvorgänge und -entscheidungen bringen und ein Informationsfreiheitsgesetz im Landtag einbringen. Ein guter Vorschlag liegt bereits von "Mehr Demokratie" vor. Im Übrigen befürworte ich auch den Erlass von Informationsfreiheitssatzungen durch die Kommunen.
In den Kommunalparlamenten dürfen nur Sachverhalte nichtöffentlich beraten werden, die Personal- und Vertragsangelegenheiten betreffen. Hier sehe ich auch keinen Änderungsbedarf; im Einzelfall achte ich sehr genau darauf, dass diese Grundsätze auch im Ebersberger Kreistag und seinen Ausschüssen eingehalten werden. Ggf. fordere ich eine öffentliche Behandlung ein. Im Sinne schnellerer und effizienterer Entscheidungsprozesse stehe ich zur Kreisklinik Ebersberg in der Rechtsform einer gGmbH einschließlich des Aufsichtsrates. Der Kreistag ist in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Alles andere würde ein zurück zur Situation vor 2001 bedeuten und die Konkurrenzfähigkeit der Klinik im regionalen Wettbewerb gefährden.

Mehr direkte Demokratie: Die bestehenden gesetzlichen Regelungen zum Bürger- bzw. Volksentscheid halte ich für gut. Ich bin jedoch für die Einführung von Jugendparlamenten in Kommunen ab 10.000 Einwohnern sowie für obligatorische Volksentscheide nicht nur bei Verfassungsänderungen, sondern auch bei wichtigen Entscheidungen von überregionaler Bedeutung (siehe Schweiz).

Mit freundlichen Grüßen,
Ralf Kirchner