Warum werden im Volkspark Hasenheide 2-3x pro Jahr die Grünstreifen gemäht? Die Erde trocknet aus, Lebensraum für Insekten verschwindet. Gleichzeitig investiert man 5 Mio € für Klimaresilienz. ???
Sehr geehrter Herr Schrader,
ich wohne in der Nähe der Hasenheide und nutze sie gerne für Spaziergänge. Die Naturqualität mitten in der Großstadt ist für mich gar nicht hoch genug einzuschätzen.
Eins verstehe ich allerdings nicht: Zwei- bis dreimal im Jahr werden die Grünstreifen mit Gräsern, Kräutern und Blumen seitlich der Wege gemäht. Das hat zur Folge, dass die Sonne den ganzen Sommer gnadenlos auf die nackte Erde scheint und nichts mehr dort wächst, der Boden statt dessen immer mehr austrocknet. Der Grünstreifen ist ein Braunstreifen geworden, der Lebensraum für viele Insekten zerstört.
Wie geht das zusammen? Man investiert 5 Mio Euro, um die Hasenheide klimaresilient zu gestalten, gleichzeitig mäht man die Grünstreifen und der Park trocknet verstärkt aus. Das ist auch Mähen kostenintensiv.
Ich wünsche mir, dass die Hasenheide und andere Parks nur so viel bzw. wenig gemäht werden, wie es aus landschaftsgärtnerischer und klimatischer Sicht wirklich notwendig ist.
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Guten Tag Petra R.,
vielen Dank für Ihre berechtigte Frage sowie Ihr Engagement für den Volkspark Hasenheide und entschuldigen Sie bitte die späte Antwort. Sie sprechen ein zentrales Problem an, das wir in der Umweltpolitik immer wieder beobachten: ein Widerspruch zwischen ambitionierten Investitionen in Klimaresilienz und den alltäglichen Praktiken der Grünflächenpflege.
Ein Grund, warum die Wiesen so sehr austrocknen, ist tatsächlich der Klimawandel und das Ausbleiben von Regen. Für das Mähen von Grünanlagen gibt es unterschiedliche Gründe. Hohe Gräser oder dichtes Gestrüpp können zur Verbreitung von Zecken oder anderen Schädlingen beitragen. Für stark besuchte Parks wie die Hasenheide spielt auch die Sicherheit von Spaziergängern und Kindern eine Rolle. Regelmäßiges Mähen soll zudem Sichtachsen schaffen, was in großen öffentlichen Parks aus Sicherheitsgründen oft vorgeschrieben ist.
Manche Bezirke folgen traditionellen Standards für die Pflege öffentlicher Grünflächen, um diese „aufgeräumt“ und „gepflegt“ wirken zu lassen. Zudem kann unkontrolliertes Wachstum von Pflanzen langfristig teurere Pflege oder aufwändigere Eingriffe nach sich ziehen, was durch regelmäßiges Mähen vermieden werden soll.
Allerdings, und das ist der zentrale Punkt Ihrer Frage, steht dieses Pflegekonzept im Widerspruch zu den Zielen der Klimaresilienz und der Förderung der Biodiversität. Das wiederholte Mähen zerstört nicht nur wichtige Lebensräume für Insekten, sondern trägt auch zur Bodenaustrocknung bei – besonders problematisch in Zeiten des Klimawandels. Die Investitionen in die Klimaresilienz, wie die geplanten 5 Millionen Euro für den Park, sollten eben auch dazu dienen, Ökosysteme zu schützen und Lebensräume zu erhalten, anstatt sie zu zerstören. Es wird offensichtlich, dass wir an dieser Stelle unsere Pflegekonzepte dringend überdenken müssen.
Es ist an der Zeit, die Pflege von Grünflächen an die Herausforderungen des Klimawandels und der Biodiversität anzupassen. Ich setze mich dafür ein, dass in Neukölln und auch in der Hasenheide Pflegekonzepte entwickelt werden, die den Anforderungen des Klimawandels gerecht werden und gleichzeitig die Artenvielfalt fördern. Dabei sollten wir eine Reduzierung der Mähfrequenz, das Anlegen von Blühstreifen und Wildwiesen und die Förderung eines naturnaheren Pflegekonzepts anstreben. Wir sprechen bei der Hasenheide allerdings von einem Park, in dem Besucher die Wiesen zum Picknicken oder Sport nutzen, und die Erde stark verdichten. Insofern sind einer vollständig natürlichen Insekten- und Blumenwiese durch die Innenstadtlage einige Grenzen gesetzt.
Die Pflege der Grünflächen liegt leider nicht in meiner fachlichen Verantwortung, sondern dem Amt für Umwelt und Natur und dem Straßen- und Grünflächenamt (SGA). Diese Ämter planen und führen die Pflegearbeiten aus oder beauftragen externe Dienstleister damit. Politische Verantwortung auf Bezirksebene in Neukölln trägt aktuell als Stadtrat für Umwelt und Natur in Jochen Biedermann von Bündnis 90/Die Grünen sowie auf Landesebene die Berliner Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz Manja Schreiner von der CDU. Das Bezirksamt Neukölln teilte im letzten Jahr mit, dass es im Zuge des klimaresilienten Umbaus der Hasenheide, die Intervalle des Mähens anpassen und differenzieren will.Ich danke Ihnen für Ihre Anregungen und Ihre Aufmerksamkeit für dieses Thema, und hoffe, dass wir in Zukunft ein besseres Gleichgewicht zwischen Pflege, Biodiversität und Klimaschutz erreichen können.
Mit solidarischen Grüßen, Niklas Schrader