Warum haben Sie am Freitag mit zugestimmt?
Sehr geehrte Frau Nicolaisen,
als Flensburger Bürgerin wende ich mich erneut an Sie. Ich bin entsetzt und maßlos enttäuscht über Ihr Abstimmungsverhalten als auch über die christlich-demokratische Union. Die CDU tritt mit Ihrem Verhalten, Mehrheiten zusammen mit der AfD zu bilden, ihre eigenen Grundsätze mit Füßen. Rechtes Gedankengut sickert ein und wird salonfähig. Wollen Sie das?
Meine Eltern sind während der Nazizeit aufgewachsen. Ihre Großeltern vielleicht auch. Die Aufarbeitung kam spät, aber sie kam und meine Generation stellte die Frage: Warum habt ihr damals nichts getan? Inzwischen kann ich die Untätigkeit meiner Eltern verstehen, sie waren damals Teenies. Aber Sie, Frau Nicolaisen, Sie sind eine erwachsene Frau! Sie sind handlungsfähig! Wirken Sie auf Ihre Parteimitglieder ein! Stellen Sie sich dieser historischen Verantwortung!
Mit freundlichen Grüßen
Susanne G.
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Sehr geehrte Frau G.,
herzlichen Dank für Ihre Nachricht aus Flensburg, in der Sie Ihre große Besorgnis über die Abstimmung im Zuge des Zustrombegrenzungsgesetzes sowie den 5-Punkte-Plan von Friedrich Merz zum Ausdruck bringen. Es spielt für meine Antwort keine Rolle, ob Sie beabsichtigen mich zu wählen oder dies in der Vergangenheit getan haben – ich freue mich jederzeit über den Austausch mit Bürgern aus meinem Wahlkreis. Gerne schildere ich Ihnen deshalb mit etwas zeitlichem Abstand und ohne die aufgeheizte Stimmung der letzten beiden Wochen meine Sicht der Dinge.
Ich verwehre mich mit aller Entschlossenheit dagegen, dass wir als Partei der demokratischen Mitte Brokstedt, Mannheim, Solingen, Magdeburg und Aschaffenburg als neue Normalität akzeptieren. Ich kann und werde es nicht zulassen, dass die Politik hier abstumpft. Es ist Aufgabe des Staates, seinem Schutzauftrag nachzukommen. Schauen wir weiter ohnmächtig zu, wie die Menschen in unserem Land bedroht, verletzt und ermordet werden, oder tun wir jetzt, was dringend notwendig ist? Es war für mich auch rückblickend die richtige Entscheidung, dem Zustrombegrenzungsgesetz und dem 5-Punkte-Plan zuzustimmen.
Ich stehe zu meinen Überzeugungen und unterstütze meinen Parteivorsitzenden und Kanzlerkandidaten Friedrich Merz ausdrücklich: Wir werden das Richtige tun und nicht lassen, nur weil die Falschen zustimmen.
Bis zur letzten Minute vor der Debatte zum Zustrombegrenzungsgesetz haben wir versucht, Sozialdemokraten und Grüne zum Handeln zu bewegen. Seit drei Jahren lassen sie unsere Vorschläge für eine Asylwende ins Leere laufen. In diversen Gesprächen mit uns haben die Spitzen von SPD und Grünen verdeutlicht, dass sie auf der Grundlage unseres Zustrombegrenzungsgesetzes nicht verhandeln wollen. Damit ist klar: SPD und Grünen geht es ausschließlich um Taktik und Wahlkampf und nicht um gemeinsame Lösungen in der Migrationspolitik. Wir sind enttäuscht, dass beide Parteien keine Verantwortung für die Wiederherstellung der inneren Sicherheit in Deutschland übernommen haben. Was ich Ihnen aber definitiv versichern kann:
Die Demokratie gerät in Gefahr, wenn eine gesellschaftliche und politische Minderheit – und SPD und Grüne sind zum Glück eine kleiner werdende gesellschaftliche und politische Minderheit – die Radikalen als Werkzeug benutzt, um den Willen der Mehrheit der Bevölkerung dauerhaft zu ignorieren. Dass in diesem Zusammenhang von verschiedenen Seiten widerliche Vergleiche mit 1933 und dem Nationalsozialismus gezogen werden, halte ich nicht nur für in der Sache falsch, es ist vor allem eine moralische Bankrotterklärung.
Lassen Sie mich bei aller Kritik für SPD und Grüne und die teilweise völlig überzogene Rhetorik der stattfindenden Proteste eines klarstellen: Niemand will die Bilder von feixenden, johlenden AfD-Abgeordneten sehen. Allein diese Bilder zeigen, wie abstoßend diese Partei ist, wie wenig sie den Ernst der Lage erkennt. Für uns war, ist und bleibt klar: Es wird keine Zusammenarbeit mit der AfD geben. Die AfD ist ein Feind der Demokratie und wird von uns bekämpft und ich bin dankbar, dass Friedrich Merz dies auf unserem Parteitag mehr als deutlich gemacht hat. Auch eine Zusammenarbeit von CDU und AfD in der Zukunft ist für mich ganz persönlich eine rote Linie und überhaupt nicht verhandelbar. Daran knüpfe ich unmittelbar mein politisches Schicksal in der CDU.
Wir werden stattdessen die illegale Migration als Partei der Mitte endlich beenden und den Rechtspopulisten ihre Arbeitsgrundlage entziehen. Deutschland braucht eine Asylwende – mit sicheren Grenzen, klaren Regeln der Zuwanderung, einem starken Rechtsstaat und neuer Sicherheit.
Mit freundlichen Grüßen
Petra Nicolaisen