Frage an Oliver Kaczmarek von Frank M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Kaczmarek.
Ich würde gern ihre Position zu folgendem Sachverhalt erfahren. Der deutsche Sozialstaat ist von einer Exportwirtschaft abhängig, die aufgrund eines ausufernden Abgaben- und Verwaltungssystems seit den 70er Jahren jeden Wettlauf mit asiatischen Wirtschaftsmächten verloren hat. Ein Sieg qualitativer, innovativer Elemente war unter diesen Belastungen nicht möglich. Wir können unter den seit 1990 herrschenden Bedingungen erst recht nicht wohlstandssteigernd konkurrieren. Nur wohlstandsmindernd. Alle Statistiken, sei es der private Verbrauch, die Reallöhne, die Arbeitslosenzahlen belegen dies. Selbst ein echter Aufschwung kommt nicht mehr beim Volk an – denn er basiert auf Lohnverzicht. Während die öffentlichen Haushalte ihren Standort mit schuldenbasierten „Anreizzahlungen“ aufpäppeln müssen. Deutschland ist ein guter Standort, doch nicht im Vergleich zu Chinesen, die keine , aber auch gar keine wohlfahrtsstaatlichen Errungenschaften auf ihre Produkte aufschlagen müssen. Auf lange Sicht sehe ich deshalb das Ende aller öffentlichen Strukturen, wenn nicht die Umstellung auf das Konsumeinkommen so schnell wie nur irgend möglich gelingt, sprich: 100 Prozent Konsumsteuer und dessen Stützung über das bedingungslose Grundeinkommen. Die Folgen können sie sich ausmalen, wenn Produkte im Ausland nur die Hälfte kosten, Schwarzarbeit und Steuerhinterziehung unmöglich sind, sich 100% der Menschen am Steueraufkommen beteiligen, wenn Menschen wieder mit Spaß zur Arbeit gehen. Eine starke Exportwirtschaft ist im Sinne meiner SPD, ebenso der freie Arbeiter. Ich würde gern Ihre Position und Kritik zu einem solchen Befreiungsschlag wissen, dessen Finanzierbarkeit angesichts einer jetzigen Staatsquote von 55 Prozent außer Frage steht, vielen Dank.
Hochachtungsvoll und mit sozialdemokratischen Grüßen
Frank Martischewski.
Sehr geehrter Herr Martischewski,
vielen Dank für Ihre Frage. Bitte entschuldigen Sie, dass ich Ihnen erst jetzt antworten kann.
Ich gebe Ihnen in der Einschätzung Recht, dass wir in der Fixierung auf den herkömmlichen Wachstumsbegriff keinen nachhaltigen Wohlstand schaffen können, der breite Bevölkerungsschichten erreicht. Wir müssen dazu u.a. auf die Verteilung des gemeinsam erwirtschafteten Wohlstands achten. Deshalb bin ich auch nicht Ihrer Ansicht, dass wir mit einem 100%igen Anteil der Konsumsteuern am Steueraufkommen besser fahren. Dies würde eine weitere Ungleichverteilung mit sich bringen, da so die Einkommensabhängigkeit der Besteuerung verloren ginge, die ich aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten für unabdingbar halte. Ich bin sehr dafür, dass starke Schultern mehr tragen müssen als schwache. Deshalb ist mir die gerechte Besteuerung von Einkommen sehr wichtig.
Ebenso bin ich nicht Ihrer Ansicht bezüglich des bedingungslosen Grundeinkommens. Die Befürworter dieser Forderung verkennen oft die Bedeutung der Erwerbsarbeit für die Menschen. Ich möchte, dass jeder Mensch eine Chance erhält, in die Arbeitsgesellschaft integriert zu werden und damit aus eigener Kraft für seinen Lebensunterhalt zu sorgen. Dass die Menschen diesen Wunsch haben, weiß ich aus zahlreichen Gesprächen in meinem Wahlkreis und in meiner Bürgersprechstunde. Deshalb bin ich für anständige Löhne und gegen ein Grundeinkommen.
Mit freundlichen Grüßen
Oliver Kaczmarek