Portrait von Oliver Vogt
Oliver Vogt
CDU
73 %
11 / 15 Fragen beantwortet
Frage von Max F. •

Wie wie rechtfertigen sie ihre Abstimmung in den Entschließungsanträgen ihrer Fraktion vom 29.01.25?

Herr Vogt, wie rechtfertigen sie eine Zustimmung für beide Entschließungsanträge ihrer Partei vom 29.01.25 im Bundestag. Wie rechtfertigen sie ihre Zustimmung zu den eindeutig Verfassungs und Europarechtswidrigen Forderungen ihrer Parteispitze, wie der Forderung nach permanenten Binnengrenzkontrollen und der Forderung nach der Schaffung einer scheinbaren Zweiklassengesellschaft, in der bestimmten deutschen Staatsbürgern ihre Staatsbürgerschaft wieder entzogen werden können soll?

Portrait von Oliver Vogt
Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr F.,

vielen Dank für Ihre Nachricht und Ihre kritische Auseinandersetzung mit der Abstimmung vom 29. Januar. Ich nehme Ihre Bedenken ernst und möchte Ihnen im Folgenden darlegen, warum ich den Entschließungsanträgen meiner Fraktion zugestimmt habe und warum die darin enthaltenen Forderungen nicht verfassungs- oder europarechtswidrig sind:

1. Binnengrenzkontrollen im Schengen-Raum – Ein verfassungs- und europarechtskonformes Mittel

Die Forderung nach verstärkten und langfristig geplanten Binnengrenzkontrollen orientiert sich an bestehenden rechtlichen Rahmenbedingungen innerhalb der EU. Das Schengen-Abkommen sieht ausdrücklich die Möglichkeit vor, Binnengrenzkontrollen temporär wiedereinzuführen, wenn dies aus Sicherheitsgründen erforderlich ist. Diese Maßnahme wurde in der Vergangenheit bereits mehrfach genutzt – nicht nur von Deutschland, sondern auch von vielen anderen europäischen Staaten.

Aktuelle Beispiele für bestehende Binnengrenzkontrollen in Europa:

  • Deutschland (16.09.24 – 15.03.25): Frankreich, Luxemburg, Niederlande, Belgien, Dänemark, Polen, Tschechien, Schweiz, Österreich (Gründe: Sicherheitsrisiken durch irreguläre Migration und Schleusungskriminalität)
  • Österreich (16.10.24 – 11.05.25): Slowakei, Tschechien, Ungarn, Slowenien (Gründe: Risiken im Zusammenhang mit irregulärer Migration und der angespannten Sicherheitslage)
  • Frankreich (01.11.24 – 20.04.25): Italien, Belgien, Luxemburg, Deutschland, Schweiz, Spanien (Gründe: Terrorismusbekämpfung und kriminelle Netzwerke)
  • Italien (19.06.24 – 18.06.25): Slowenien (Gründe: Terrorismusprävention und Kontrolle irregulärer Migration)
  • Slowenien (22.06.24 – 21.06.25): Kroatien, Ungarn (Gründe: Bedrohungen durch Terrorismus und organisierte Kriminalität)
  • Dänemark (ab 16.09.24 für sechs Monate): Deutschland (Gründe: Sicherheitsrisiken durch irreguläre Migration und Schleusungskriminalität)
  • Niederlande (ab 09.12.24 für sechs Monate): Alle Binnengrenzen (Gründe: Reaktion auf wachsende Probleme mit irregulärer Migration)
  • Schweden (November 2024 – März 2025): Alle Binnengrenzen (Gründe: Sicherheitsbedenken und Kontrolle irregulärer Migration)
  • Norwegen (November 2024 – März 2025): Alle Binnengrenzen (Gründe: Sicherheitsbedenken und Kontrolle irregulärer Migration)

Wie die Beispiele zeigen, handelt es sich hierbei keineswegs um eine alleinige Forderung Deutschlands oder eine grundgesetzwidrige Maßnahme. Vielmehr ist es ein in der EU gängiges Mittel, um auf aktuelle Sicherheitslagen zu reagieren. 

2. Entzug der Staatsangehörigkeit – Kein Bruch mit dem Grundgesetz

Ihre Behauptung, die Forderung nach einem Entzug der deutschen Staatsbürgerschaft sei verfassungswidrig, ist so nicht korrekt. Bereits heute kann einem deutschen Staatsbürger, der eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzt, seine deutsche Staatsangehörigkeit entzogen werden, wenn er sich an Kampfhandlungen einer terroristischen Vereinigung im Ausland beteiligt (§ 28 StAG).

Der entscheidende Punkt ist, dass Artikel 16 Absatz 1 des Grundgesetzes (GG) den Entzug der Staatsbürgerschaft nur dann verbietet, wenn die betroffene Person dadurch staatenlos würde. Das bedeutet: Ein deutscher Staatsbürger, der zusätzlich eine weitere Staatsbürgerschaft besitzt, kann unter bestimmten Bedingungen seine deutsche Staatsangehörigkeit verlieren.

Die Forderung der CDU/CSU bezieht sich genau darauf: Es geht um die Möglichkeit, extremistischen Straftätern mit doppelter Staatsbürgerschaft die deutsche Staatsangehörigkeit zu entziehen, wenn sie durch ihre Handlungen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung aktiv bekämpfen. Hierbei handelt es sich um eine gezielte Sicherheitsmaßnahme, die bereits in anderen demokratischen Staaten wie Frankreich oder Großbritannien Anwendung findet.

3. Warum die Forderungen der CDU notwendig sind

Die CDU setzt sich für eine Migrationspolitik ein, die Ordnung, Steuerung und Integration miteinander verbindet. Unser Ziel ist es nicht, Asylsuchende pauschal abzuweisen, sondern den Rechtsstaat zu stärken, Missbrauch zu verhindern und zugleich humanitäre Verpflichtungen zu erfüllen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen sind nicht europarechts- oder verfassungswidrig, sondern Teil einer breiten Debatte darüber, wie Migration in geordnete Bahnen gelenkt werden kann.

Ich verstehe, dass die Symbolik dieser Abstimmung kritisch gesehen wird. Doch ich möchte betonen, dass unsere politischen Überzeugungen nicht davon abhängig sein dürfen, wie andere Parteien abstimmen. Eine richtige Entscheidung wird nicht dadurch falsch, dass eine extremistische Partei sie aus eigenen taktischen Gründen unterstützt. Die CDU/CSU hat keine Zusammenarbeit mit der AfD gesucht oder akzeptiert – und wird das auch in Zukunft nicht tun.

Ich hoffe, dass meine Antwort Ihnen verdeutlichen konnte, dass die CDU/CSU-Bundestagsfraktion sich weiterhin für eine verantwortungsvolle, rechtsstaatliche und tragfähige Migrationspolitik einsetzt, die sowohl europarechtlichen als auch verfassungsrechtlichen Vorgaben entspricht.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

Dr. Oliver Vogt MdB

Was möchten Sie wissen von:
Portrait von Oliver Vogt
Oliver Vogt
CDU