Wie stehen Sie zu einer Reform des §108e (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern)
Sehr geehrter Herr Schnieder,
die Plattform abgeordnetenwatch.de hat eine Petition zur Reform des Paragraphen erstellt, der sich mit der Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern beschäftigt, und der in der aktuellen Formulierung zum Beispiel die bekannt gewordenen "Fälle" Ihrer Parteikollegen Nüßlein und Sauter nicht abdeckt.
Wie stehen Sie zu einer Reform dieses Paragraphen und wovon wird im Falle einer Gesetzesänderungsvorlage Ihr Abstimmungsverhalten abhängen?
Sehr geehrter Herr H.,
vielen Dank für Ihre Frage zu einer möglichen Reform von § 108e StGB, die Sie über abgeordnetenwatch.de an mich gerichtet haben.
Die CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag hat auf das Bekanntwerden der sog. Masken-Affäre konsequent und entschlossen reagiert. Kollegen, die ihr Mandat missbraucht und sich persönlich an der Notlage unseres Landes bereichert haben, mussten umgehend die Fraktion verlassen. Darüber hinaus haben wir als Fraktion eine umfassende Transparenzoffensive beschlossen, in deren Folge wir auch die gesetzlichen Verhaltensregeln verschärft haben.
Zentraler Bestandteil der Transparenzoffensive war eine Novellierung des Abgeordnetengesetzes. Hervorzuheben ist hier insbesondere das gesetzliche Verbot aller entgeltlichen Lobbytätigkeiten von Bundestagsabgeordneten für Dritte. Vermittlungstätigkeiten wie die des ehemaligen Kollegen Nüßlein sind Bundestagsabgeordneten jetzt also untersagt. Verstöße gegen dieses Verbot können mit einem Ordnungsgeld in Höhe von bis zu sechs Monatsdiäten geahndet werden. Zudem können die Gewinne aus solchen verbotenen Geschäften (z.B. Provisionszahlungen) vom Bundestag eingezogen werden.
Des Weiteren haben wir im Rahmen unserer Transparenzoffensive den Strafrahmen für Abgeordnetenbestechung erhöht und den Straftatbestand von einem bloßen Vergehen zum Verbrechen hochgestuft. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Erhöhung der Mindestfreiheitsstrafe auf ein Jahr auch zu einer Erweiterung der vom Tatbestand erfassten strafbaren Handlungen geführt hat, da jetzt bereits der Versuch entsprechender Taten strafbar ist.
Für den Bereich des Bundestages haben wir damit klare Verbote und wirksame Sanktionen geschaffen. Auch bei der Expertenanhörung am 5. Mai 2021 im federführenden Geschäftsordnungsausschuss wurde von Seiten der Sachverständigen bestätigt, dass mit dem neuen Sanktionsregime Verstöße gegen die Verhaltensregeln „wirksame, angemessene und abschreckende Strafen nach sich ziehen“ und wir der Forderung der Staatengruppe gegen Korruption (Group of States against Corruption - GRECO) insgesamt Genüge getan haben (so Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel). Eine Fokussierung auf das Strafrecht würde also zu kurz greifen.
Ungeachtet dessen werden wir uns einer Diskussion über eine Reform und Ausweitung auch des objektiven Tatbestands von § 108e StGB selbstverständlich nicht verschließen. Es stimmt zwar, dass die damalige Große Koalition im vergangenen Jahr von einer solchen weitergehenden Reform abgesehen hat. Dem lag allerdings in erster Linie die Sorge zugrunde, dass die damals diskutierten Vorschläge die Schwelle für die Einleitung staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen zu weit absenken und so den Raum für unbegründete Verdächtigungen öffnen könnten, was gerade in Wahlkampfzeiten zu Missbrauch führen könnte. Außerdem ist zu beachten, dass die Strafnorm nicht nur für Mitglieder des Bundestages und der Landtage, sondern auch für Mitglieder kommunaler Parlamente gilt. Deshalb ist bei einer Reform des objektiven Tatbestands besondere Sorgfalt und Gründlichkeit geboten.
In diesem Sinne werden wir die jetzt von der Regierungskoalition angekündigten Reformvorschläge ergebnisoffen prüfen und in der anstehenden parlamentarischen Beratung dazu ggf. auch alternative bzw. ergänzende Lösungsvorschläge unterbreiten.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Schnieder