Frage an Oliver Kaczmarek von Birgit D. bezüglich Landwirtschaft und Ernährung
Sehr geehrter Herr Kaczmarek,
mit Fassungslosigkeit habe ich gerade gelesen, dass Sie auch für die Verlängerung der betäubungslosen Ferkelkastration gestimmt haben. Das ist ein Skandal. Mir drängt sich der Verdacht auf, dass auch die SPD eine Tierquäler-Partei ist. Das ging schon mit dem Koalitionsvertrag los, indem sich die SPD gemeinsam mit CDU/CSU darauf geeinigt hat, Tierschützer, die in Ställe „einbrechen“ (um Missstände aufzudecken!), härter bestrafen zu wollen. Im September hat die SPD zusammen mit CDU/CSU zwei verschiedene Anträge von FDP und Grünen zu Verschärfungen bei Tiertransporten abgelehnt. Und nun diese unselige Fristverlängerung!
Genau dieses "Weiter-So-für-die-Wirtschaft-koste-es-was-es-wolle" ist der Grund dafür, dass der SPD die Wähler in Scharen weglaufen.
Bitte erläutern Sie mir Ihre ganz persönlichen Beweggründe, warum Sie dafür gestimmt haben, dieses qualvolle Prozedere beibehalten zu wollen.
Und kommen Sie mir nicht mit einer vorformulierten Textwüste von Ihrem SPD-Kollegen Rainer Spiering. Und auch nicht mit dem Totschlagargument Arbeitsplätze (ich weiß, eine makabre Wortwahl in Zusammenhang mit dem sensiblen Thema Tierschutz). Wenn Geschäftsgrundlagen ethisch nicht vertretbar sind und zu gesundheitlichen Gefahren von Mensch, Tier und Umwelt führen, dürfen Arbeitsplätze kein Argument mehr sein.
Mich interessiert wirklich, ob Sie als Politiker noch Empathiefähigkeit für andere Lebewesen haben, und wie Sie persönlich zum Thema Tierschutz stehen.
Mit freundlichen Grüßen,
B. D.
Sehr geehrte Frau D.,
vielen Dank für ihr Engagement zum Schutz der Tiere. Grundsätzlich stimmen wir überein, dass die betäubungslose Ferkelkastration beendet werden muss. Leider haben sich die Beteiligten im Ministerium für Ernährung und Landwirtschaft gemeinsam mit den betroffenen Verbänden, Einzelhändlern und Schlachtereien vor einer Entscheidung weggeduckt, obwohl seit 2013 klar war, dass die bisherige Praxis zum Ende des Jahres 2018 verboten ist. Neben den drei diskutierten Wegen Ebermast, Impfung und Kastration unter Vollnarkose haben die oben genannten auf den sogenannten vierten Weg einer Lokalbetäubung mit Schmerzmittelgabe gesetzt. Dieser ist nach unserer Auffassung nicht gangbar, da keine Schmerzausschaltung erreicht wird. Nun stehen wir vor der ärgerlichen Situation entweder die Frist zu verlängern, oder kleine und mittlere Betriebe in ihrer Existenz zu gefährden.
Deswegen ist es zur folgenden Entscheidung gekommen: Wir haben das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft im Gesetz dazu verpflichtet, bis zum 30. Mai 2019 endlich die Verordnung über die Sachkunde und die Anwendung von alternativen Methoden zur Ferkelkastration vorzulegen. Wir sorgen dafür, dass der hohe Tierschutzstandard von Neuland (Betäubung mittels Masken) zukünftig bundesweit als praxistaugliche Alternative zur Verfügung steht. Wir werden eine Informationskampagne durchführen, damit auch andere Alternativen wie die Ebermast oder Impfung (Immunokastration) eine realistische Chance am Markt bekommen. Wir werden die Ferkelzüchtenden bei der Einführung der neuen Betäubungsmethoden unterstützen. Durch eine Informationskampagne und ein Förderprogramm zur Unterstützung bei der Anschaffung der Narkosegeräte werden wir vor allem kleine und mittlere Betriebe unterstützen. Wir werden in einem Entschließungsantrag zum Gesetzentwurf festhalten, dass wir nun endlich auch beim Kupieren von Schwänzen und Enthornen von Tieren den Ausstieg einläuten. Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, dass spätestens am 31.12.2020 endgültig Schluss ist mit der tierschutzwidrigen betäubungslosen Ferkelkastration.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Kaczmarek