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Petra Pau
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Frage von Hartmut R. •

Frage an Petra Pau von Hartmut R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrte Frau Pau,

Die Christival-Affäre schlägt hohe Wellen.

Nach Kritik seitens Betroffenenverbänden (LSVD, HuK) und Abgeordneter wurde ein Seminar zum Thema Heilung von Homosexualität auf der mit 250.000 € Steuergeldern geförderten Veranstaltung abgesagt.

Seitdem werden Kritiker der Homoheilung seitens religiöser Kreise um die Trägerorganisationen der Großveranstaltung diffamiert.

Man wirft ihnen "Zensur" oder einen "Angriff auf die Meinungsfreiheit" vor, weil sie vor den Gefahren der sogenannten Konversions-Therapien zum Schutze der Jugendlichen warnen wollen.

Christen sollen nun sogar gegen die Kritiker "aufstehen".

Die Christival-Leitung kann die Kritik an den umstrittenen Therapieangeboten scheinbar nicht nachvollziehen und Träger wie die DEA bringen Christen gegen die Kritiker auf, welche oft selbst Christen sind.

Es wurden auch andere Seminare bspw. zum Thema Abtreibung der staatlichen geförderten Großveranstaltung kritisiert.

Was halten Sie von derartigen Vorwürfen gegenüber den Homoheilungskritikern? Wie stehen Sie zu Angeboten für Homosexuelle zur Therapierung der sexuellen Orientierung? Können Sie verstehen, warum sich viele Schwule und Lesben diskriminiert fühlen, wenn Ihnen derartige Angebote gemacht werden?

Ich würde mich auf Ihre Stellungnahme zum Thema freuen.

Mit freundlichen Grüßen
Hartmut Rus

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Sehr geehrter Herr Rus,

das Thema hat schon zwei Mal im Plenum des Bundestages eine Rolle gespielt. Zudem las ich gerade das Streitgespräch zwischen Ulrich Parzany (ProChrist) und Volker Beck (Bündnis 90/Die Grünen) in dem idea-Magazin „Spektrum“. Es läuft auf einen Widerstreit zwischen Meinungsfreiheit und Diskriminierung, zwischen Bibel-Auslegung und Lebens-Realität hinaus.

Nun zu Ihren konkreten Fragen:

Die umstrittene (und inzwischen abgesagte) Veranstaltung im Rahmen des „Christival“, eine kirchliche Großveranstaltung für Jugendliche, unterstellt, dass Homosexualität abwegig, krankhaft und heilbar sei. Das teile ich ausdrücklich nicht. Und deshalb finde ich auch: Das kritisierte Seminar kollidiert mit Artikel 1 Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar“, aller Menschen!

Gleichwohl kann und will ich nicht verbieten, dass der eine oder die andere derartige unheilsamen Auffassungen, wie oben beschrieben, teilt. Die Gedanken sind frei. Aber sie sollten dann nicht noch durch staatliche Zuschüsse und durch eine Schirmherrschaft der Regierung befördert werden.

Zumal: Schon einmal wurden Homosexuelle in Deutschland als abartig diffamiert und „therapiert“. Sie wurden in KZ der Nazis systematisch ermordet. Das unterstelle ich den Organisatoren des „Christival“ ausdrücklich nicht. Aber man sollte das nicht nur im Hinterkopf haben.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Pau

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