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Patrick Schnieder
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Frage von Daniel H. •

Wie stehen Sie "Fuel Dumping" über ihrem Wahlkreis?

Sehr geehrter Herr Schnieder,

setzen Sie sich als Abgeordneter des Eifelkreises, sowie als Bewohner desselben dafür ein, dass die Praxis des "Treibstoffschnellablasses" in Zukunft verboten wird, und stattdessen auf vorhandene(!), wenn auch teurere Alternativen ausgewichen werden muss?

In der derzeitigen Vorgehensweise wird die Gesundheit der Menschen in Ihrem Wahlkreis (in dem auch Ihre Familie lebt) geopfert, um höhere Kosten bei Sicherheitslandungen zu umgehen. Wie stehen Sie zu dieser Praxis?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr H.,

vielen Dank für Ihre Nachricht zum Umgang mit Treibstoffschnellablässen von Flugzeugen. Ich setze mich bereits seit Jahren in Gesprächen und offiziellen Anfragen gegenüber der Bundesregierung für eine möglichst restriktive sowie transparente Handhabung dieser Praxis ein. Im Zuge der Verhandlungen zum Koalitionsvertrag im Bund konnte 2018 zumindest erreicht werden, dass Treibstoffschnellablässe für die Öffentlichkeit transparent gemacht werden. Seit September 2018 werden alle Treibstoffschnellablässe von zivilen und militärischen Flugzeugen über dem Bundesgebiet auf der Website des Luftfahrt-Bundesamtes (LBA) veröffentlicht.

Bei der Identifizierung eines Luftraums für einen Treibstoffschnellablass handelt es sich um Einzelfallentscheidungen, die die zuständige Flugverkehrskontrolle in Zusammenarbeit mit dem Piloten und in Abhängigkeit der Dringlichkeit fällt. Die beteiligten Akteure richten sich dabei nach den Empfehlungen der Internationalen Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO), gemäß der Treibstoffschnellablässe möglichst abseits großer Städte und in Lufträumen mit geringer Flugverkehrsdichte erfolgen sollen. Die durch das LBA veröffentlichten Daten zeigen, dass insbesondere das südliche und westliche Rheinland-Pfalz verhältnismäßig stark von Treibstoffschnellablässen betroffen sind. Im laufenden Jahr wurden sieben der 17 Ereignisse, die bundesweit mit Treibstoffschnellablässen in Verbindung stehen, über Rheinland-Pfalz registriert. Im Umgang mit Treibstoffschnellablässen stehen daher nach meiner Auffassung die folgenden vier Aspekte im Vordergrund:

Erstens: Treibstoffschnellablässe müssen so weit wie möglich vermieden werden. In meinen Augen ist es unbestritten, dass die Gesundheit der Bevölkerung und der Umweltschutz schwerer wiegen müssen als die Interessen der Luftfahrt. Inwiefern Maßnahmen zur Vermeidung von Treibstoffschnellablässen, beispielsweise Beschränkungen des Startgewichts eines Flugzeuges, zweckmäßig als auch technisch und rechtlich möglich sind, vermag ich nicht zu beurteilen. Die Bundesregierung ist daher aufgerufen, in Rücksprache mit Experten entsprechende Lösungsvorschläge vorzulegen.

Zweitens: Für diejenigen Fälle von Treibstoffschnellablässen, die sich nicht vermeiden lassen, müssen die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt minimiert werden. Lange verwies man auf die Studien durch den TÜV Rheinland aus dem Jahr 1993 und die brandenburgische Landesregierung aus dem Jahr 2004. Beide kamen zu dem Ergebnis, dass sowohl die den Erdboden erreichende Treibstoffmenge und -konzentration als auch die Auswirkungen auf Flora, Fauna, Oberflächengewässer und Grundwasserkörper zu vernachlässigen seien. Darüber hinaus hat die letzte Bundesregierung über das Umweltbundesamt eine weitere Studie in Auftrag gegeben, deren Ergebnisse seit Dezember 2020 vorliegen. Die Studie ergab, dass Treibstoffschnellablässe nach dem aktuellen Kenntnisstand keine kritischen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt haben. In einer umwelttoxikologischen Bewertung wurden dazu mögliche Beeinträchtigungen auf die Luftqualität, den Boden, das Grundwasser und die menschliche Gesundheit betrachtet. Es wurden jedoch Handlungsempfehlungen veröffentlicht. Hierzu zählen die Empfehlungen, die Ablassgebiete möglichst wechseln zu lassen und die Mindestflughöhe beim Treibstoffschnellablass von 6.000 Fuß auf 10.000 Fuß zu erhöhen. Da ein Treibstoffschnellblass ein Notfall-Verfahren ist, das international einheitlich geregelt ist, waren einseitige nationale Änderungen, die eine Abweichung von dem durch die ICAO festgelegten Standard bedeuten würde, in der Vergangenheit schwierig. Ich erwarte dennoch von der Bundesregierungen, dass sie die Bemühungen der letzten Bundesregierung fortsetzt, verpflichtende Maßnahmen zu entwickeln und zu beschließen, mit denen die maximale Konzentration der Kerosinbestandteile, die den Boden erreichen können, reduziert werden können. Um zudem auch für die Eifel aussagekräftige Daten zu den Kerosinmengen, die den Boden erreichen, zu erhalten, fordere ich von der rheinland-pfälzischen Landesregierung die Einrichtung mindestens einer Messstation in meinem Wahlkreis.

Drittens: Der transparente Umgang mit Treibstoffschnellablässen muss fortgesetzt und nach Möglichkeit intensiviert werden. Fuel Dumping ist ein meldepflichtiges Ereignis. Der Luftfahrzeugführer ist verpflichtet, dieses vorrangig über seine Organisation, beispielsweise das Luftfahrtunternehmen) an das LBA zu melden. Die individuelle Nachprüfung der Notwendigkeit jedes einzelnen Treibstoffschnellablasses ist bislang jedoch nicht vorgesehen. Die Prüfung, ob ein derartiges Vorgehen – auch im Hinblick auf die verfügbaren personellen Kapazitäten der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung – möglich ist, unterstütze ich. Überdies könnte ich mir vorstellen, dass die Nennung des konkreten Grundes der Treibstoffschnellablasses für den jeweiligen Luftfahrzeugführer obligatorisch wird.

Viertens: Die Entwicklung umweltfreundlicher Flugzeugtreibstoffe muss entschlossen vorangetrieben und durch die Bundesregierung entsprechend gefördert werden.

Als oberste Luftfahrtbehörde in Deutschland steht das LBA der Öffentlichkeit für Detailfragen zu Treibstoffschnellablässen zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Patrick Schnieder

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