Frage an Oliver Kaczmarek von Heike P. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kaczmarek,
Wie stehen Sie persönlich zur Beschneidung der Rederechte für Abgeordnete und generell zum Fraktionszwang? Können Sie mir erklären aus welchem Grund die SPD dieser Initiative zunächst positiv gegenüberstand?
Wie positionieren Sie sich bzgl der Erhöhung der Parteienfinanzierung?
MfG Heike Palm
Sehr geehrte Frau Palm,
eine Einschränkung des Rederechts im Bundestag wird es nicht geben. Es ist auch nicht richtig, dass die SPD dem zunächst positiv gegenüber gestanden haben soll, wie Sie schreiben. Die Vorschläge sind in der SPD-Fraktion überhaupt noch nicht beraten worden! Ich selbst habe auch erklärt, solchen Regelungen nicht zuzustimmen. Meine ausführliche Stellungnahme finden Sie auf meiner Homepage unter
http://www.oliver-kaczmarek.de/2012/04/die-freiheit-der-andersdenkenden/
Es ist auch nicht richtig, dass es einen Fraktionszwang geben soll. Artikel 38 Absatz unseres Grundgesetzes regelt eindeutig, dass Abgeordnete an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen sind. Keine Fraktion kann einen Abgeordneten zwingen, gegen sein Gewissen abzustimmen. Deshalb kommt es auch gerade bei Gewissensentscheidungen wie z.B. Auslandseinsätzen der Bundeswehr zu abweichenden Einzelentscheidungen. Allerdings ist es auch richtig, dass das Wesen der Demokratie Mehrheiten erfordert, um Gesetze zu verabschieden. Deshalb ist es auch wichtig, sich in Fraktionen auf mehrheitliche Positionen einigen zu können, denn wir haben einen Wählerauftrag, der sich auf ein Wahlprogramm bezieht, dass Grundlage für die Wahlentscheidung der Bürgerinnen und Bürger ist.
Zum Stichwort Parteienfinanzierung: es ist mir derzeit nicht bekannt, dass eine Erhöhung der Mittel geplant ist. Die letzte Erhöhung fand zu Beginn diesen Jahres statt. Die Obergrenze beträgt für alle Parteien 150,8 Mio. €. Davor wurden die Mittel seit 2002 nicht mehr erhöht. Ich habe dieser Regelung zugestimmt, da die Veränderungen im Wahlrecht (z.B. zusätzliche Wahlen für Bürgermeister und Landräte) und allgemeine Preis- und Gehaltssteigerungen für die Mitarbeiter der Parteien diese rechtfertigen. Ich stehe für den grundgesetzlichen Auftrag in Artikel 21 ein, dass Parteien bei der politischen Willensbildung mitwirken und dafür unabhängig sein müssen. Dies wird mit der Parteienfinanzierung meiner Meinung nach gewährleistet.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Kaczmarek