Warum kommt es auch für in 2022 montierte PV-Anlagen <30kWhP zu einer zwangsweisen EK-befreiung fürs Steuerjahr 2022, was zu einer Nichtnutzungs-Möglichkeit der Sonder-AfA führt?
Sehr geehrter Herr Schnieder,
wir haben im Januar 22 unsere PV-Anlage mit 11kWh zu einer Einspeisevergütung von 6,8 Cent installieren lassen. Im Nachgang zeigt sich, dass sich hierdurch für uns im Vergleich zu älteren oder neueren PV-Anlagen nur finanzielle Nachteile ergeben:
- Neu-Anlagen ab Juli 2022 bekommen eine Einspeisevergütung um die 8 Cent, natürlich NICHT rückwirkend
- durch die gestrige Änderung des Steuergesetzes können wir die Sonder-AfA für das Ersbetriebsjahr 2022 der PV-Anlage nicht nutzen. Dies führt für 2022 zu geringerer Steuererstattung von 1-2T€, die wir als Bürger, zu Zeiten der stark steigenden Preise, eingeplant haben.
- wir konnten zur Erstattung der MWSt keine Kleinunternehmer-Regelung nutzen und müssen jetzt weitere 5 Jahre unseren Eigenverbrauch mit USt belegen.
Wir sind kein Einzelfall, viele haben dieses Jahr eine PV-Anlage montiert und in Teilen diese Nachteile. Vielleicht ist ja eine Lösung für 2022 eine Wahlfreiheit für die Einkommensteuer zu machen.
Sehr geehrter Herr S.,
vielen Dank für Ihre Anfrage zur Einspeisevergütung und steuerlichen Behandlung von PV-Anlagen. Die Situation, die Sie beschreiben, betrifft viele Bürger und stellt eine von den Ampelfraktionen geschaffene Problematik dar.
Im Rahmen der Vorstellung der EEG-Novelle im ersten Halbjahr 2022 wurde vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in der Gesetzesbegründung zugesichert, dass die erhöhten Einspeisevergütungen rückwirkend für neu installierte PV-Anlagen im Jahr 2022 gewährt werden sollen. Im Rahmen des anschließenden Gesetzgebungsverfahrens hat die Bundesregierung jedoch ihre Meinung geändert und entschieden, nun nicht mehr rückwirkend für alle neuen Anlangen, die in 2022 in Betrieb genommen wurden, die erhöhten Sätze zu gewähren. Es sollten nur noch solche Anlagen begünstigt werden, die nach dem Inkrafttreten des Gesetzes in Betrieb genommen werden. Die Bundesregierung begründete diese Änderung mit Vorgaben des EU-Beihilferechts. Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion hat jedoch sehr deutlich gemacht, dass wir diese Änderung als eine „Bestrafung“ der Bürger sehen, die sich schon während des Gesetzgebungsverfahrens für eine PV-Anlage entschieden haben und die mit dieser proaktiven Entscheidung im Übrigen auch dazu beigetragen haben, dass sich die Lieferengpässe zum Jahresende nicht noch zusätzlich verstärken.
Auch aus steuerlicher Sicht hat die Bundesregierung Haushalte, die sich in 2022 für eine PV-Anlage und die Umsatzbesteuerung entschieden haben, schlechter gestellt als Haushalte mit künftigen Neuanlagen. Betreiber von im Jahr 2022 installierten PV-Anlagen, die sich gegen die Kleinunternehmerregelung und für die Umsatzbesteuerung entschieden haben, sind fünf Jahre an diese Option gebunden. Ein früherer Wechsel ist aufgrund der Vorgaben des EU-Rechts nicht möglich. In dieser Zeit unterliegen die Umsätze (Selbstverbrauch und Einspeisung) der Umsatzsteuer i.H.v. 19 Prozent. Aus diesem Grund hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in einem Entschließungsantrag gefordert, dass sich die Bundesregierung bei der EU-Kommission für eine Übergangsregelung für diejenigen Fälle einsetzt, in denen Steuerpflichtige ihre Solaranlage vor Inkrafttreten des umsatzsteuerrechtlichen Nullsteuersatzes angeschafft und auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet haben und sich nun einer Umsatzsteuerpflicht und erhöhter Bürokratie ausgesetzt sehen, von denen die Steuerpflichtigen, die ihre PV-Anlage erst danach angeschafft haben, verschont bleiben. Bedauerlicherweise wurde unserer Antrag mit den Stimmen der Ampelfraktionen abgelehnt.
Ihren Einwand bezüglich der Sonderabschreibung kann ich nicht nachvollziehen. Üblicherweise wird die Sonder-AfA des § 7g Abs. 5 EStG für PV-Anlagen genutzt. Im Jahr der Anschaffung und in den darauffolgenden vier Jahren haben Steuerpflichtige die Möglichkeit, insgesamt 20 Prozent der Kaufsumme als Sonderabschreibung geltend zu machen. Diese 20 Prozent können sie nach Belieben auf den Zeitraum aufteilen. Nach Inanspruchnahme der Sonderabschreibung der PV-Anlage muss die lineare Abschreibung über den Restbetrag neu berechnet werden. Um die Sonderabschreibung geltend machen zu können, dürfen im Jahr der Anschaffung und im Folgejahr nur maximal zehn Prozent des erzeugten Stroms für privaten Verbrauch genutzt werden. Die restlichen 90 Prozent müssen laut § 7g EStG betrieblich genutzt werden. Eine andere Sonder-AfA ist mir nicht bekannt. Sofern Sie mit Ihrem Hinweis auf die Sonder-AfA meinen, dass Sie die Kosten für die PV-Anlage steuerlich nicht geltend machen können, so war dies nach geltender Rechtslage schon jetzt bei einer PV-Anlage bis zu einer Nennleistung von 10 kWp nicht möglich. Bei größeren PV-Anlagen bis zu einer Nennleistung von 30 kWp ist die Steuerbefreiung tatsächlich für die Abschreibung der Anlage schädlich.
Ihr Vorschlag einer Wahlfreiheit bei der Einkommenssteuer wurde innerhalb der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht diskutiert, da er den fiskalischen Grundsätzen widerspräche. Kurzfristig die PV-Anlage abzuschreiben und mittelfristig zur Ertragsteuerbefreiung zu optieren würde eine Doppelbegünstigung darstellen. Auch aus praktischer Sicht macht es wenig Sinn, die kurzfristige Absetzbarkeit zu wählen, um sich mittelfristig mit einer Ertragsbesteuerung und erhöhter Bürokratie auseinandersetzen zu müssen. Es ist daher erforderlich, dass sich die Steuerpflichtigen zwischen der Ertragsteuerbefreiung und der steuerlichen Absetzbarkeit entscheiden.
Wir haben als CDU/CSU bereits im Gesetzgebungsverfahren zum Osterpaket darauf hingewirkt, dass mit den verstärkten Ausbauzielen auch steuerliche Vereinfachungen für den Betrieb von PV-Anlagen umgesetzt werden müssen. Diese hatten die Ampelfraktionen damals abgelehnt. Auch wenn unsere Vorschläge nun zum Teil im Rahmen des Jahressteuergesetzes 2022 aufgegriffen wurden, bleiben Haushalte, die sich in 2022 für eine PV-Anlage mit Umsatzbesteuerung entschieden haben, bedauerlicherweise schlechter gestellt. Die Ampelfraktionen waren hier leider nicht bereit, gemeinsam an einer entsprechenden Lösung zu arbeiten. Der Bundesrat wird sich am Freitag mit dem Jahressteuergesetz 2022 befassen. Ich gehe jedoch davon aus, dass es zu keinen Änderungen mehr kommt.
Mit freundlichen Grüßen
Patrick Schnieder